Bedburg-Hau 20 Jahre Artoll - ein Kunstprojekt feiert

Bedburg-Hau · Zum großen Jubiläum wird ab heute, 15 Uhr, eine Ausstellung mit mehr als 30 Künstlern auf dem LVR-Klinikgelände gezeigt. Der Blick geht zurück wie nach vorn und eröffnet vollkommen neue Perspektiven. Erstmals auch im Schlachthof.

Bedburg-Hau: 20 Jahre Artoll - ein Kunstprojekt feiert
Foto: Evers, Gottfried (eve)

Am Anfang stand die Frage, wie man ihn denn nun gebührend feiern wolle, den runden Geburtstag des Artoll Kunstlabors. "In den 20 Jahren hatten wir etwa 3500 Künstler bei uns zu Gast, die kann man ja nicht alle einladen", sagt Carla Gottwein. Herausgekommen ist eine Ausstellung, die im Verhältnis zu den 3500 Künstlern zwar bescheiden daherkommen mag, im Vergleich zu anderen Projekten aber riesig scheint. Mehr als 30 Künstler sind der Einladung auf das LVR-Gelände gefolgt, haben sich von der Umgebung inspirieren lassen und Werke geschaffen, die ab heute 15 Uhr, in einer umfassenden Ausstellung präsentiert werden. Die findet nicht nur im Kunstlabor selber statt, sondern auch im Außenbereich, im Museum, in der Kirche und erstmals auch im kompletten Schlachthof. Während bei den Naturkunden im vergangenen Jahr die Beschäftigung mit der Umwelt im Vordergrund stand, hat man den Künstlern zum Jubiläum freie Hand gelassen. Schwerpunkte haben sich dennoch herausgebildet, wie Regina Friedrich-Körner erklärt. "Typisch ist die Arbeit mit bekanntem und unbekanntem Material, die Medien und Gesellschaftskritik", sagt sie. Wie leben wir? Und wie wollen wir weiterleben?

 Brigitte Dams vor ihrem Netzwerk, im oberen Bild eine Installation von Ulrike Scholder.

Brigitte Dams vor ihrem Netzwerk, im oberen Bild eine Installation von Ulrike Scholder.

Foto: Gottfried Evers

Einige Werke werden dabei erst durch den Besucher vollendet. Wie die "Manufaktur des Hungers", die der belgische Künstler Acher Reinbold in Bedburg-Hau präsentiert. Aufsteller von hungernden Kindern müssen vom Besucher, aufgefordert durch eine Anleitung, die wie vom schwedischen Möbelhersteller IKEA daherkommt, mit glänzenden Ansteckern versehen werden. Wie Fliegen, die sich auf den Kindern niederlassen, aber ebenso wie glitzernde Diamanten, für die die Dritte Welt ausgebeutet wird. "Ich möchte auf die Krisen und Nöte in der Welt aufmerksam machen und dem Menschen zeigen, dass er ein System unterstützt, in dem Ausbeutung und der eigene Vorteil wichtiger sind, als Hilfe für notleidende Völker", sagt Reinbold.

Die Niederländerin Lobke Burgers war in der Vergangenheit unter anderem bereits im Museum Katharinenhof in Kranenburg zu sehen und hat auch für das Artoll eine animalische Installation geschaffen. Ein großer Schwarzer Hirschbock trägt eine verschleierte, ebenfalls schwarze Frau. Auf einem Holzgestellt gegenüber thronen kleine weiße Hirschböcke mit Lampen, wo ihre Köpfe sein sollten. Die Bildsprache ist genauso düster und verstörend wie stolz. "Mein Werk basiert auf dem, was mir begegnet, was mich berührt oder berührt hat", sagt Burgers, die erst vor wenigen Wochen einen Herzinfarkt erlitten hat. Die Arbeit in Bedburg-Hau ist ihre erste seit der Krankheit. "Durch Licht und Dunkelheit, Bewegung und Geräusche schaffe ich meine eigene Welt", sagt die Künstlerin.

Renate Löbbecke hat sich für die Zerstörung entschieden. Die Zerstörung ihrer eigenen Kunstwerke. Mit einem großen Hackebeil steht sie im Schlachthof, lässt es niedersausen auf alles, das sie mitgebracht hat. "Im Zusammenhang mit dem eigenen Alterungsprozess mache ich mir zunehmend Gedanken über meinen noch vorhandenen Bestand an Kunstproduktion, der sich über lange Jahre angesammelt hat", erklärt sie. Sie habe ihr Lager durchgesehen und entschieden, Ballast abzuwerfen. "Es handelt sich um Bilder, von denen ich mich trennen kann, sei es, weil sie beschädigt sind, oder weil sie mir für zukünftige Projekte ungeeignet scheinen", sagt Löbbecke. Bilder schlachten im Schlachthof. Was bleibt, sind die Fotos der Arbeiten.

Die Ausstellung beginnt am heutigen Samstag um 15 Uhr mit der Vernissage. Neben der Begrüßung durch Agnes Gimnich, Vositzende des Kunstlabors, spricht auch der ehemalige Vorsitzende Uwe Dönisch-Seidel. Nicole Bardohl zeigt eine Performance-Installation mit Studierenden der Folkwang Universität der Künste in Essen und auf dem Gelände entlang des Rundweges spielt das Artoll-Klang-Ensemble.

Ab 16 Uhr findet eine gemeinsame Begehung der Kunstroute statt. Ausstellung bis zum 24. August.

(lukra)
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