Kanzlerin Angela Merkel trifft Mark Rutte Küsschen und Komplimente in Kleve

Kleve · Bei der ersten deutsch-niederländischen Kabinettssitzung am Niederrhein priesen die Politiker beider Länder die harmonischen Beziehungen. Angela Merkel und Mark Rutte sind "per Du". Später fand die Kanzlerin bewegende Worte.

Kleve: Angela Merkel empfängt niederländischen Ministerpräsidenten
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Kanzlerin Angela Merkel bestand darauf, ihren Schirm an der Seite des niederländischen Premiers Mark Rutte selbst zu halten. Und fröstelnd unter Regenschirmen musste man schon das sonnige Gemüt des deutschen Umweltministers Peter Altmaier haben, um die klimatische Tristesse am Niederrhein in ein politisches, bilaterales Hoch umzudeuten. Der mehrsprachig versierte Verstandes- und Herzenseuropäer Altmaier sprach in einwandfreiem Niederländisch in ein hingestrecktes Mikrofon: "Das ist ein Regentag in Kleve, aber ein sonniger Tag für Deutschland, die Niederlande und für Europa."

Merkel und Rutte, die sich mit ihren Ministern zur ersten gemeinsamen Kabinettssitzung trafen, hatten da bereits die Ehrenformation des Wachbataillons der Bundeswehr abgeschritten und sich Richtung Museum Kurhaus aufgemacht, in dem die Ressortchefs beider Nationen ihre Gespräche über Wirtschaft, Finanzen, Energie, Wissenschaft und die Gesundung der EU aufnahmen.

Außenminister Guido Westerwelle — ohne Regenmantel, aber mit Schirm — lief zu gewohnter diplomatischer Form auf und befand fein lächelnd: "Das Treffen zeigt, wie herzlich beide Länder verbunden sind." Auf die Frage, ob das Ganze wiederholt werde, kam es routiniert zurück: "Ich glaube, das hier wird nicht das letzte Mal gewesen sein."

Deutschland und die Niederlande — das war nie Liebe auf den ersten Blick. Der Tiefpunkt der Beziehungen, Hitlers Überfall 1940, wirkte noch jahrelang nach. Zwar hatten die drei letzten niederländischen Königinnen deutsche Ehemänner, aber als Ex-Monarchin Beatrix' ihren zunächst mit Argwohn und Ablehnung bedachten Gemahl Claus von Amsberg 1965 zu einem Interview begleitete, höhnte es dem um korrektes Niederländisch bemühten Deutschen mit bitterer Erinnerung an die ehemaligen Besatzer entgegen: "Sie können ruhig in Ihrer Muttersprache antworten, die verstehen wir hier noch."

Lang ist's her. Längst ist eine reife Partnerschaft zwischen beiden Ländern entstanden, und die Handelsbeziehungen sind gar vom Feinsten. Die kleinen Niederlande sind die fünftstärkste Wirtschaftsnation in der EU und zudem Deutschlands zweitgrößter Handelspartner nach Frankreich.

Die Kanzlerin und der Premier redeten sich nicht nur zur Feier des Tages mit "Lieber Mark" und "Liebe Angela" an, das tun sie schon länger. Zwischen dem erzliberalen Single mit dem Faible für Ronald Reagans und Maggie Thatchers Wirtschaftspolitik ("Der Staat muss klein und kräftig sein, keine Glücksmaschine, die das Leben der Menschen bevormundet") und der Christdemokratin stimmt die "Chemie", wie man so sagt, wenn zwei politisch miteinander harmonieren. So gestimmt, lobt es sich leichter: Merkel würdigte die guten Rahmenbedingungen Hollands für Unternehmen, sie pries den Welthafen Rotterdam als Vorbild für den deutschen Konkurrenten Hamburg, der um seine Elbvertiefung ringt. Und dann noch ein dickes Kompliment für das Land, das so viele deutsche Studenten als sympathisch empfänden.

Mark Rutte revanchierte sich, indem er der langsam auf Wahlkampftouren kommenden Bundeskanzlerin dies mit auf den Weg gab: Die Niederlande seien voller Bewunderung für die vielen Aspekte blühender deutscher Wirtschaft. "Deutschland — und das müssen wir ehrlich zugeben — steht im Moment besser da", sagte Rutte.

Am Abend gab's noch ein akademisches Sahnehäubchen für Merkel: den Ehrendoktortitel der renommierten Radboud-Universität in Nimwegen. Im Zweiten Weltkrieg habe Deutschland "unsägliches Leid" über die Niederlande gebracht, betonte sie in ihrer Dankesrede, heute gebe es "unzählige Verbindungen" zwischen beiden Ländern. Die heutige Freundschaft sei nur durch einen Vertrauensvorschuss der Niederländer möglich gewesen. "Das werden wir Deutschen Ihnen nie vergessen."

(RP/top)
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