Kleve Neuer Partner für Ausbildung in der JVA

Kleve · Im Gelderner Gefängnis übernimmt im September der TÜV Nord die Berufsausbildung der Gefangenen. Er setzte sich in der Ausschreibung gegen das DGB-Fortbildungswerk durch. Gewerkschaft fürchtet Qualitätsverlust durch Einsparung.

 Auch als Zerspaner werden JVA-Insassen ausgebildet.

Auch als Zerspaner werden JVA-Insassen ausgebildet.

Foto: privat

Die kriminologischen Untersuchungen, die Karl Schwers heranzieht, sprechen eine klare Sprache. "Strafgefangene mit einer vernünftigen beruflichen Ausbildung werden nicht so leicht rückfällig wie andere", weiß der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Geldern. Geregelte Arbeit und geregeltes Einkommen erleichtern die Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Die JVA Geldern trägt ihren Gutteil dazu bei. "Wir sind in Deutschland die größte Berufsausbildungsstätte im geschlossenen Vollzug", sagt Schwers. Ständig werden 200 Insassen in zwölf Gewerken unterwiesen.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sieht diese Errungenschaften in Gefahr. Nicht nur in der JVA Geldern, sondern auch in den Anstalten Herford, Hövelhof, Iserlohn, Bielefeld-Senne und Bielefeld-Brackwede. Sie übt Kritik an der Ausschreibung und Vergabe von Teilen der Qualifizierungsleistungen im nordrhein-westfälischen Justizvollzug. "Bei der Ausschreibung hat das Justizministerium zu wenig auf Qualität und Erfahrung und zu sehr auf mögliche Einsparungen geachtet" erklärt Uwe Meyeringh, der Fachbereichsleiter Bildung, Wissenschaft und Forschung von ver.di NRW.

In Nordrhein-Westfalen habe das Berufsfortbildungswerk des DGB (bfw) seit Jahrzehnten (zum Beispiel seit 1978 in Geldern) tausende inhaftierte Menschen qualifiziert ausgebildet und umgeschult, teilt ver.di mit.

Mehr als 90 Prozent der Teilnehmer hätten erfolgreich bei diesen Angeboten mitgemacht. Doch zum 30. September muss das bfw diese Arbeit einstellen.

In der JVA Geldern mit ihren 679 Haftplätzen übernimmt der TÜV Nord. Laut Schwers ist die Justizverwaltung verpflichtet, Leistungen von Externen alle vier Jahre auszuschreiben. Und da hat der TÜV offensichtlich bessere Konditionen geboten und den Zuschlag erhalten. Die Verantwortlichen in der JVA sind interessiert an personeller Kontinuität. 17 bfw-Mitarbeiter sind hinter den Gelderner Gefängnismauern tätig. Schwers: "Einige sind schon 20 Jahre und länger hier." Ob und in welchem Umfang sie übernommen werden, sei Verhandlungssache des TÜV. Der befinde sich in Einzelgesprächen mit den Mitarbeitern.

Auf das Justizministerium lässt Schwers nichts kommen. "Wir haben da immer gute Unterstützung und offene Ohren." Im Herbst soll der Bereich Berufsausbildung in der JVA Geldern erweitert werden. Mit der Gebäudereinigung kommt dann ein 13. Gewerk hinzu.

Ver.di bewertet die Lage anders. Durch den Auftrag an andere Bildungsunternehmen in den nächsten vier Jahren reduziere das Land seine Ausgaben in den sechs Einrichtungen von 25,3 Millionen auf 17,3 Millionen Euro. Das führe zu qualitativen Abstrichen für die Strafgefangenen und zu sozialen Problemen beim Ausbildungspersonal. "Es ist völlig inakzeptabel, dass die Justiz hier faktisch Lohndumping betreibt. Denn die Einsparungen bedeuten deutlich geringere Entgelte der künftigen Beschäftigten", sagt Meyeringh. "Nur durch angemessene Entgelte lassen sich Fluktuationen vermeiden und der sehr hohe Qualitätsstandard erhalten."

(RP)
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