Niederrhein Pofallas Abschied: Stunde der Zwischentöne

Niederrhein · Die Wahl des Vorsitzenden des CDU-Bezirksverbandes Niederrhein war eine Lehrstunde über die Kunst der politischen Rede: Ronald Pofalla bekam einen versöhnlichen Abschied hin; und Günter Krings zeigte, wie Wärme über Routine siegt.

 Drei Redner (v.l.): Hermann Gröhe, Ronald Pofalla und Günter Krings bei der Sitzung der CDU Niederrhein in Krefeld. Krings setzte sich später bei der Vorstandswahl gegen Gröhe durch.

Drei Redner (v.l.): Hermann Gröhe, Ronald Pofalla und Günter Krings bei der Sitzung der CDU Niederrhein in Krefeld. Krings setzte sich später bei der Vorstandswahl gegen Gröhe durch.

Foto: Thomas lammertz

Es war die Stunde der Zwischentöne und einer faustdicken Überraschung: Wer die Sitzung des CDU-Bezirksverbands Niederrhein miterlebte, der konnte zwei gelungene Reden der Zwischentöne hören und erleben, wie ein Favorit mit einer Rede, die nicht schlecht, aber etwas zu routiniert war, den Abstimmungssieg verspielte. Am Ende war der Mönchengladbacher Günter Krings neuer Vorsitzender des Bezirksverbandes, und Ronald Pofalla hatte etwas hingekriegt, das man versöhnlichen Abschied nennen könnte. Und das war nicht selbstverständlich, hatte er doch mit seinem abrupten Ausstieg aus der Politik nach der Bundestagswahl sehr vieles verdorben. Eben das stand natürlich im Raum, als Pofalla seinen letzten Bericht als Vorsitzender hielt. Zum Schluss bekam Pofalla stehende Ovationen und wurde einstimmig (bei einer Enthaltung) zum Ehrenvorsitzenden des Bezirks ernannt. Das mag ein Gutteil Versammlungsregie gewesen sein - es war aber auch dem Umstand geschuldet, dass Pofalla den richtigen Tonfall fand: leise, demütig, dankend, nur unauffällig selbstbewusst. Klug an seiner Rede war, dass er die Erfolge, die er in den 14 Jahren seines Vorsitzes zu verzeichnen hatte, mit vielen Dankgirlanden bekränzte: "Ich denke, dass wir mit Stolz auf die letzten 14 Jahre zurückblicken können"; "herzlichen Dank für das, was uns in den letzten 14 Jahren gemeinsam gelungen ist" - mehr "wir" ging nicht bei einer persönlichen Bilanz. In der Tat hat Pofalla den Bezirksverband zu einem der einflussreichsten im Land und im Bund gemacht, schon deshalb, weil er, wie Pofalla nicht zu erwähnen vergaß, die Niederrheiner früh und gegen Widerstände - um das Jahr 2000, 2001 - auf Angela Merkel eingeschworen hat. Als sie dann 2005 Kanzlerin wurde, war Pofalla der Vertraute der mächtigsten Frau Deutschlands, und in diesem Glanz stand auch sein Bezirksverband. Kurz ging er auch auf die die CDU-Basis verstörende Art seines Abschieds aus der Politik ein. "Ich habe für manche Enttäuschung Verständnis", sagte Pofalla, "ich bitte euch ganz persönlich, meinen Entschluss zu respektieren und auch zu akzeptieren", er seit "total überzeugt" von seinem Schritt. Der CDU Niederrhein werde er als Mitglied erhalten bleiben; "ich verspreche aber auch, dass ich mich ungefragt nie mehr äußern werde". Zur Erinnerung erhielt er ein Plakat mit Motiven vom Niederrhein - nicht ohne den Hinweis, dass er ja auch bei der Bahn eine Menge für den Niederrhein tun könne. Das war einer der seltenen Momente der Heiterkeit an diesem Abschied der Zwischentöne.

Pofallas Abschied mag dem Gladbacher Günter Krings ein wenig in die Hände gespielt haben: Vielleicht hatte der Verband erst mal genug von glanzvollen Bundespolitikern. Hermann Gröhe schien das zu spüren, betonte seine Heimatverbundenheit (bei ihm keine Attitüde), griff hart die rot-grüne Landesregierung und betonte das C im Namen seiner Partei - dennoch fehlte seinem Beitrag das, was Günter Krings deutlicher ausstrahlte: Wärme. Auch Krings hielt eine Rede der Zwischentöne: Es gehe bei der Abstimmung nicht gegen jemanden (gegen Gröhe nämlich), sondern für etwas: die gemeinsame Sache nämlich. Den Bezirksvorsitz bezeichnete er als das schönste Amt der Welt; er verwies auf den spektakulärsten politischen Erfolg im Bezirk, nämlich den Gewinn des Oberbürgermeisterpostens in Mönchengladbach, und bat, nicht nach Ministeramt zu entscheiden - der vielleicht heikelste Punkt seiner Rede, denn dieser Satz richtete sich am deutlichsten gegen Gröhe.

Schon die Reaktionen im Saal signalisierten: Das wird spannend. Krings bekam wärmeren Applaus als Gröhe; man spürte: Er hatte den Nerv der Versammlung getroffen - das würde seine Stunde werden.

(RP)
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