Kleve Schüler treffen erstmals auf Flüchtlinge

Kleve · Für die Jugendlichen des Schulzentrums Kellen wird es in den kommenden Wochen keinen Unterricht in der Sporthalle, in der derzeit 150 Flüchtlinge leben, geben können. Schulleitung zeigt Verständnis, Bürgermeister appelliert an Eltern.

Die Zäune nutzen die Flüchtlinge derzeit vor allem, um ihre Wäsche daran zu trocknen. Ob die blauen Planen hängen bleiben, ist noch unklar.

Die Zäune nutzen die Flüchtlinge derzeit vor allem, um ihre Wäsche daran zu trocknen. Ob die blauen Planen hängen bleiben, ist noch unklar.

Foto: Gottfried Evers

Über die Bauzäune gehängt trocknet Wäsche in der Sonne, blaue Folien trennen den Außenbereich der Sporthalle vom Rest des Schulgeländes. Die Schüler laufen vorbei, gucken. Kaum einer bleibt aber am Zaun stehen. Auf die ersten Flüchtlinge sind sie schon am Parkplatz getroffen. Männer, Frauen, Kinder auf Dreirädern. Einige Jugendliche waren schon am Wochenende mit dem Fahrrad da, um sich ein Bild davon zu machen, wie ihre Schule jetzt aussieht.

Gestern war der erste Tag eines Schuljahres, das am Schulzentrum Kellen wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. Seit dort der Unterricht nach den Sommerferien begonnen hat, teilen sich die Schüler ihren Pausenhof mit etwa 150 Flüchtlingen, die aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und den Balkanländern geflohen sind und jetzt in der Turnhalle des Schulzentrums eine Notunterkunft gefunden haben.

Für die Schüler heißt das erst einmal, dass für sie kein Sportunterricht in der Turnhalle stattfinden kann. Man befände sich aber in intensiven und produktiven Gesprächen, wie der Sportunterricht auch ohne eigene Halle - etwa in benachbarten Sporthallen - gestaltet werden könne, sagt Schulleiter Heinz-Bernd Westerhoff. "Wir sind auf einem guten Weg und können uns nur bei der Stadt und den Vereinen, die bereitwillig Termine in anderen Hallen freiräumen, bedanken", sagt Westerhoff. Die Sporthalle zur Verfügung zu stellen, sei auch im Kollegium eine Selbstverständlichkeit gewesen. "Wir sind alle von den Entwicklungen überrascht worden. Aber die Lage macht uns vor allem humanitär betroffen. Da kommen Menschen zu uns, die nichts haben als ein paar Sachen in einem Plastiksack. Wir können diese Menschen nicht auf der Straße stehen lassen", sagt Westerhoff.

Er möchte möglichst offen mit dem Thema umgehen. Auch ob die blauen Planen hängen bleiben, ist noch unklar. "Da passiert ja nichts Geheimes. Kinder spielen Fußball, Erwachsene hängen ihre Wäsche auf", sagt Westerhoff. Die Schüler reagierten mit dem nötigen Respekt auf die neue Situation. "Es war natürlich spannend zu sehen, wie sich die Jugendlichen heute verhalten. Aber bisher ist alles völlig problemlos", sagt der Schulleiter.

Mit einem eindringlichen Appell richtet sich Bürgermeister Theo Brauer in einem Brief, der am ersten Schultag in den Klassen verteilt worden ist, an die Eltern. "Auch wenn das für Ihre Kinder einen Einschnitt bedeutet, so bitte ich um Verständnis dafür, was diese geflüchteten Personen aufgegeben haben, um vor Gefahr und Not für das eigene Leben zu fliehen", schreibt Brauer. "Sie und Ihre Kinder können im täglichen Miteinander diesen Menschen einen guten Start in ein neues Leben geben." Er bitte um Verständnis, so Brauer, dass die Stadt im Wege der Amtshilfe diesen Personen unterstütze.

Wie sich diese Hilfe in den kommenden Wochen gestaltet, ist derweil noch unklar. "Informationen zur Dauer des Aufenthalts liegen noch nicht vor", sagt eine Sprecherin der Stadt. Die Turnhalle dient lediglich als Notunterkunft, von dort sollen die Flüchtlinge normalerweise innerhalb von ein bis drei Tagen an Erstaufnahme-Einrichtungen verteilt werden. Weil derzeit aber alle Stellen im Land überlastet sind, leben die Flüchtlinge schon seit vergangenem Freitag auf den Pritschen in der Halle. Überwältigende Hilfe kam aus der Bevölkerung: Kleidung, Hygiene-Artikel und Spielzeug wurde gespendet. Zuletzt baten die Verantwortlichen aber um Zurückhaltung, bis klar ist, wie am sinnvollsten geholfen werden kann.

(lukra)
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