Wolfgang Schmitz "Müssen die digitale Bildung verbessern"

Kleve · Der Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes plädiert dafür, dass die technische Ausstattung von Schulen verbessert, die Lehrerausbildung verändert und zusätzliche Pädagogen mit IT-Spezialkenntnissen eingestellt werden.

NIEDERRHEIN Wolfgang Schmitz, der Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes mit Sitz in Duisburg, der unter anderem auch für die Mitgliedsbetriebe in Wesel und Umgebung zuständig ist, macht sich Sorgen. Denn er befürchtet, dass in den nächsten Jahren gerade am Niederrhein Fachkräfte im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) fehlen werden. Im RP-Gespräch fordert er eine bessere Ausstattung der Schule und eine entsprechende Änderung der Lehreraus- und fortbildung.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft schlägt Alarm: Im aktuelle MINT-Report ist davon die Rede, dass bundesweit gut 212.000 Arbeitkräfte im sogenannten MINT-Bereich fehlen. In Ballungsgebieten dürfte das Problem nicht ganz so groß sein, wie in ländlichen Regionen.

Wolfgang Schmitz Das ist so. Gerade bei uns am Niederrhein ist es in vielen Bereichen bereits angespannt.

Schlimmer als in den Ruhrgebietsstädten, wo die Arbeitslosenquote zum Teil doppelt so hoch ist wie im Kreis Wesel beispielsweise?

Schmitz Das ist ja das Problem, dass wir am Niederrhein zumeist eine gute Beschäftigungsauslastung haben. Der Arbeitsmarkt ist im Hinblick auf einige Berufsgruppen geplündert, der Bedarf bei einigen Unternehmen hoch - und er wird weiter steigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurve steil nach oben geht, ist hoch. Gerade weil die digitale Entwicklung so unglaublich schnell voranschreitet.

Der offensichtlich dringend benötigte Nachwuchs an IT-Ingenieuren, Programmierern und Informatikern kann ja nur aus den Schulen kommen. Doch tun sich viele Schüler gerade mit den lernintensiven MINT-Fächern schwer. Was also tun?

Schmitz Wir müssen die digitale Bildung verbessern.

Das heißt konkret?

Schmitz Schauen Sie, schon Kinder im Grundschulalter haben oft ein Smartphone. Das Problem ist, dass die Schüler am Ende hervorragende Konsumenten sind, die Pokemon go spielen und online bei Amazon Waren bestellen können. Doch es geht darum, dass wir kluge Köpfe brauchen, die den kulturellen und technischen Hintergrund verstehen.

Also müssten Ihrer Überzeugung nach Lehrpläne so geändert werden, dass Schüler auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet werden?

Schmitz Wir müssen jetzt die Weichen für eine bessere Bildung in den Schulen stellen. Dabei geht es nicht nur um die wirtschaftlichen Erfordernisse, sondern auch um soziale Komponenten. Denn beispielsweise nimmt Mobbing durch elektronische Medien bei Jugendlichen zu. Es müssen also moralische Leitplanken gesetzt, der Umgang mit diesen Medien gelernt werden.

Wer soll diese Aufgabe übernehmen? Längst nicht alle Eltern sind dazu in der Lage.

Schmitz Aber die Eltern sind auch gefordert und können nicht alles auf die Lehrer schieben. Die Schulen werden geprägt durch das Lehrpersonal. Die Universitäten und Studienseminare sind gefordert, stärker die wirtschaftlichen, technischen und sozialen Zusammenhänge zu berücksichtigen. Das gilt auch für die technische Ausbildung in Betrieben.

Die digitale Bildung zu erhöhen, wird Geld kosten, viel Geld. Woher soll das kommen?

Schmitz Es muss eingefordert werden vom Land Nordrhein-Westfalen. Denn Bildung ist Ländersache. Die technische Ausstattung in den Schulen muss verbessert werden. Vor allem müssen wegen des permanenten technischen Wandels die Schulen dazu übergehen, eine gute Infrastruktur wie WLAN und moderne Tafeln zur Verfügung zu stellen, aber dann auch die Ausstattung der Schüler mit Smartphone, Tablet und Notebook nutzen, die meist viel moderner sind, als wenn die Schule dauernd neue Hard- und Software anschaffen würde, was auch viel zu teuer wäre. Und eine entsprechende Änderung in der Lehrerausbildung ist ebenfalls nötig - genauso wie die Einstellung von zusätzlichen Lehrern, die die ganze IT mit Netzwerken und Software an einer Schule pflegen. Dafür müssen wir natürlich diese Lehrer an anderer Stelle entlasten. Ziel muss es letztlich sein, den Kindern in der Region früh die "Faszination Technik" näher zu bringen, damit aus ihnen kluge Köpfe werden, die wir ausbilden können.

Doch besteht nicht die Gefahr, dass die gut ausgebildeten Leute lieber in den Metropolen leben und arbeiten, als in der Provinz?

Schmitz Wir müssen ein attraktiver Standort für die besagten klugen Köpfe werden, die Vorzüge der Region Niederrhein herausarbeiten. Dazu zählt ganz sicher die Familienfreundlichkeit, das gute Kultur- und Sportangebot sowie bezahlbarer Wohnraum. Ich denke, dass uns das gelingen wird.

KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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