Weichenstellungen für Generationen (12) Schloss Moylands Weg zum Leuchtturm

Kleve · Am 24. Mai 1997 wurde das Museum für Moderne Kunst mit Joseph-Beuys-Archiv nach zehnjähriger Bauzeit und Kosten von 30 Millionen Euro von NRW-Ministerpräsident Johannes Rau eröffnet. Seit 2009 ist Bettina Paust künstlerische Direktorin.

 Blick zurück auf den 24. Mai 1997: Ministerpräsident Johannes Rau, ein Vater des Schlosses Moyland, nach der Eröffnung im Gespräch mit dem damaligen RP-Chefredakteur Joachim Sobotta (links).

Blick zurück auf den 24. Mai 1997: Ministerpräsident Johannes Rau, ein Vater des Schlosses Moyland, nach der Eröffnung im Gespräch mit dem damaligen RP-Chefredakteur Joachim Sobotta (links).

Foto: Gottfried Evers

kreis kleve Sie stehen auf einem Schuttberg aus Ziegelsteinen, Dreck, heruntergestürzten Dachbalken und schauen in eine Ruine. Leere Fensterhöhlen, der Blick geht teils bis zum Himmel, Graffiti an den Wänden. In den letzten Kriegstagen schwer beschädigt, war Schloss Moyland mehr als 20 Jahre Verfall und Vandalismus überlassen worden. Die Männer stehen in der Schlossruine, darunter der damalige Bedburg-Hauer Bürgermeister Hans Geurts, Oberkreisdirektor Rudolf Kersting, Karl-Heinz Bösken-Diebels, Baron Adrian von Steengracht und nicht zuletzt der einstige Chefredakteur der Rheinischen Post, Dr. Joachim Sobotta.

Überzeugt waren die Männer auf dem Schutt, dass hier ein neuer Schatz für den Niederrhein entstehen könnte. Diese Überzeugung sollten sie weitertragen - denn der damalige Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau, wollte die Kunstsammlung der Gebrüder van der Grinten vor allem wegen der großen Zahl an Beuys-Arbeiten in NRW halten.

Heute ist aus dem Schutt das Museum für Moderne Kunst mit Joseph-Beuys-Archiv geworden, umgeben von einem prächtigen Park. Umgerechnet rund 30 Millionen Euro wurden vom Land in das Projekt Moyland investiert, für das 1990 ein Stiftervertrag zwischen den Sammlern van der Grinten (sie gaben die Kunst), dem Land Nordrhein-Westfalen (das die Sache finanzierte) und der Familie von Steengracht (sie gab das Schloss) unterschrieben wurde.

Heute, unter Leitung der künstlerischen Direktorin Dr. Bettina Paust, ist Moyland da angekommen, wofür es gegründet wurde: Als Museum für Moderne Kunst, das sich intensiv als Museum und als Archiv mit der Kunst vor allem auch von Joseph Beuys auseinandersetzt. Ein Museums-Leuchtturm in der Provinz, wie Johannes Rau zur Eröffnung am 24. Mai 1997 nach zehnjähriger Bauzeit schwärmte. Mit einem Park, der auch Platz hat für Events wie das Jugend-Festival Courage des Kreises Kleve.

Während im Kreis Kleve vor allem Rudolf Kersting und Hans Geurts Verwaltung und Politik "bearbeiteten", unterstützte in der Landeshauptstadt die damalige Landespolitikerin und heutige Bundesbau- und Umweltministerin Dr. Barbara Hendricks das Projekt. "Ich erinnere mich an einen kalten Februartag. Es ging darum, das Land davon zu überzeugen, in Moyland ein Museum für die Sammlung der Brüder van der Grinten zu errichten. Gekommen war Prof. Dr. Karl Ganser, Abteilungsleiter im Stadtentwicklungsministerium. Kreisdirektor Kersting, Baron von Steengracht und Hans van der Grinten stellten das Projekt vor. Wir haben Prof. Ganser überzeugt, der hat seinen Minister Christoph Zöpel ins Boot geholt, und wir haben dann Johannes Rau begeistern können", erzählt Hendricks. Der CDU-Bürgermeister Geurts erinnerte sich im Rückblick an die Zusammenarbeit mit der SPD-Politikerin: "Es ging ja immer um das Projekt - da darf man keine Parteigrenzen kennen", sagte er nach der Eröffnung 1997.

