Kranenburg/Kleve "Kranenburgs Bürger zahlen die Zeche"

Kranenburg/Kleve · Heute soll der Rat entscheiden, wer die Gemeinde 30 Jahre lang mit Wasser beliefert. Der Klever Stadtwerke-Chef Rolf Hoffmann prophezeit, dass Kranenburg jährlich 450.000 Euro an Kaufkraft fehlen, falls die EVK den Zuschlag erhält.

 Der Chef der Klever Stadtwerke, Rolf Hoffmann, sieht der möglichen Vergabe an die EVK kritisch entgegen.

Der Chef der Klever Stadtwerke, Rolf Hoffmann, sieht der möglichen Vergabe an die EVK kritisch entgegen.

Foto: EVE

Es ist eine Entscheidung von großer Tragweite, die die Fraktionen heute (18 Uhr, Rathaus, Sitzungssaal) im Kranenburger Rat treffen sollen. Es geht um die Frage, welcher Versorger die Gemeinde in den nächsten 30 Jahren mit Wasser beliefern darf. Für die Bürger macht sich die Entscheidung auf jeden Fall im Portemonnaie bemerkbar, denn der Versorger legt den Preis für jeden gelieferten Kubikmeter Wasser fest. Die Unterschiede sind groß: In manchen Kommunen in Nordrhein-Westfalen zahlt ein Haushalt 200 Euro im Jahr mehr, als im Nachbarort verlangt werden. Für Gewerbetreibende kann es noch erheblich teuerer werden.

Bislang sind die Stadtwerke Kleve für die Wasserversorgung in Kranenburg zuständig. Sie zählen landesweit zu den günstigsten Anbietern. Für einen Musterhaushalt fallen in Kleve und Kranenburg derzeit 172 Euro im Jahr an Wasserkosten an.

Jetzt hat sich auch die Energieversorgung Kranenburg GmbH (EVK) um den lukrativen Wasserkonzessionsvertrag beworben. Eine Arbeitsgruppe hatte dem Rat empfohlen, der EVK den Zuschlag zu geben. Die EVK gehört mehrheitlich, zu 46 Prozent, den Stadtwerken Goch, zu 44 Prozent der Stadtwerke Krefeld Energie und zu 10 Prozent der Gemeinde Kranenburg. Die EVK ist auch Anteilseignerin (74 Prozent) der Energieversorgung Kranenburg Netze GmbH & Co. KG, die dort für die Stromversorgung zuständig ist.

In ihrer Bewerbung mussten Stadtwerke und EVK einen Wasserpreis angeben, der für fünf Jahre bindend ist. Wie hoch der ausfiel, ist bislang nicht öffentlich. Tatsache ist: In Goch zahlt ein Musterhaushalt derzeit 270 Euro, also rund 100 Euro mehr als in Kleve und Kranenburg, Kunden der Stadtwerke Krefeld zahlen 362 Euro.

Der Klever Stadtwerke-Chef Rolf Hoffmann ist sich sicher, dass die EVK als Tochter der Stadtwerke Goch langfristig nicht den Preis unterbieten kann, der derzeit in Goch verlangt wird. "Das geht gar nicht angesichts der Investitionen, die zu stemmen sind", betont Hoffmann. Während von Kleve bis nach Kranenburg derzeit drei Versorgungsleitungen liegen, gibt es vom Wasserwerk Scheydal bis nach Kranenburg noch keine Leitung. "Selbst wenn die EVK nur eine Leitung verlegen möchte, was eine schlechtere Versorgungssicherheit als bisher bedeuten würde, schätzen wir die Kosten grob auf etwa drei Millionen Euro. Hinzu kommt, dass die EVK das Wassernetz in Kranenburg kaufen muss, das wird wohl auch etwa sieben Millionen Euro kosten. Das macht zehn Millionen Euro." Diese Kosten müssen reingeholt werden.

Carlo-Marks, der Geschäftsführer der Gocher Stadtwerke, sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Die Refinanzierung muss aus den Einnahmen der Wasserversorgung geschehen."

Hoffmann ist sich sicher: "Das kann nur auf Kosten der Kranenburger Bürger gehen. Die müssen die Zeche zahlen" Er rechnet damit, dass jeder Kranenburger Haushalt auf lange Sicht 100 Euro im Jahr mehr zahlen muss, falls die Entscheidung zugunsten der EVK fällt. "Für Gewerbekunden könnte es auch 1000 bis 2000 Euro teurer werden, und auch die Gemeinde Kranenburg hätte Mehrkosten von 10.000 Euro - Jahr für Jahr", betont Hoffmann. Der Gemeinde würden 450.000 Euro an Kaufkraft fehlen, falls die Gocher Preise nicht unterboten würden, rechnet Hoffmann vor. Nach fünf Jahren entfalle die Wasserpreisbindung.

Hoffmann betont, dass das Leitungsnetz und die Hausanschlüsse in der Gemeinde Kranenburg in bestem Zustand seien, das hätten unabhängige Untersuchungen ergeben. Falls ein Bewerber damit punkten wolle, dass er in die Sanierung des Kranenburger Leitungsnetzes investieren wolle, sei das unseriös. Hoffmann: "Das wäre volkswirtschaftlicher Unsinn, eine Vernichtung von Volksvermögen, die der Bürger bezahlen muss."

Der Klever Stadtwerke-Chef hat Widerspruch und eine Rüge gegen die Auswahlentscheidung des Rates eingelegt und um Akteneinsicht gebeten. Die Akteneinsicht wurde ihm bis gestern, so Hoffmann, noch nicht gewährt. Die Stadtwerke Kleve behalten sich vor, gegen eine Konzessionsvergabe an die EVK zu klagen.

Die Verwaltung schlägt dem Rat jedenfalls vor, das Angebot der EVK anzunehmen. Wird der Vertrag irgendwann rechtskräftig, kann dies laut Hoffmann für die Kranenburger Bürger nur eins bedeuten: Das Wasser wird langfristig teurer.

(RP)
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