Prozess in Kleve "China-Bordell"-Betreiber muss fast sechs Jahre in Haft

Kleve · Das Landgericht Kleve hat am Dienstag Freiheitsstrafen gegen eine fünfköpfige Bordell-Bande verhängt. Die Angeklagten - ein Mann und vier Frauen - hatten in China 26 Frauen für die Arbeit als Prostituierte in Deutschland angeworben.

 Die 9. Große Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Christian Henckel (Mitte) hat das Urteil verkündet.

Die 9. Große Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Christian Henckel (Mitte) hat das Urteil verkündet.

Foto: Gottfried Evers

Sichtlich angespannt erwarteten die fünf angeklagten Chinesen ihr Urteil vor dem Klever Landgericht. Als der Vorsitzende Richter Christian Henckel dieses verkündete, brachen besonders zwei chinesische Frauen in Tränen aus. "Wir nehmen allen Angeklagten die hier gezeigte Reue ab", sagte Henckel in der Urteilsbegründung. Er verhängte gegen den Hauptbeschuldigten des Verfahrens, einen 54-jährigen Chinesen, wegen gewerbs- und bandmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie Hinterziehung von Steuern und Vorenthaltens von Sozialabgaben eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten.

Die Frauen aus dem Land der Mitte erhielten Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten sowie einem Jahr auf Bewährung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Fünf in unterschiedlicher Weise von Anfang 2012 bis Oktober 2015 im Bundesgebiet sogenannte China-Bordelle betrieben haben — eines davon in Kranenburg. "Insgesamt waren es über zwei Dutzend", veranschaulichte Henckel und führte weiter aus: "Dabei haben Sie insgesamt 2,6 Millionen Euro Umsatz gemacht." Rund 1,2 Millionen Euro davon hätten die Angeklagten versteuern müssen. Hinzu wären noch die Abgaben für Sozialversicherungsbeiträge gekommen.

Henckel stellte daher fest: "Das Ganze war von vornherein auf Steuerhinterziehung ausgelegt." Denn sonst hätten die Beschuldigten kaum bis gar keinen Umsatz generiert. Für das Gericht galt es im Zuge dessen allerdings herauszufinden, ob die Prostituierte als Selbstständige oder als Arbeitnehmerinnen tätig gewesen waren. "Wir haben daran überhaupt keinen Zweifel, dass sie Arbeitnehmerinnen waren. Es lief alles über die Angeklagten", sagte Henckel. Er räumte allerdings ein, dass die Beschuldigten in unterschiedlicher Weise daran beteiligt gewesen seien. Drei der angeklagten Frauen, auf die die Bordelle zum Teil angemeldet waren, hätten zum Beispiel als "Strohfrauen" agiert. Sie seien nur nach außen hin zum Schein als Unternehmensführer tätig gewesen. Zwei Chinesinnen hätten später allerdings auch eigene Bordelle aufgemacht.

Ansonsten ging das Klever Landgericht davon aus, dass der 54-Jährige "Chef des Ganzen" gewesen sei. "Sie haben alles organisiert und am meisten profitiert", so Henckel in Richtung des Angeklagten, der auch in den Fällen verurteilt wurde, die er selbst immer abgestritten hatte.

Einigen Prostituierten, vornehmlich aus China, hatten die Angeklagten zu einem illegalen Aufenthalt in Deutschland verholfen. "Sie lebten oft in Ihren Bordellen", sagte Henckel. Die Beschuldigten hätten zudem die finanzielle Not-Situation, in der sich die Frauen befunden hätten, ausgenutzt. "Das war zwar keine Ausbeutung im rechtlichen Sinne, aber Sie haben ein paar schäbbige Wohnungen, Betten, Kondome gestellt und dann 50/50 gemacht. Außerdem haben Sie die Damen mit völlig überzogenen Lohnversprechungen angelockt", so Henckel. Gegen die Urteile können die Angeklagten noch Revision einlegen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort