Kleve Richter gehen von Mord aus niederen Beweggründen aus

Kleve · Im Fall des 43-Jährigen, der im März bei Lidl in Materborn erstochen wurde, hat das Gericht eine vorläufige Bewertung der Beweise abgegeben. Die Angeklagten wollen am fünften Prozesstag über ihre Verteidiger eine Aussage machen.

Mann stirbt bei Messerstecherei in Kleve
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Foto: Stade, Klaus-Dieter

Die Große Strafkammer des Landgerichts Kleve hat auf Wunsch der Verteidigung eine vorläufige Bewertung der Beweisaufnahme abgegeben. Dass die beiden Angeklagten das Opfer B. getötet haben, daran besteht für das Gericht unter Vorsitz von Richter Ulrich Knickrehm kein Zweifel. "Aufgrund des bisherigen Gesamtbildes gehen wir davon aus, dass es sich um eine gemeinschaftliche Tat handeln dürfte", sagte Knickrehm. In welchen Schritten die beiden Angeklagten dabei jeweils vorgegangen sind, soll unter anderem die Anhörung der Kassierin, die an der Kasse saß, an der sich die Bluttat abgespielt hat, am Montag klären.

Aus Sicht der Kammer deutet derzeit nichts Gesichertes auf eine langfristig geplante Tötung hin. "Es hat keinen Kontakt zwischen Täter und Opfer gegeben. Die Umstände sprechen eher für ein spontanes Aufeinandertreffen", erklärte der Richter. Nach wie vor bleibe die Frage nach dem Motiv. "Das liegt für uns nach wie vor im Dunkeln", sagte Knickrehm. Die Kammer neige aber nicht dazu, von einer institutionalisierten Tötung auszugehen - also von Blutrache oder Ehrenmord. "Diese Vorgänge können wir nicht feststellen. Dafür fehlen einfach die Voraussetzungen", sagte der Richter.

Letztlich sei das Motiv der Tat bei den Angeklagten selbst zu suchen. "Wir haben eine Tat, die an Selbstjustiz grenzt", sagte Ulrich Knickrehm. "Es ergibt sich, dass zwischen dem, was zwischen den Familien vorgefallen ist, und der Tat ein Zusammenhang besteht. Alles weitere wissen wir nicht", erklärte der Richter.

Im Raum steht weiterhin, ob die Tat aus niederen Beweggründen begangen wurde. "Das wäre nicht der Fall, wenn man die Gedanken der Täter - etwa aufgrund von Wut und Trauer - nachvollziehen könnte. Ohne sie dabei gutzuheißen", sagte Knickrehm. "Wir sind aber an einem Punkt, dass dieses Begreifen bislang nicht erreicht ist", erklärte Knickrehm. Die Kammer gehe derzeit also von einem gemeinschaftlichen Mord aus niederen Beweggründen aus. Adil (31) und Mekin (22) O. nahmen die Ausführungen des Richters ohne Regung und mit gesenktem Blick zur Kenntnis.

Unter den Eindrücken der vorläufigen Bewertung der Kammer hat die Verteidigung angekündigt, dass sich die Angeklagten doch zur Sache einlassen wollen. Dies soll nicht persönlich geschehen, sondern durch Erklärungen der Anwälte. Bisher hieß es immer, die beiden Männer wollen gar keine Aussage machen.

Am Montag ist der fünfte und letzte Prozesstag angesetzt. Mittlerweile wird aber davon ausgegangen, dass die Verhandlung dann noch nicht zu Ende geführt werden kann. Neben den mit Spannung erwarteten Einlassungen der Angeklagten sagen ein weiterer Sachverständiger und fünf Zeugen aus. Danach folgen die insgesamt fünf Plädoyers von Verteidigern, Staatsanwalt und Nebenklage, ehe das Urteil gefällt wird.

(RP)
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