Kleve Reichswald noch nicht aufgeräumt

Kleve · Das Sturmtief "Friederike" knickte Anfang des Jahres im Forst reichlich Bäume um. Wer hier wandert, muss auch drei Monate nach den Orkanböen auf Wegen immer noch über Stämme klettern. Revierförster Böhmer erklärt warum.

 Wer im Reichswald wandert, muss immer noch über Stämme klettern.

Wer im Reichswald wandert, muss immer noch über Stämme klettern.

Foto: Markus van Offern

Wer einmal im Reichswald unterwegs war, kennt den Parkplatz am Treppkesweg in Materborn. Er liegt am Rande des Forstes, ist groß und bei angenehmen Temperaturen immer gut besetzt. Autos stehen nebeneinander aufgereiht am Holzzaun entlang. Für Radfahrer ist es eine ideale Stelle, um von hier aus, den Wald zu durchqueren.

Wer den Hauptweg nutzt, sieht hunderte Meter entfernt, wer einem da entgegen kommt. Wie mit dem Lineal geplant, führt die Strecke geradewegs zum Kranenburger Ortsteil Nütterden. Auch ein Klever Hobbyläufer stellt zweimal in der Woche sein Auto auf dem Parkplatz ab. Zusammen mit seinem Freund startet er von hier aus auf einen zehn Kilometer langen Rundkurs. Ihr Ziel ist allein wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Der 52-Jährige freut sich, nach der dunklen Jahreszeit, wieder durch den Wald laufen zu können. Was ihn ärgert: Auf seiner Strecke muss er an zahlreichen Stellen über quer liegende Baumstämme klettern. Selbst größere Wege, ein paar Meter vom Start entfernt, sind versperrt.

Sturmschäden am Niederrhein von Orkan "Friederike" 2018
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Sturmschäden am Niederrhein

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Foto: Latzel

Vor knapp drei Monaten hat das Sturmtief "Friederike" im Reichswald seine Spuren hinterlassen. Doch sind diese immer noch nicht beseitigt. Nicht allein der Hobbyläufer wundert sich darüber, dass zumindest auf den Wegen immer noch nicht aufgeräumt wurde. Die Schäden, die der Orkan am 18. Januar innerhalb von zwei Stunden angerichtet hat, werden noch einige Zeit zu sehen sein. Wohl bis zum Jahresende.

Die Gründe kennt Revierförster Joachim Böhmer (52). "Es gibt im Moment kein Unternehmen, das Aufträge annimmt", sagt er. Böhmer hofft jedoch darauf, im nächsten Monat einen Harvesterfür sein Revier zu bekommen, mit dem gearbeitet werden kann. Weiterer Grund, warum es auf den Wegen noch so wild aussieht, ist eine Prioritätenliste, nach der die Zerstörungen beseitigt werden. Zunächst geht es darum, Jungbäume von dem Sturmholz zu befreien. Jährlich werden allein im Bezirk Materborn 25.000 Bäume gepflanzt, aktuell sind es 22.000. Die fehlenden müssen wegen der Wachstumsperiode bis Mitte April noch gesetzt werden.

Aufräumen nach dem Sturm "Friedrike"
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Aufräumen nach dem Sturm "Friedrike"

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Foto: Zehrfeld

Auch aus wirtschaftlichen Gründen ist es für den Landesbetrieb Wald und Holz wichtig, dass sich die Jungpflanzen weiter entwickeln können. So gibt es einen Kooperationsvertrag mit den Stadtwerken Kleve. Das Versorgungsunternehmen hat ein Interesse daran, dass der Reichswald mit mehr Laubbäumen durchsetzt ist. Die Entwicklung zu einem Mischwald soll weiter vorangetrieben werden, da Laubbäume für eine bessere Wasserqualität sorgen. Joachim Böhmer kann die Kritik wegen der noch nicht beseitigten Schäden nachvollziehen. Die Hauptwege seien jedoch alle frei, betont er. 25.000 Festmeter Holz, etwa 30.000 Bäume, sind durch das Sturmtief umgeknickt worden. Das entspricht der Menge, die jährlich im Wald geschlagen wird.

Starke Winde sind für den Reichswald ein besonderes Problem. Die Anfälligkeit liegt in seiner Struktur. Zu etwa 50 Prozent besteht er noch aus Nadelhölzern, die hauptsächlich zu den Flachwurzlern gehören und somit eine geringere Standfestigkeit haben. Nach dem Krieg wurde von den Alliierten als Reparation alles aus dem Reichswald rausgeholt, was noch zu gebrauchen war. Mit Fichten und Kiefern wurde er wieder aufgeforstet. Die wachsen schnell und Pflanzen anderer Baumarten waren ohnehin nicht vorhanden. Dadurch liegen eben derzeit hauptsächlich Koniferen über Wander- sowie Reitwegen. Ohnehin ist es verboten, über umgefallene Bäume zu klettern. "Wenn ein Stamm quer über einen Weg liegt, muss der Waldbesucher umkehren", sagt Joachim Böhmer.

Was dem Heger des Waldes große Sorgen bereitet, sind die Abstände, in denen der Forst verwüstet wird. "Kyrill" raste am 17./18. Januar 2007 24 Stunden lang durch die Bäume, jetzt war es "Friederike". "Vor den beiden Orkantiefs gab es alle 20 bis 30 Jahren derart starke Winde. Elf Jahre ist kein Zeitraum für einen Wald, in dem er sich erholen kann", erklärt Böhmer. Er geht davon aus, dass Stürme in immer kürzeren Intervallen hier Bäume umkippen. Der Klimawandel ist eben auch im Reichswald angekommen.

(jan)
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