Kleve Lehrer gehen im Internet auf Distanz

Kleve · Vor mehr als zehn Jahren wurde das soziale Netzwerk Facebook gegründet. Ob sich dort jedoch auch Lehrer und Schüler untereinander vernetzen sollten, ist umstritten. Die Lehrer aus der Region sehen das teilweise kritisch.

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Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder der Nachrichtendienst WhatsApp gewinnen immer mehr Bedeutung im Alltag - von Schülern und auch von Lehrern. Oft ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schüler ihren Pauker im Internet ausfindig gemacht haben. Schnell ist eine Freundschaftsanfrage verschickt. Doch sollten Schüler und Lehrer im Netz befreundet sein?

Soziale Netzwerke gaukeln Beziehung auf Augenhöhe vor

Nein, findet Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: "Die Kommunikation über soziale Netzwerke kann eine Beziehung auf Augenhöhe zwischen Schülern und Lehrkräften vorgaukeln, die in der Realität so nicht besteht." Verboten ist der Umgang in NRW zwischen Lehrern und Schülern nicht, lässt das Schulministerium wissen. Entscheidend sei nur, dass sich die Pädagogen an ihre Dienstordnung halten. "Wichtig ist Rollenklarheit, also die professionelle Distanz zu Schülern", sagt ein Sprecher des Ministeriums. "Vertrauliche, personenbezogene Daten wie zum Beispiel Leistungsbewertungen dürfen über soziale Netzwerke nicht kommuniziert werden."

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Foto: Christoph Schroeter

Bezirksregierung gibt Empfehlung aus

Die Bezirksregierung hat jüngst eine Empfehlung an Schulen herausgegeben, wie sie mit sozialen Netzwerken umgehen sollten. Das sei auch sinnvoll, findet Michael Terhaag, Fachanwalt für IT-Recht: "Eine solche Richtschnur zum Umgang mit modernen Medien ist in Unternehmen unerlässlich, das gilt sicherlich auch für Schulen. Ich persönlich halte nichts von strengen Verboten." Stattdessen müsse in Schulen frühzeitig medienrechtliche Aufklärung betrieben werden, so der Düsseldorfer Anwalt. Die Nutzung von Facebook sei jedoch juristisch nicht ganz unproblematisch. Besonders bei der Veröffentlichung von Bildern, erklärt Terhaag: "Für jedes Foto mit Schülern bedarf es zur Veröffentlichung einer wirksamen Einwilligung - bei Minderjährigen sogar beider Eltern." Zudem stünde bei einer Vernetzung von Lehrern und Schülern dem Missbrauch Tür und Tor offen, sagt der Rechtsanwalt: "Die Hemmschwelle ist weit unten, und die Fälle nehmen bei uns in der Praxis zu."

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Foto: afp, DRANIL MUKHERJEE

Schulen im Kreis wollen der Empfehlung folgen

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Foto: afp, JOHN MACDOUGALL

Für Claus Hösen, Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Kleve, ist die Empfehlung der Bezirksregierung eine gute Sache: "Ich gebe den Inhalt so an meine Kollegen weiter." Im Unterricht und auch für außerschulische Aktivitäten würden soziale Netzwerke im Umgang zwischen Lehrern und Schülern nicht genutzt, sagt Hösen: "Bei uns gibt es sogar ein Handy-Nutzungsverbot auf dem Schulgelände - das Gerät muss ausgeschaltet bleiben. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht." Auf diese Weise wolle man verhindern, dass Schüler den Unterricht stören oder auch Bilder und Videos von Mitschülern ungefragt im Internet oder über Messenger verbreiten. Einzige Ausnahme vom Nutzungsverbot: Ein Kollege würde den Einsatz des Mobiltelefons gezielt für den Unterricht erlauben. "Etwa zur Nutzung von Programmen wie Google-Maps oder einem Wörterbuch", sagt Hösen.

Erich Jännert, stellvertretender Schulleiter an der Gesamtschule Mittelkreis in Goch, ist mit einigen Schülern bei Facebook befreundet - ebenso wie einige Kollegen: "Ich sehe das gelassen, man kann die Netzwerke aus dem Schulalltag nicht wegdiskutieren. Sie gehören einfach dazu." Deshalb sei Medienerziehung ein wichtiges Thema, das an seiner Schule auch stattfinde. Die Schüler sollten sich immer eine Frage stellen, bevor sie ein Foto, Video oder ihre Meinung veröffentlichen, so Jännert, der sagt: "Würdest Du das auch so Deiner Oma zeigen?" Wer sich mit Schülern vernetze, bekomme auch private und teilweise peinliche Inhalte zu Gesicht: "Oft kann ich mir leicht erklären, warum mancher Schüler montags so müde ist - ich sehe ja, was er am Wochenende gemacht hat."

Franz van Beek, Schulleiter an der Gustav-Adolf-Schule in Goch, ist überzeugt, dass eine Vernetzung zwischen Schülern und Lehrern an seiner Schule nur in seltenen Fällen stattfände: "Das ist nur eine Handvoll und hat oft auch einen bestimmten Grund - zum Beispiel werden Handynummern wegen Klassenfahrten ausgetauscht", sagt van Beek, der ergänzt: "Ohnehin bestimmen Streitigkeiten in sozialen Netzwerken immer wieder auch den Schulalltag."

Diskutieren Sie im Kommentarbereich und auf unserer Facebook-Seite mit: Sollten Lehrer und Schüler auf Facebook befreundet sein?

(csc)
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