Kleve/Goch Pokerschulden: Mehr als sechs Jahre Haft für Gocher Marihuana-Züchter

Kleve/Goch · Seine Komplizen wollte der 52-jährige Mann vor dem Klever Landgericht nicht verraten - aus Angst vor Racheakten.

Wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wurde ein 52-jähriger Gocher gestern am Klever Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte hatte Anfang 2015 ein Wohnhaus mit Nebengebäuden in Goch angemietet, um dort eine hochprofessionelle Marihuanaplantage einzurichten. Mit einigen Mittätern wurde die Plantage über zwei Jahre arbeitsteilig betrieben, bis die Polizei den Betrieb nach einem Hinweis des Bundeskriminalamtes aufdeckte und den Angeklagten vor Ort festnahm.

Der 52-Jährige legte gleich zu Beginn des Prozesses ein Geständnis ab, weigerte sich jedoch, seine Komplizen zu benennen. "Ich sitze lieber ein oder zwei Jahre länger, als den Rest meines Lebens in Angst leben zu müssen", sagte der 52-Jährige, denn in der Vergangenheit hätten die Hauptverantwortlichen der Plantage ihm bereits im Streit ein Messer an die Kehle gehalten, ihn mit einer Schusswaffe bedroht und ihn verprügelt, als er aus dem Geschäft aussteigen wollte. Vor Gericht machte er aus diesem Grund nur sehr vage Angaben zur Organisation der Bande und nannte einige Vornamen.

Kennengelernt habe er seine späteren Komplizen in den Niederlanden, wo er einige Jahre gelebt und gearbeitet hat: "Ich habe mit den falschen Leuten Poker gespielt", erklärte der Angeklagte im Gerichtssaal. An einem einzigen Abend habe er 38.000 Euro verspielt - weil er die Schulden nicht begleichen konnte, sei er daraufhin von Anwesenden der Pokerrunde zum gemeinsamen Betrieb der Marihuanaplantage gezwungen worden. Für seine Kooperation seien ihm die Schulden erlassen worden, außerdem habe er etwa 5000 Euro monatlich erhalten, von denen er Miete und Nebenkosten des Plantagenstandortes zahlen musste.

7,1 Kilogramm Marihuana wurden bei der Durchsuchung des Hauses sichergestellt, die Kapazität der Plantage lässt jedoch auf einen weitaus größeren Ertrag schließen: Die 2. große Strafkammer ging beim Urteil von jeweils 1100 Pflanzen in sechs Ernten aus, die der 52-Jährige mit den Mittätern innerhalb von zwei Jahren umgesetzt haben soll. Die Kammer verurteilte den Angeklagten daher in sechs Fällen und bildete eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten, während die Staatsanwaltschaft siebeneinhalb Jahr gefordert hatte. Der Mann bleibt in Untersuchungshaft, bis das Urteil rechtskräftig ist und die 120.000 Euro, die er in den zwei Jahren vom Chef der Bande als Lohn erhalten hat, werden eingezogen.

Dass der Angeklagte nach eigener Aussage unter massiven Druck gesetzt wurde, ließ die Kammer nicht als entschuldigenden oder rechtfertigenden Notstand für dessen Mittäterschaft gelten: "Der Angeklagte hätte sich an die Polizei wenden können, hat aber trotzdem mitgemacht und zwei Jahre lang mehr schlecht als recht von dem Betrieb der Plantage gelebt", so der Vorsitzende Richter Gerhard van Gemmeren. Mit umfangreicher Aufklärungshilfe hinsichtlich seiner Mittäter hätte der Mann wohl mit einer deutlich geringeren Strafe rechnen können, sagte der Vorsitzende abschließend.

(RP)
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