Kleve KZ-Überlebende halten Erinnerung wach

Kleve · Eine Gruppe polnischer Zeitzeugen berichteten der Klever Bürgermeisterin Sonja Northing über ihre schlimmen Erlebnisse in deutschen Konzentrationslagern. In den nächsten Tagen wollen sie mit Schülern ins Gespräch kommen.

 Die KZ-Überlebenden aus Polen wurden im Klever Interimsrathaus von Bürgermeisterin Sonja Northing (vorne rechts) empfangen.

Die KZ-Überlebenden aus Polen wurden im Klever Interimsrathaus von Bürgermeisterin Sonja Northing (vorne rechts) empfangen.

Foto: Markus van Offern

Jedes Jahr besuchen Überlebende aus deutschen Konzentrationslagern im Zweiten Weltkrieg die Stadt Kleve. Obwohl diese Besuche nun schon eine lange Tradition haben - Routine ist das nie. Bei der jüngsten Begegnung zwischen Bürgermeisterin Sonja Northing und den Zeitzeugen entwickelte sich im Interimsrathaus ein berührendes Gespräch.

Die Gruppen aus Polen ist mit Unterstützung des Freiburger Hilfswerkes "Maximilian-Kolbe-Werk" für einige Tage in der Wasserburg Rindern untergebracht. Die Gäste wollen nicht nur die Stadt Kleve erkunden, sondern vor allem auch mit den Menschen ins Gespräch kommen, einerseits, um die Erinnerung an die schreckliche NS-Zeit wach zu halten, aber auch, um zu erfahren, wie Demokratie heute in der Schwanenstadt gelebt wird. Gerade die junge Generation liegt den betagten Besuchern am Herzen. Deswegen gehen sie in die Schulen der Region und sprechen dort mit den Schülern.

Im Klever Interimsrathaus gab es einen guten Eindruck davon, wie ergreifend die Berichte der KZ-Überlebenden sind. Eine Polin erzählte der Bürgermeisterin davon, wie sie als Dreijährige in ein Konzentrationslager gebracht wurde. "Meine Mutter war bereits tot, mein Vater und meine fünf Geschwister wurden mit uns uns KZ eingeliefert", übersetzt eine Dolmetscherin den Bericht der Dame ins Deutsche.

Mit stockender Stimme erzählte die Polin davon, wie sie von zwei Frauen mit kochendem Wasser übergossen wurde. "Man ließ mich ganz alleine auf einer Pritsche liegen. Ich habe vor Schmerzen geschrien." Irgendwann erschien eine Frau. "Sie kümmerte sich um mich. Jeden Tag. Sie hat mir Essen gegeben und eine Puppe geschenkt. Sie hatte selbst kein Kind, wollte mich adoptieren." Dann war die Frau, dieso viel für die Dreijährige getan hatte, plötzlich verschwunden. "Ich habe sie nie mehr gesehen." Das Konzentrationslager hat die Polin überlebt. Eine Gewissheit ist ihr geblieben: "Ich habe den Beweis, dass es überall sehr böse und sehr gute Menschen gibt."

Bürgermeisterin Sonja Northing bedankte sich bei den polnischen Gästen für ihr Kommen. "Sie haben meinen absoluten Respekt, dass sie wieder nach Deutschland gekommen sind. Für mich ist das sehr bedeutsam. Ich hoffe, dass es ihnen nach ihren schlimmen Erlebnissen gut ergangen ist", sagte die sichtlich bewegte Bürgermeisterin.

Die Gäste zeigten sich sehr interessiert an der lokalen Politik und am Miteinander der Menschen in Kleve. Sie erkundigten sich nach der Länge der Amtszeit der Bürgermeisterin und fragten, ob sie einer Partei angehöre. Viele Fragen der polnischen Gäste richteten sich auf die Flüchtlinge, die in Kleve untergebracht sind. "Gibt es Probleme?", wollte einer der Besucher wissen. Northing entgegnete, dass die Sprachbarriere das größte Problem sei. "Wir bringen die Flüchtlinge in Wohnungen und nicht in riesigen Sammelunterkünften unter", sagte die Bürgermeisterin. Beeindruckt zeigten sich die Gäste von der hohen Zahl unterschiedlicher Nationen an der Hochschule Rhein-Waal.

Zum Abschluss eines bewegenden Nachmittags gab es für die Besucher als kleines Andenken ein Schwan im Mini-Format.

(RP)
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