Kleve Musiksommer: Eröffnungskonzert mit sieben jungen Pianisten
Kleve · Das Audimax der Hochschule Rhein-Waal ist alles andere als ein glamouröser Konzertsaal. Die Ellbogen vor sich auf dem Klapptisch, sitzt man eingezwängt in den hölzernen Stuhlreihen des Hörsaals und blickt hinunter in die Tiefe. Dort unten stand allerdings kein Dozent oder Professor, sondern ein schwarz glänzender Konzertflügel, und statt konzentrierter Lernatmosphäre lag gespannte Erwartung in der Luft.
Sieben junge Pianisten aus verschiedenen Ländern Europas eröffneten hier den zweiwöchigen Heinrich-Neuhaus-Meisterkurs für Klavier, der im Rahmen des Internationalen Musiksommers Campus Cleve stattfindet und in dem sich hochbegabte Jungtalente am Klavier weiterbilden können. Die künstlerische Leitung hat Boguslaw Strobel, Klavierprofessor an der Musikhochschule Düsseldorf und unermüdlicher Kulturschaffender am Niederrhein.
Strobels 13 Jahre alte Tochter Clara, übrigens die jüngste Teilnehmerin des Wettbewerbs, legte einen spanisch gewürzten "Bolero" von Frédéric Chopin hin. Kraftvoll und schwerelos zugleich flogen ihre Finger über die Tasten, meisterten unbekümmert die perlenden Läufe und Arpeggien.
Die russische Seele zweier Rachmaninoff-Préludes lebte unter den Händen des Belgiers Nicolas Absalom auf. Das erste rhythmisch federnd, das zweite betörend neblig, ging er beide souverän und zupackend an.
Nach diesem sinnlichen Farbenspiel brauchte das Ohr eine Weile, um sich auf einen zunächst trocken anmutenden Beethoven umzustellen.
Umso größer war das Offenbarungserlebnis, als die Spanierin Laura Mercedes Sanchez, deren zwei Bagatellen op. 126 regelrecht aufblühen ließ. Sie gestaltete die Stücke herrlich klar und durchhörbar, und auch die Ausflüge in die extremen Lagen des Klaviers, wie sie für den späten Beethoven typisch sind, blieben bei ihr verständlich und klangschön.
Feurig-virtuos stürmte Andrea García Turán mit einer Brahms-Rhapsodie vorwärts, genussvoll kostete Angel Laguna Herrera die rhythmischen Finessen und Temperamentsausbrüche von Isaac Albeniz' "Aragón" aus.
In vier Chopin-Préludes ließ Max Philip Klüser aufregende Kontraste lebendig werden. Geradezu atemberaubend leise wurde es im glitzernden F-Dur-Prélude Nr. 23, in dem er die Tasten nur noch zärtlich streichelte - die Stimmung im Hörsaal war wie verzaubert.
Der Engländer Benjamin Mead schloss mit einer Toccata des zeitgenössischen Komponisten Heiner Frost, einem furiosen Perpetuum mobile, dessen vertrackte Rhythmen und jazzige Offbeats dem jungen Pianisten im Blut zu liegen schienen.
Weniger als eine Stunde dauerte das Eröffnungskonzert - man hätte noch lange weiterhören mögen.