Prozess am Landgericht in Kleve Stalker stand mit Machete vor Haustür von Youtuberin

Kleve/Kalkar · Er entdeckt die Frau aus Kalkar auf Youtube, chattet mit ihr und verliebt sich. Als sie den Kontakt abbricht, droht er der Frau und steht plötzlich mit einer Machete vor ihrem Elternhaus. Jetzt muss sich der 22-Jährige in Kleve vor dem Landgericht verantworten.

 Ein Stalker vor der Haustür. (Symbolbild)

Ein Stalker vor der Haustür. (Symbolbild)

Foto: dpa, awa kde sup

Seit dem frühen Morgen steht der Mann im Garten vor dem Einfamilienhaus in Kalkar und wartet auf das Objekt seiner Begierde. Der 22-Jährige ist groß, fast 1,90 Meter, und etwas schlaksig, hat braune Stoppelhaare und eine kleine, schwarze Brille auf der Nase. Wenn er läuft, hat seine Jeans ein wenig Hochwasser. An seinem Gürtel trägt der Mann an diesem Morgen im Juli eine Machete, eine Art großes Schwert. Irgendwann muss das Mädchen rauskommen, denkt er, sie hat doch einen Hund. Woher er das weiß? Aus dem Internet.

Der Vorfall ist Monate her, doch bei der Verhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht Kleve zittert die Stimme der jungen Frau aus Kalkar noch immer, als sie von dem Mann erzählt. Monatelang hatte der ihr im Internet nachgestellt. Nun ist er angeklagt wegen Körperverletzung und Bedrohung. Das Gericht muss klären, ob er in eine psychiatrische Einrichtung oder in Haft kommt. Das Urteil wird im Februar gefällt.

An jenem Julitag kurz nach acht Uhr, putzt die Frau im Bad ihre Zähne. Den ganzen Morgen schon hatte ihr Hund gebellt. Plötzlich hört sie von unten Geräusche. "Raus hier!", schreit ihre Mutter. "Da wusste ich, das ist er", sagt die Frau vor Gericht.

Dabei hatte sie den Mann noch nie gesehen. Lange war es her, dass sie sich im Internet geschrieben hatten. Die Frau, heute 22 Jahre alt, hatte früher Videos auf Youtube hochgeladen, "Let's Play" nennt man es, wenn man sich beim Computerspielen filmt und den Spielverlauf kommentiert. Der junge Mann sieht die Videos und schreibt die Frau an. Sie tauschen sich über Computerspiele und Filme aus. Irgendwann, sagt die Frau, fallen ungewöhnliche Bemerkungen. Er fantasiert davon, wie sie ihn besucht und wo sie essen gehen würden. Fragt nach ihrer Adresse, um ihr eine Geburtstagskarte zu schicken, lässt Freunde von ihr grüßen, die er gar nicht kennt. Dann gesteht er, in sie verliebt zu sein.

"Ich bin nicht auf der Suche", schreibt sie, später sperrt sie ihn, damit er ihr nicht mehr schreibt. Nach drei Monaten Ruhe kommt eine seitenlange Mail, in der er erklärt, wie toll sie ist. Sie antwortet nicht. Dann kommen die Drohungen. "Ich schlitz dich auf!", schreibt er, "Ich lasse dich bluten!"

Er wohnt in Husum an der Nordsee, über zwei Jahre nach dem ersten Chat steht er im Juli dann im Vorgarten in Kalkar. 500 Kilometer Autofahrt, ein weiter Weg — jetzt will er sie auch sehen. Und nutzt die Gelegenheit: Eine Bekannte der Mutter klingelt, er stellt sich dazu. Die Mutter öffnet. Sie weiß von den Drohungen gegen die Tochter, sieht die Machete und kombiniert. In einem Gerangel nimmt sie dem Mann die Waffe ab, dennoch läuft er ins Haus. Die junge Frau kommt ihrer Mutter mit einer Gaspistole zu Hilfe. Der dritte Schuss trifft ihn.

Die Machete, erklärt der Mann vor Gericht, hätte er nur bei sich getragen, weil der Vater der Frau ihm einmal am Telefon gedroht hatte. "Ich hatte nie vor, jemandem etwas zu tun. Deswegen hab ich das alles nicht so schlimm gefunden."

(mre)
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