Kleve Körper, Kopf und ein Porsche im Kurhaus

Kleve · Am Sonntag wird im Museum Kurhaus die Ausstellung "Michael Sailstorfer. Kopf und Körper" eröffnet. Der in Berlin lebende Münchner hat das komplette Untergeschoss des Badhotels mit acht großen Installationen ausgefüllt.

 Michael Sailstorfer in der für Kleve geschaffenen Arbeit "Kopf und Körper".

Michael Sailstorfer in der für Kleve geschaffenen Arbeit "Kopf und Körper".

Foto: Klaus Stade

Der Panzer macht Krach. Er bläht sich auf, passt kaum in den Ausstellungssaal. Das Geschützrohr richtet sich auf, das Maschinengewehr. Dann sinkt er in sich zusammen, schrumpft. Das Teil wirkt mit seinem steten, lauten Rhythmus wie ein eingesperrtes atmendes Tier. Es ist ein aufblasbarer aber realistischer Tarnpanzer vom russischen Typ T 72, der dort unten im Erdgeschoss des Kurhauses unter dem Getöse eines Gebläses lebt, wie auferstanden aus Gewölben tief.

Im Kurhaus ist es laut geworden, es klappert und rauscht, plätschert und schabt in den Hallen der hehren Kunst. Gleich gegenüber der täuschend echten Panzerattrappe klappert das Mühlrad im rauschenden Bach: Wasser plätschert über ein hölzernes Rad in einen stählernen Anhänger. Das Mühlrad treibt einen Reifen an, der sich abreibt auf der Erde. Ein Häufchen schwarzer Gummiabrieb liegt davor.

Am Sonntag wird die Ausstellung "Michael Sailstorfer. Kopf und Körper" eröffnet. Es sprechen ab 11.30 Uhr Kleves zweiter Bürgermeister Joachim Schmidt und Ulrike Sack vom Freundeskreis, Prof. Harald Kunde führt in die Ausstellung ein. Ein Katalog soll später erscheinen, weil er auch die auf das Haus abgestimmten Installationen zeigen soll. Zur Eintrittskarte gibt es ein Booklet. Außerdem bietet der Freundeskreis zehn Unikate als Auflage (600 Euro) an.

Michael Sailstorfer hat das komplette Untergeschoss des Badhotels mit acht großen Installationen ausgefüllt. Sie sind groß, beweglich, auf den ersten Blick klar zugänglich und doch hintergründig. "Seine Arbeiten verschränken Dinge und Materialien des Alltags miteinander, geben ihnen eine neue oft metaphysisch-ironische Bedeutung", sagt Museumsdirektor Harald Kunde.

Hier atmet der Panzer, der einst die US-amerikanische Luftwaffe im Irak in die Irre führen sollte, dort bohrt sich eine Freiheitsstatue mit ihrer Fackel in die Wand. Beide Arbeiten scheinen auf den Irak-Krieg zu reagieren. Der lebensgroße Panzer vom Typ T 72 wirkt in der abstrusen Art, wie ihm die Luft ausgeht, lächerlich, um sich dann gleich wieder bedrohlich aufzublähen. An Beuys "Honigpumpe am Arbeitsplatz" erinnert eine andere Arbeit, deren Titel auf den Irak-Krieg weist, und die in den beiden vorderen Sälen geräuschvoll vor sich hin arbeitet. Als Deutschland und Frankreich den Amerikanern unter Bush die Gefolgschaft im Irak verweigerten, wurden französische Fritten in "Freedom Fries" umbenannt, erklärt Kunde. Entsprechend der Titel von Sailstorfer: "Freedom Fries am Arbeitsplatz". Wasser, das in dicken Schläuchen von einem Raum in den anderen rauscht, treibt einen Bohrer an, an dessen Spitze sich die Freiheitsstatue, die Sailstorfer nach einem Souvenir in Eisenguss formte, in die Trockenbauwand bohrt. Eigens für Kleve schuf Sailstorfer die große Installation Kopf und Körper, zwei Gesichter aus rostigem Stahl.

Andere Skulpturen erzählen von der Vergänglichkeit: Ein Porsche Spyder, in dem James Dean tödlich verunglückte, rast auf eine Wand zu, der "Mond" aus Kürbissen wird vergehen, wenn die Früchte faulend zu Boden fallen.

(RP)
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