Festival am Airport Weeze Parookaville — ein Erfolg, mit dem niemand gerechnet hat

Als das Parookaville-Festival 2015 Premiere feierte, hofften die Veranstalter auf bis zu 20.000 Besucher. Für nächstes Jahr gingen insgesamt 80.000 Karten in den Verkauf, 48 Stunden später waren alle weg. Damit wird Parookaville 2017 Deutschlands größtes Dance-Festival.

Parookaville 2016 in Weeze: Die schönsten fotos von Freitag
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Parookaville 2016: Impressionen vom ersten Tag

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Foto: Julian Binn

Der Mann, dessen Gesicht mit Abstand das bekannteste des Veranstalter-Trios ist, hat das kleinste Büro. Darum führt Bernd Dicks (33), der an diesem Morgen zeitgleich mit dem Besuch erscheint und einen Tag vorher erst von einer Dienstreise zurückgekehrt ist, auch gleich in das von Norbert Bergers (42), stellt seinen Rucksack auf einen der freien Stühle, legt seine Brötchentüte auf den Konferenztisch und bittet zum Rundgang durch das Parookaville-Hauptquartier.

Angesichts des schlicht zweckdienlichen Charmes von Gebäude und Einrichtung deutet zunächst wenig darauf hin, dass hier das Geburtshaus von "Wahnsinn, Liebe und purer Glückseligkeit" ist. Selbst die vergrößerten Fotografien mit Festival-Impressionen, dem Gänsehaut garantierenden, auf Leinwand gebannten Nachweis des bisherigen Erfolgs, fristen auf dem Boden noch ein vernachlässigtes Dasein. "Die hängen wir jetzt bald mal auf", sagt Dicks im Vorbeigehen und der Besucher versteht: Es gibt in diesen Tagen des Vorverkaufs-Wahnsinns Wichtigeres. Zum Beispiel: Verträge mit den DJs aushandeln. Wie beim Amsterdam Dance Event, wo Dicks vor kurzem noch zu Gast war.

Parookaville 2016 in Weeze: Schlange stehen beim Check-In
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Check-In beim Parookaville-Festival am Donnerstag

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Foto: Seybert, Gerhard

Ein Blick auf den mit dutzenden bunten Klebezetteln verzierten Schreibtisch des abwesenden Auszubildenden lässt dann aber doch noch deutlich werden, dass hier und da zumindest etwas vom Festival-Motto auch im Büro zu spüren ist. Weiteres Indiz der "wahnsinnigen" Kreativität ist der Konferenztisch im Büro von Georg van Wickeren (48). Riesige Plotter-Ausdrucke sind darauf gestapelt, alle zeigen sie maßstabsgetreu den Flughafen und das umliegende Areal. Im Nordwesten, dort, wo sich die alten Hangars befinden, entstand im Sommer 2015 erstmals die fiktive Festival-Stadt Parookaville. Erfunden und konzipiert von Dicks, Bergers und van Wickeren. Oder, laut Selbstbeschreibung: "Den drei Jungs vom Dorf".

Als solche starteten sie 2011 die Zusammenarbeit. Van Wickeren und Bergers waren zum damaligen Zeitpunkt bereits am Flughafenring ansässig und kümmerten sich in der Conx Unternehmensgruppe unter anderem um die Entwicklung gewerblicher und gemischt genutzter Immobilien sowie städtebauliche Projekte. Dazu gehörte auch der Antwerpener Platz in Kevelaer, später kam die Entwicklung des Ortskerns in Weeze hinzu. Auf einer Party lernten sich Dicks und Bergers besser kennen. Sie kamen ins Gespräch und am Ende des Abends fiel ein Satz, der keine bierbefeuerte Floskel bleiben sollte: "Lass uns mal was zusammen machen!"

