Kleve Özcan Cosar zeigt Klevern komische Seiten zweier Kulturen

Kleve · Eine Möglichkeit, Özcan Cosar kennenzulernen, wäre, seine Biografie zu lesen. Da steht im Wesentlichen dasselbe drin wie das, das man erfährt, wenn man sich sein Programm "Du hast Dich voll verändert" anhört. Aber was würden die Comedy-Freunde da nicht alles verpassen - nicht zuletzt einige überzeugende Breakdance-Einlagen. Cosar, den Cinque jetzt nach Kleve holte, wo er die Stadthalle mühelos füllte, hatte sich im Sommer schon im Forstgarten vorgestellt und dabei eine überzeugende Visitenkarte abgegeben.

Wenn sich alte Bekannte nach Jahren wiedertreffen, kann alles gut gehen, weil mindestens einer das Kompliment sagt: "Du hast Dich gar nicht verändert." Kann aber auch anders passieren: "Du hast Dich voll verändert" ist ganz bestimmt nicht nett gemeint. Denn Özcan Cosar hat in seinen 35 Lebensjahren erfahren, dass eigentlich niemand Veränderung will, alles soll so bleiben, wie es ist - "außer dass immer das neueste I-Phone her muss".

In seinem zweiten Bühnenprogramm geht es um die Selbstfindung eines jungen Mannes zwischen zwei Kulturen. Wenn Cosar von "wir" und "hier" spricht, meint er die Deutschen und Deutschland, schließlich ist er am Neckar aufgewachsen, ging in der Nähe von Stuttgart zur Schule. Im Problembezirk Hausen - viele Türken und Republikander stehen sich dort gegenüber - stehen seine Chancen, etwas aus sich zu machen, allerdings nicht besonders gut. Wo seine Mutter ihn doch so gerne im Anzug sähe. Aber der Zwölfjährige wurde lieber Breakdancer, dann Tanzlehrer, dazu Barmann und Zahnarzthelfer. Am meisten über die Menschen hat er aber wohl als Sportlehrer im Fitnessstudio gelernt.

2004 fing Cosar nebenbei mit Moderationen an, erste Stand-Up-Comedy-Auftritte folgten. Mit der Premiere von "Adam & Erdal - Der Unzertrennliche" begann Anfang 2012 die Solokarriere. Und weil er im selben Jahr heiratete und eine inzwischen dreijährige Tochter hat, kann Özcan Cosar heute bei allen wichtigen Themen mitreden - und nichts anderes tut er auch. Für Geld, wie er einräumt. Denn längst ist der Comedian Vollprofi, lebt davon, "Akademikerdeutsch" ebenso gut zu sprechen wie die gängigen Türken-Klischees zu bedienen. "Ich will nur, dass die Leute lachen", behauptet er und zwingt uns doch zu ein paar besorgten Gedanken. Wie kommt wohl ein Quasi-Türke bei seinen Quasi-Landsleuten an, wenn er Spitze tanzt und den Islam (dem er angehört) verulkt? Zum Glück lässt Özcan Corsa wissen, dass er auf politische Korrektheit wenig Wert legt.

Etwas verspätet sang der vielfach Talentierte eine türkische Version von "Stille Nacht". Gar nicht komisch, sondern hörbar ernst gemeint seine Aussagen zu Rassismus und Fremdenhass. "Hab' soviel Soli gezahlt und dann so was."

(RP)
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