Prozess in Kleve gegen Ausbrecher Teil von Ohr abgeschnitten - Pfleger leidet immer noch

Kleve/Bedburg-Hau · Am Montag ist in Kleve der Prozess gegen zwei Männer gestartet, die versucht haben, aus einer Bedburg-Hauer Klinik zu fliehen. Vor Gericht sagte auch der Pfleger aus, dem die beiden dabei ein Stück seines Ohres abschnitten.

 Aus dem Haus 28 entkam der Forensik-Patient.

Aus dem Haus 28 entkam der Forensik-Patient.

Foto: Markus van Offern

Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen herrschten am Montag am Klever Landgericht: Dort begann vor der 2. großen Strafkammer der Prozess gegen zwei ehemalige Patienten der Forensik in Bedburg-Hau, die im Mai vergangenen Jahres einen Krankenpfleger als Geisel genommen hatten mit dem Ziel, zu flüchten.

Aufgrund der potenziellen Gefahr, die von den beiden Männern ausgeht, sicherten gleich zehn Justizvollzugsbeamte den Schwurgerichtssaal in der Klever Schwanenburg. Nacheinander wurden die beiden Angeklagten, die sich seit dem Ausbruch in Köln und Düsseldorf in Untersuchungshaft befinden, in den Gerichtssaal geführt - zunächst der 36-jährige Bonner, der lächelnd in den Gerichtssaal trat. Daraufhin der 28-jährige Mitangeklagte - ein 124 Kilogramm schwerer Hüne mit ernster Miene aus Euskirchen, der ebenso wie sein Komplize fast ein Jahrzehnt in Strafanstalten und im Maßregelvollzug verbüßt hat und eine lange Drogenkarriere aufweist.

Beide Angeklagten ließen zu Beginn der Verhandlung durch ihre Verteidiger erklären, dass sie die Tatvorwürfe aus der Anklageschrift nicht abstreiten: Ende Mai vergangenen Jahres hatten sie den Pfleger-Raum der Station für suchtkranke Straftäter gestürmt und dort einen Pfleger überwältigt. Mit einem Küchenmesser und einer aus Rasierklingen selbstgebastelten Waffe zwangen sie den LVR-Bediensteten daraufhin, die verriegelte Stationstür zu öffnen. Als dieser die Tür entriegelt hatte, zerrten die Täter ihn auf das abgezäunte Außengelände und forderten den Pförtner auf, zu öffnen. Als der Pförtner - entsprechend der LVR-Dienstanweisung - das Tor verschlossen hielt, schnitt der 36-jährige Bonner der Geisel mit der selbstgebastelten Waffe ins Ohr, um der Forderung Nachdruck zu verleihen.

Da der Pförtner den Weg aber weiterhin nicht freimachte, versuchten die beiden Angeklagten, über den vier Meter hohen Zaun zu fliehen, was jedoch nur dem 36-Jährigen - ein ehemaliger Turner - gelang. Er wurde zwei Tage später in Bonn verhaftet - im Besitz eines Schlagringes. Der jüngere Angeklagte konnte noch im Innenhof der Forensik von der Polizei verhaftet werden, nachdem er von der Geisel abgelassen und das Messer weggeworfen hatte.

Zehn Zeugen sagten am Montag aus, darunter der Pfleger. Der 45-Jährige hatte nicht nur einen tiefen Schnitt ins Ohr erlitten, sondern auch zahlreiche weitere Wunden an Kopf und Armen, die die Angeklagten dem Mann zugefügt hatten. Der Mann erklärte, die körperlichen Wunden seien zwar verheilt - er leide aber stark psychisch unter der Gewalttat. "Ich habe während der Geiselnahme mehrfach gedacht: Das war's - die Nacht überlebst du nicht", sagte der 45-Jährige im Zeugenstand. Den beiden Angeklagten droht eine Verurteilung wegen Geiselnahme sowie gefährlicher und versuchter schwerer Körperverletzung. Der Bonner muss aufgrund des bei seiner Verhaftung sichergestellten Schlagringes zudem mit einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz rechnen.

Die Verhandlung wird am Montag, 5. Februar, um 9 Uhr im Klever Landgericht fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil fallen.

(RP)
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