Parookaville 2016: Impressionen vom zweiten Tag
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Parookaville 2016: Impressionen vom zweiten Tag

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Foto: Gerhard Seybert

So war aus dem Duo über Nacht ein Trio geworden. Dicks, der nach dem Gymnasium beim Bundeswehr-Radio im Kosovo und in Afghanistan gelandet war, später zu Einslive wechselte und in dieser Zeit viele Festival-Erfahrungen sammeln konnte, stieß zum Team. Zwei Jahre später wurde gemeinsam die Veranstaltungsagentur "Next Events" gegründet, die für die Weezer "Beach Party" sowie das Weezer Karnevals-Festzelt verantwortlich war.

Das für Parookaville entscheidende Jahr folgte 2014. Besagte "Beach Party" auf dem Cyriakusplatz war zu groß geworden, alljährlich kamen weit mehr als 2000 Menschen, um dort zu feiern. Folglich gab es Überlegungen, das Fest auf das frei gewordene Veranstaltungsgelände am Flughafen zu verlegen. Doch zur Gunst der Stunde kam noch die Affinität der drei für sogenannte Show-Konzept-Festivals und somit das Aus für die "Beach Party". Aus "lass uns mal was zusammen machen" wurde Parookaville.

Was folgte, war der konzeptionelle Feinschliff. Nachdem klar war, was man wollte, nämlich "ein Festival, auf das wir selbst gern gehen würden", so Bergers, ging es um das Wie. Wie organisiert man die Infrastruktur, wie dirigiert man möglichst staufrei rund 25.000 Autos durch die Felder und vor allem, wie gelingt es, einen bekannten DJ als Zugpferd zu bekommen?

Spätestens da profitierte das Trio von der internen Aufgabenteilung und der jeweiligen Expertise: Van Wickeren ist für die Technik und die dank der vorherigen Erfahrung im Bereich Immobilien-Entwicklung äußerst detaillierten Zeichnungen zuständig. "Für die Stadtplanung von Parookaville ist unser Know-how wichtig", bestätigt Bergers, der für die Verpflegung und das Zahlen-Controlling verantwortlich ist. Aufgrund seiner Kontakte und der Rampensau-Tauglichkeit kümmert sich Dicks als jüngster des Dreier-Gespanns ums Marketing und Networking sowie um die Künstler. "Es war schon schwierig, die großen DJs von einem Festival zu überzeugen, das es noch gar nicht gibt", berichtet Dicks. Doch mit dem Partner Einslive und dem für Deutschland völlig neuen Festival-Konzept habe es "nur drei bis vier Wochen gedauert", bis Steve Aoki für PV15 zugesagt habe. Weitere Mischpult-Promis folgten.

Schon jetzt, im Jahr zwei, hat sich die Situation gedreht. Nun sind es eher die weltweit gebuchten DJs, die unbedingt einmal bei Parookaville auflegen möchten. Mehr und mehr Manager-Visitenkarten bekommt Dicks zugesteckt. Und weil auch er als das Gesicht von Parookaville immer bekannter wird, muss er selbst deutlich weniger verteilen.

Dass aber tatsächlich keiner der drei mit diesem Erfolg gerechnet hätte, klingt im Gespräch immer wieder durch. Häufig fallen Formulierungen wie "gestartet als Hobby-Geschichte", "unsere Art ist nicht üblich" oder "das hat sich so ergeben". Aus der Vision dreier "Leidenschaftstäter" mit Liebe zum Detail wurde binnen kurzer Zeit ein Ereignis, bei dem 80.000 Menschen teilnehmen wollen. Und das ganzjährig 15 festangestellte Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt. Tendenz: steigend.

"So eine Festival-Geschichte hat es weltweit noch nicht gegeben", sagt Bergers abschließend und klingt dabei selbst erstaunt. Dass das Trio jederzeit bereit ist, sich von der Dynamik der selbst geschaffenen Fantasie-Welt überraschen zu lassen, dürfte zum Erfolgsrezept gehören. Da sind die passionierten Profis, die mit Parookaville inzwischen beinahe global player sind, dann tatsächlich wieder die "drei Jungs vom Dorf", die die Region "wuschig machen".

(RP)
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