Kleve So helfen Klever den Flüchtlingsfamilien

Kleve · Julia Weber ist eine von mehreren Bürgerinnen, die sich um die Flüchtlingsfamilien im Materborner Asylheim kümmert. 252 Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt. Regelmäßige "Netzwerktreffen" sollen Hilfsangebote aufeinander abstimmen.

 Julia Weber geht mit dem Paar Nino und Givi Mekantsishvili Antragsformulare durch - eine Hilfestellung, die die Kleverin den Flüchtlingen bietet.

Julia Weber geht mit dem Paar Nino und Givi Mekantsishvili Antragsformulare durch - eine Hilfestellung, die die Kleverin den Flüchtlingen bietet.

Foto: Gottfried Evers

Einige Stufen sind zu bewältigen, bevor das kleine Schild mit dem Aufdruck "Raum 321" zu sehen ist. Doch dort wo einst Schüler der St.-Anna-Hauptschule auf ihren Stühlen kippelten und Klassenarbeiten schrieben, stehen heute alte Sessel, ein kleiner Fernseher und drei spartanische Betten. Gemeinsam mit ihrer zwölfjährigen Tochter Mari lebt dort Familie Mekantsishvili, zusammengepfercht auf knapp 30 Quadratmeter.

Die junge Familie aus Georgien ist eine von 17 Familien aus neun Nationen, die in dem zum Flüchtlingsheim umfunktionierten Schulgebäude in Materborn untergebracht sind. Wie für viele andere Flüchtlinge auch, ist ihre aktuelle Situation prekär, ihre Zukunft ungewiss. Dank des Engagements von Klever Bürgerinnen und Bürger wie Julia Weber, schöpft die Familie aber neue Hoffnung.

Heute ist ein schöner Tag für Nino und Givi Mekantsishvili. Julia Weber, Mitglied des Integrationsrates der Stadt Kleve und Vorsitzende des Vereins "Hafen der Hoffnung", ist gekommen, um mit den Eltern gemeinsam zum Sozialamt zu gehen. Vor kurzem hat die dreiköpfige Familie nämlich einen Wohnberechtigungsschein erhalten. Schon bald könnten sie - sollte alles glattgehen - das bewohnte Klassenzimmer verlassen und eine richtige, größere Wohnung in Materborn beziehen. Tochter Mari würde dann ein eigenes Zimmer bekommen. Es ist ihr größter Wunsch.

Wie dankbar Familie Mekantsishvili Julia Weber ist, können die gebeutelten Eltern kaum in Worte fassen. Denn ohne die Hilfe Webers wären sie wohl aufgeschmissen. "Sie sprechen kein Wort Deutsch oder Englisch, können sich also kaum verständigen. Da bei den Sprachkursen an der VHS auf Englisch unterrichtet wird, hilft ihnen das auch nicht weiter", sagt Weber. Auf Russisch gelingt es ihr, mit der georgischen Familie zu kommunizieren. Mindestens zwei Mal in der Woche besucht sie die Familie. Sie hofft, dass sich bald noch mehr Klever bereit erklären, sich um Flüchtlingsfamilien wie die Mekantsishvilis zu kümmern. "Es gibt bereits einige Klever die hierherkommen und ehrenamtlich helfen. Aber es könnten noch viel mehr sein."

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Foto: dpa, rwe lof

Julia Weber, die vor über 20 Jahren aus Kasachstan nach Deutschland kam, will mit ihrer Hilfe den Flüchtlingen die Zeit in Deutschland so angenehm wie möglich gestalten, auch wenn die endlich ist: "Auf Dauer werden sie nicht in Deutschland bleiben können, ihr Asylantrag wurde abgelehnt."

Insgesamt 252 Flüchtlinge zählt die Stadt Kleve aktuell, 91 hätten bereits eine eigene Wohnung gefunden. Im Asylheim an der Braustraße, wo ausschließlich alleinerziehende Mütter und Familien untergebracht sind, leben laut Auskunft der Stadt derzeit 41 Personen, darunter 19 Kinder. Weitere 120 erwachsene Flüchtlinge befinden sich im Asylheim an der Stadionstraße. Willibrord Haas, erster Beigeordneter der Stadt Kleve, sagt: "Die Stadt legt großen Wert auf eine Willkommenskultur. Das Ziel ist es, allen Flüchtlingen eine Privatwohnung zu ermöglichen."

Alle vier bis sechs Wochen treffen sich Vertreter von Stadt, Kirche, Caritas sowie Flüchtlinge und Bürger zu den sogenannten "Netzwerktreffen", um sich über die Probleme und Belange der Asylbewerber auszutauschen. Ein Ergebnis dieser Runde war, dass die Stadt ab diesen Monat einen Sprachkursus speziell für Flüchtlingsbewerber in der Volkshochschule anbietet. Norbert Gerding vom Caritasverband Kleve, der die Netzwerktreffen moderiert, sagt: "Wir sind immer auf der Suche nach Menschen, die im Bereich der Freizeitgestaltung helfen wollen."

Ehrenamtlichen Kleverinnen und Klevern ist es zudem zu verdanken, dass zumindest einige der Flüchtlinge in den Genuss privater Deutschstunden kommen. "Ich kann bestätigen, dass es freiwillige Bürger gibt, die beispielsweise bei Umzügen helfen oder Sprachunterricht anbieten", sagt Wilfried van de Kamp, Leiter der Sozialberatungsstelle des Caritasverbandes Kleve.

Alle Flüchtlingskinder besuchen zudem je nach Alter entweder die Grund-, Haupt-, oder Gesamtschule. So auch Mari. Die Zwölfjährige ist Schülerin der Gesamtschule Kleve. Schon bald kann sie ihre Hausaufgaben wohl in ihrem eigenen Zimmer machen.

(RP)
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