Niederrhein Seeadler "AY 48" gefällt's am Niederrhein

Niederrhein · Franz-Josef Killewald hat durch ein Foto die Identität des seit Monaten in der "Gelderse Poort" gesichteten Raubvogels aufgeklärt. Das Tier könnte laut Fachleuten als erstes seiner Art am Niederrhein brüten. Gänse zählen zu seiner Beute.

 Mit einer Spannweite von bis zu etwa 2,40 Metern sind Seeadler eine eindrucksvolle Erscheinung. Deutlich ist die Beringung des großen Raubvogels zu erkennen. Das Foto entstand nahe Kekerdom.

Mit einer Spannweite von bis zu etwa 2,40 Metern sind Seeadler eine eindrucksvolle Erscheinung. Deutlich ist die Beringung des großen Raubvogels zu erkennen. Das Foto entstand nahe Kekerdom.

Foto: Franz-Josef Killewald

Schon mehrfach hatten Naturfreude in den vergangenen dreieinhalb Monaten einen Seeadler, der mit etwa 2,40 Meter Flügelspannweite einer der größten Raubvögel Europas ist, am Himmel über dem Naturschutzgebiet "Gelderse Poort" und über der angrenzenden Düffel (nördlich von Kleve) gesichtet. Schon dies galt unter Vogelkundlern als kleine Sensation. Schließlich war es der erste Seeadler der in der Region jemals über einen längeren Zeitraum beobachtet werden konnte. Zwar erkannten Naturfreude, dass das Tier beringt war - wo der Vogel gekennzeichnet worden war, woher er stammte, blieb jedoch ein Rätsel, da niemand die Ringnummer ablesen konnte.

Nun ist das Geheimnis um die Identität des Seeadlers in der "Gelderse Poort" gelüftet. Der Ring hat die Nummer "AY 48". Zu verdanken ist die Lösung des Rätsels einem Tierfotografen aus Leidenschaft, Franz-Josef Killewald aus Kleve-Bimmen. Viele Tage hatte der 70-Jährige nach dem Seeadler Ausschau gehalten, bevor ihm endlich in der vergangenen Woche vom Erlecomsedam nahe Kekerdom, das direkt an der deutsch-niederländischen Grenze liegt, das "Enthüllungsfoto" gelang. Deutlich ist auf der Aufnahme "AY 48" zu erkennen.

Mit Hilfe niederländischer Vogelkundler brachte der Bimmener Licht in die bislang unbekannte Vergangenheit des Seeadlers bringen. Geschlüpft ist der Raubvogel demnach 2013 in einem Horst im niederländischen Naturschutzgebiet Biesbosch nahe Rotterdam, wo bereits seit 2006 Seeadler brüten. Doch schon kurze Zeit nach dem Flüggewerden des Jungtieres fanden Naturfreunde den Vogel völlig entkräftet und mit Vergiftungserscheinungen in einer Scheune im niederländischen Hank, östlich von Rotterdam. In der Vogel-Auffangstation Zundert nahe Breda päppelten Vogelkundler das Tier wieder auf und konnten es im Herbst 2013 in seiner vertrauten Umgebung im Biesbosch wieder frei lassen.

Anschließend soll der Seeadler "AY 48" an verschiedenen Orten in den Niederlanden gesehen worden sein. Beispielsweise Ende 2013 im Louwersmeer bei Groningen sowie Anfang Mai 2014 auf der Insel Texel. Mitte Mai gab es erste Meldungen, der Vogel halte sich in der "Gelderse Poort" auf.

Fachleute wundern sich nicht darüber, dass der Seeadler im dem grenzüberschreitenden Naturschutzgebiet am Rhein zwischen Kleve und Nimwegen nun schon seit Monaten ansässig ist. "Offensichtlich fühlt er sich in dem Gebiet sehr wohl - andernfalls wäre er längst wieder weg", sagt Hans Glader von der Biologische Station im Kreis Wesel, zu deren Zuständigkeitsbereich auch die Halbinsel Bislich bei Xanten zählt. Dort waren in der Vergangenheit immer wieder mal Seeadler gesichtet worden, die aber nie dauerhaft in dem Gebiet geblieben waren.

Ein "absolutes Highlight" wäre es für die Vogelkundler, würde Seeadler "AY 48" dauerhaft am Niederrhein bleiben und dort brüten "Darauf warten wir schon seit Jahren", sagt Hans Glader. Auch der Biologe Andreas Barkow von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg meint: "Nachdem beispielsweise in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern schon Seeadler brüten, müsste es in NRW auch endlich mal klappen. Und mit jedem Tag, den der Seeadler länger am Niederrhein bleibt, wird die Wahrscheinlichkeit größer, dass es klappt."

Voraussetzung für ein Brutgeschäft wäre allerdings, dass ein Partner den Weg zu Seeadler "AY 48" findet. Doch auch dies halten die Fachleute nicht für unwahrscheinlich. "Die Tiere sind da sehr geduldig", meint Hans Glaser. Außerdem gebe es neben den seit 2006 in den Niederlanden, wo zuletzt fünf Paare gebrütet haben, geschlüpften Seeadlern immer wieder "Überwinterer" in der Region. "Vielleicht bleibt ja einer hier", hofft Hans Glader.

Eine weitere Hoffnung hegt Andreas Barkow, wenn der Seeadler "AY 48" am Niederrhein bleibt. "Er ist nicht nur imposant, groß und schön", meint der Nabu-Mitarbeiter. Der Raubvogel würde auch eine wichtige, derzeit unbesetzte Position im Naturhaushalt wichtige wieder besetzen. Graugänse, deren Population am unteren Niederrhein stark zunimmt und die nach Ansicht der Bauern große Schäden in der Landwirtschaft verursachen, zählen zu den Beutetieren der Seeadler.

(RP)
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