Kalkar So schloss die SPD den Genossen Wilfried van Haag aus

Kalkar · Eigentlich war Wilfried van Haag schon seit Dezember 2015 SPD-Mitglied. Doch dann gab es "Einsprüche" - und die Kalkarer SPD schloss ihn wieder aus. Über die Gründe sie nicht sprechen. Doch aus den eigenen Reihen kommt harte Kritik.

Kalkar: So schloss die SPD den Genossen Wilfried van Haag aus
Foto: Evers Gottfried

Lange hat Wilfried van Haag, der sich seit Jahren als Bürger der Stadt Kalkar auch in Fragen der Lokalpolitik intensiv (für manchen zu intensiv, wie sich später zeigte) engagiert, darüber nachgedacht, zudem in einer Partei als Mitglied aktiv zu werden. Der 67-Jährige entschied sich im vergangenen Jahr für den SPD-Ortsverein. Schon von 1976 bis 2002 hatte er in Köln ein Genossen-Parteibuch sein Eigen genannt. Sein Wunsch nach einer Wiederaufnahme, die van Haag im September 2015 beantragt hatte, ging in Kalkar in Erfüllung. Im Dezember erhielt er auf einem Ortsvereinstreffen im Hotel Siekmann sein Parteibuch - nun war er Genosse.

Doch dann gab es "Einsprüche" aus den Reihen seiner Genossen. Und laut Satzung der SPD konnte dies bedeuten, dass Wilfried van Haags Aufnahmeantrag abzulehnen sei. Und so beschloss es der Kalkarer Ortsverein. Die Sozialdemokraten im Unterbezirksvorstand stimmten dem Antrag zunächst zweier Vorstandsmitglieder, dann des gesamten Vorstandes zu.

Wilfried van Haag war entsetzt ob der Entscheidung und legte Widerspruch bei der NRW SPD in Düsseldorf ein. Für ihn waren die Gründe für die Ablehnung seines Wiederaufnahmeantrages nicht nachvollziehbar, da keiner seiner Meinung nach belegt war. Doch auch die Landespartei bestätigte die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages van Haags in einer Sitzung am 2. September 2016. Diesen Beschluss bekam Wilfried van Haag am 21. September per Post zugestellt. Das Schreiben war auf den 16. September datiert. Mit dem Datum 17. Oktober erhielt Wilfried van Haag noch ein Schreiben des Service-Centers der SPD in NRW, das seinen Austritt bedauerte und ihn bat, diesen zu überdenken: "Für ein Gespräch steht Ihnen der Vorsitzende des SPD-OV Kalkar Marco van de Löcht gerne zur Verfügung." Für Wilfried van Haag war das "zynisch".

Zu den Gründen für die Entscheidung des Ortsvereins und Unterbezirkes sowie der Landes SPD gibt es nur kurze Stellungnahmen. Dies entspreche dem § 3 des Organisationsstatutes der SPD, meint Landes-Pressesprecher Christian Obrok. Dieser lautet: "Wird gegen die Mitgliedschaft innerhalb eines Jahres kein Einspruch erhoben, so ist sie endgültig." Im Umkehrschluss bedeutet dies: Gibt es Einsprüche, so muss die Mitgliedschaft nicht genehmigt werden. Kommentieren oder detaillierter begründen wollen weder Christian Obrok noch die Kreis Klever SPD Geschäftsführerin Lena Kamps und der Kalkarer SPD-Ortsvorsitzende Marco van de Löcht die Entscheidungen. Das seien Partei-Interna, die man nicht öffentlich kommentieren wolle - "zum Schutz von Herrn van Haag und der eigenen Parteimitglieder".

In einer E-Mail der SPD-Kreisgeschäftsführerin Lena Kamps, die mit "i. A. Norbert Killewald" unterzeichnet ist, heißt es: "Wilfried van Haag stört durch sein Verhalten den Frieden des OV Kalkar so massiv, dass mehrere Kalkarer Vorstandsmitglieder aus der SPD austreten würden, würde Wilfried weiterhin Mitglied der Partei vor Ort sein." Weiter ist zu lesen: "Wilfried van Haag ist auch über die OV-Ebene hinaus ein Mitglied, welches über seine normalen Mitgliedsrechte hinaus mit E-Mail-Anfragen und Arbeitsaufträgen penetrant und stetig Genossinnen und Genossen bedrängt. Auch hauptamtlich Beschäftigte auf den verschiedenen Ebenen werden über das normale Maß mit Anfragen behelligt."

Ein "Urgestein" der Kalkarer Sozialdemokraten, der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Jochem Reinkens aus Grieth, hat für die Schweigsamkeit seiner Genossen im "Fall van Haag" kein Verständnis. Nach der Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages von Wilfried van Haag stärkte der Griether, der zuvor nach einem - auch partei-internen - Streit all seine politischen Ämter in Kalkar aufgegeben hatte, dem 67-Jährigen den Rücken. Jochem Reinkens schrieb an die SPD-Landes-Geschäftsstelle in Düsseldorf unter anderem: "Im Fall van Haag ergibt sich die bislang beispiellose Situation, dass man sich eines zweifellos streitbaren Kritikers in den eigenen Reihen unter Verzicht auf eine angemessene und transparente Diskussion entledigt ohne eine schlüssige Begründung, weshalb seine Anträge mit den lokalpolitischen Zielen des OV nicht kompatibel sind. . . Politik ist Auseinandersetzung, nicht aber der Verzicht auf eine solche. Auseinandersetzung setzt Sachkenntnis voraus, diese W. van Haag abzusprechen, wie auch die programmatische Orientierung an zentralen Werten der SPD-Politik, habe ich nie einen Anlass gesehen. W. van Haag hat sich immer gründlich in Sachverhalte eingearbeitet und nie erkennen lassen, dass er von den Leitlinien der SPD-Politik abweicht. . . . Die Diskussion zu verweigern, setzt sich dem Verdacht aus, dass die verweigernde Seite damit implizit auch signalisiert, einem argumentativen Austausch kompetenzmäßig nicht gewachsen zu sein."

Auch dieser Einsatz des Kalkarer SPD-Urgesteins blieb bei seiner Landespartei in Düsseldorf unerhört. Wilfried van Haag freut sich dennoch über diesen "unerwarteten" Beistand von Jochem Reinkens.

(RP)
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