Bedburg-Hau-Moyland Sieverdings Beuys-Porträt fürs Schloss

Bedburg-Hau-Moyland · Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, der Kunststiftung NRW und des Ehepaars Böskens-Diebels konnte Moyland seine Sammlung mit einem monumentalen Werk von Katharina Sieverding ausbauen.

 Katharina Sieverding vor ihrem Werk "Kontinentalkern IV".

Katharina Sieverding vor ihrem Werk "Kontinentalkern IV".

Foto: Gottfried Evers

Es ist ein Standbild aus einer Fernsehübertragung, leicht unscharf, irgendwie verpixelt. Die Augenpartie des Mannes liegt im Schatten der Hutkrempe - und doch schauen aus dem Schatten heraus die Augen den unbekannten Interviewer gegenüber gleichzeitig neugierig wie eindringlich an: Joseph Beuys erklärt den Japanern seine Kunst, seine "Soziale Plastik". "Nämlich etwas, das man in der materiellen Begrifflichkeit nicht fassen kann", heißt es in japanischen Schriftzeichen, die durch das Fernsehbild laufen. Das ist das Satzfragment, das Beuys in dem Moment der Aufnahme sagt. Katharina Sieverding schuf das Bild für die 1986 von dem Ausstellungsmacher und langjährigen Leiter der Kunstsammlung NRW, Prof. Armin Zweite, vorbereitete Ausstellung "Beuys zu Ehren" im Münchener Lenbachhaus. Doch mitten in der Vorbereitung starb Beuys. "Für uns alle unerwartet", sagt Katharina Sieverding. Die Ausstellung wurde zur Hommage an Beuys.

Über das TV-Standbild von Beuys legte Sieverding für ihre Arbeit von 1986 ein feinmaschiges Stahlgitter und fasste das Arrangement in einen geschraubten Stahlrahmen. Rahmen und Gitter erinnern in der Materialwahl an Beuys. Das Arrangement fotografierte Sieverding erneut. Durch die Lichtreflexionen auf dem Stahlgitter bekommt das Bild nicht nur eine ganz eigene Struktur, auch die sonst bei abfotografierten TV-Bildern damaliger Röhren-Fernseher sichtbaren Linien, die "Kathodenmatrix", werden aufgelöst: Das Bild hat eine Gitterstruktur. "Kontinentalkern IV" betitelte sie das Bild.

Das Foto wurde schließlich in monumentaler Größe von 3,37 mal 4,2 Meter abgezogen und nur das einzige Mal im Lenbachhaus öffentlich gezeigt. So, wie Katharina Sieverding in den 1970er und 1980er Jahren ihre großformatigen Fotoarbeiten präsentierte: Nur an der Oberkante geheftet und frei hängend. Seitdem verwahrt sie es in ihrem Archiv.

Für die Sammlung von Museum Schloss Moyland entwickelte Sieverding "Kontinentalkern IV 1986, 2013". Inzwischen präsentiert die Multi-Media-Künstlerin, die 2013 in Moyland in ihrer Ausstellung "Weltlinie 1968-2013" die faszinierende Projektion "Die Sonne bei Mitternacht schauen" zeigte, ihre Bilder nicht nur als Papierabzüge, sondern auch im Diasec-Verfahren (die Bilder werden von einer Acrylglasschicht geschützt) auf Alu und mit typischen Stahlprofilen gerahmt. "Kontinentalkern IV 1986, 2013" ist ein Triptychon, das das erste Bild von 1986 auf schwarzem Untergrund dreigeteilt präsentiert.

Sieverding wählte die Form des Triptychons nicht, um Beuys auf einen Altar zu heben. "Sie betont damit die von Joseph Beuys durchgängig und durch alle Lehr-, Gesellschafts-, Kultur-, Wissenschafts- und Rechtsmodelle greifende Idee der Gewaltenteilung durch Dreigliederung", sagt Dr. Alexander Grönert von Museum Schloss Moyland. Wobei sich die Breite der einzelnen Triptychon-Teile auch aus der 1,25-Meter-Breite des Drucks ergibt. Für die 4,2-Meter-Version von 1986, die noch ungerahmt als Papierabzug präsentiert wurde, hatte sie mehrere Bahnen zusammengeklebt.

Beuys ist in dieser Bild-im-Bild-Version gleichzeitig nah wie fern, überlagert von den Gitterstrukturen, überlagert von den Spiegelungen auf der Oberfläche des Hochglanz-Acryl-Glases, in denen sich der Betrachter spiegelt, der sich mit dem Bild auseinandersetzt. Er, der Betrachter, wird zwangsläufig Teil des Bildes. "Das Werk scheint dennoch fern und fremd durch die unüberwindbare optische Irritation der eigene Reflexion", erklärt Britta Kaiser-Schuster von der Kulturstiftung der Länder.

Drei Jahre nach ihrer großen Ausstellung im Schloss ist jetzt der Ankauf dieser monumentalen Arbeit perfekt, die die Sammlung des Museums einen großen Schritt nach vorne bringt. Mithilfe der Kunststiftung NRW, der Kulturstiftung der Länder und dem Ehepaar Anne und Paul Bösken-Diebels könnte das wichtige und für Moyland so passende Werk erworben werden. Sieverdings Beuys hängt jetzt an der großen Wand im Treppenhaus und begrüßt alle Besucher im Schloss.

"Die Arbeit ist richtig gut auf diese Wand platziert", lobte Sieverding bei der Übergabe des Werks die Techniker um Klaus Ebbers. Das Beuys-Porträt von Andy Warhol, das bis jetzt an dieser Stelle hing, wanderte in den Zwirner-Saal.

(RP)
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