1987, kurz nach der Begegnung im Schutt, wurde der Förderverein Museum Schloss Moyland gegründet, der Klever Landgerichtspräsident Dr. Armin Lünterbusch wurde der Vorsitzende. Fast zeitgleich begannen unter Leitung von Architekt Karl Ebbers die Entschuttungs- und Sicherungsarbeiten. Moyland entstand neu - so, wie es im 19. Jahrhundert umgebaut worden war. Die äußere Sanierung der Anlage gelang Ebbers ausgezeichnet - Moyland ist wieder die Tudor-Idylle schlechthin. Die Vorburgen wurden aufgebaut, eine als Halle für Wechselausstellungen. Innen entschieden sich Sammler und Planer für Kabinette,

Viel Hängefläche - so präsentierte sich das Schloss auch mit der neuen "Moyländer Hängung", die in allen Räumen Bild an Bild reihte. Es hagelte Kritik an der Präsentation. Trotzdem zog die Anlage Besucher in sechsstelliger Zahl. Das musste sie auch - denn das Konstrukt des Stiftervertrages sieht vor, dass sich die Stiftung in Teilen über die Eintritte mitfinanziert. Kein guter Griff, wie sich bald bei rückgängiger Besucherzahl zeigen sollte. Auf sechs Millionen Mark schätzte der Verwaltungsdirektor Johannes Look ein halbes Jahr nach der Eröffnung die Kosten, davon musste die Stiftung 1998 etwa 1,18 Millionen Mark selbst erwirtschaften. 80 Prozent der Kosten übernahm 1998 das Land, der Kreis Kleve 7,5 und die Gemeinde Bedburg-Hau 2,5 Prozent. Heute kommen 2,9 Millionen Euro jährlich vom Land NRW für das Museum, die Besucherzahlen steigen langsam wieder an und liegen im mittleren fünfstelligen Bereich.

Doch trotz oder gerade wegen der vor allem von der "Konkurrenz" geschätzten hochwertigen Beuys-Sammlung wurde die Stiftung bald zum Zankapfel. Auseinandersetzungen mit der Beuys-Witwe Eva zeichneten sich schon vor der Eröffnung ab, es gab Streit zwischen den Stiftern, und nach Ausscheiden von Hans und Franz-Joseph van der Grinten wurde die Direktoren-Nachfolge zum Problem: Nach einem kurzem Intermezzo von Dr. Peter Dering als Chef im Haus blieb die künstlerische Leitung vakant. Bis Dr. Bettina Paust 2009 in Düsseldorf zur neuen Direktorin ernannt wurde und das Haus zu Recht auf links krempelte, das sich jetzt nicht mehr mit Moyländer Hängung präsentiert, sondern die Sammlung modern aufarbeitet und vor allem alle halbe Jahre wechselt. Mit Ausstellungen, die sich an ein internationales Publikum wenden.

Hans Geurts, inzwischen Vorsitzender des Fördervereins, sieht Moyland auf drei Säulen ruhen, als "Dachmarke für Kultur, Freizeit, Musik und Landschaft, historisch, künstlerisch und regional". Was das Haus vor allem braucht, ist Ruhe für eine konstante Entwicklung. Das sieht auch Ministerin Hendricks und mahnt: "Auch jetzt nehme ich regen Anteil an dem, was in Moyland geschieht, und ich mache mir Sorgen. Einige handelnde Personen sind alles andere als konstruktiv. Das ist nicht gut für Moyland." Denn Moyland ist ein Leuchtturm.

(RP)
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