Fußball 1. FC Kleve in der Rolle des Außenseiters

Kleve · Fußball-Niederrheinpokal: Die Elf von Trainer Umut Akpinar empfängt heute um 19.30 Uhr den Regionalligisten Rot-Weiss Essen.

 Außenverteidiger Lukas Ehrhardt. Am vergangenen Sonntag wurde der 20-Jährige eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt, eine Minute später gab er die entscheidende Vorlage zum 3:3-Ausgleichstreffer.

Außenverteidiger Lukas Ehrhardt. Am vergangenen Sonntag wurde der 20-Jährige eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt, eine Minute später gab er die entscheidende Vorlage zum 3:3-Ausgleichstreffer.

Foto: Markus van Offern

Gerade mal vier Tage ist es her, da standen die Fußballer des 1. FC Kleve zuletzt in einem Pflichtspiel auf dem Platz. Als Gast der Spielvereinigung Sterkrade-Nord erreichte die Mannschaft von Trainer Umut Akpinar ein 3:3-Unentschieden. Ihr gelang es nach einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit jeweils beim Stande von 1:2 und 2:3 einen Rückstand aufzuholen. "Die ersten 45 Minuten haben wir verschenkt", urteilte Akpinar schonungslos in der Replik auf das Spiel im Oberhausener Stadtteil Schmachtendorf.

Fußball: 1. FC Kleve in der Rolle des Außenseiters
Foto: Markus van Offern

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Klever Trainer anhand des aufgenommenen Videomaterials eine weitere Analyse des sonntäglichen Spiels vorgenommen. "Die unterscheidet sich von der unmittelbar nach dem Abpfiff nur unwesentlich", meinte er. Allerdings war der 40-Jährige aufgrund der Filmausschnitte in der Lage, seine vor Ort gewonnenen Erkenntnisse mit harten Zahlen zu unterfüttern.

Interessant sind dabei die 100-prozentigen Tormöglichkeiten seiner Mannschaft nach dem Seitenwechsel im Vergleich zu denen des Gegners. "Da hatten wir durch Haal, Kürkciyan und Terfloth sieben an der Zahl. Die Bälle gingen entweder knapp vorbei, wurden vom Torwart hervorragend gehalten beziehungsweise von einem Abwehrspieler von der Linie gekratzt - und zwei davon landeten im Tor", sagte Akpinar. Während des gleichen Zeitraums hatte der Klever Verantwortliche bei Sterkrade nur zwei gefährliche Torschüsse ausgemacht. Von denen einer aus der Distanz von FC-Keeper Raven Olschewski reaktionsstark um den Pfosten gedreht wurde, der andere verfehlte um Zentimeter das Ziel.

Aus sieben Großchancen erzielte der 1. FC Kleve zwei Tore, ist mit Willen und guter Moral zweimal aus einem Rückstand zurück gekommen und hatte bis in die letzten Sekunden der vierminütigen Nachspielzeit die Gelegenheit, als Sieger den Platz zu verlassen.

Trotz des doppelten Punktverlustes wird dem Klever Trainer der Charakter seiner Mannschaft gefallen haben. Auch wird er mit Freude festgestellt haben, dass mit den eingewechselten Lukas Ehrhardt und Pascal Hühner kein Bruch ins Klever Spieler kam. Im Gegenteil: beide fügten sich nahtlos ein bereiteten zudem die Ausgleichstreffer zum 2:2 und 3:3 vor. Ein weiteres Plus war die Leistung von Innenverteidiger Sebastian van Brakel, der abseits seiner originären Aufgabe, mit Nedzad Dragovic das Abwehrzentrum dicht zu machen, überall da auftauchte, wo es brenzlig zu werden drohte. Dabei löste der ehemalige Gocher die allermeisten Aufgaben ohne Foul - eine besondere Qualität bei einem Abwehrspieler. Positiv in den Fokus traten nach der Pause in Sterkrade auch Mike Terfloth, Tim Haal und Niklas Klein-Wiele, die sich nicht zu schade waren, neben ihren reichlich bemessenen spielerischen Vorzügen die kämpferischen Tugenden einzubringen, um permanenten Druck gegen den Ball aufzubauen.

Doch es gab eben in Sterkrade zu diesen überzeugenden Momenten im Klever Spiel eine Halbzeit, in der die Rot-Blauen alles vermissen ließen, was sie später auszeichnete. So lautet denn auch das Urteil von Akpinar: "Dass der Gegner die erste Halbzeit dominieren konnte, lag an uns. Wir haben ihn dazu eingeladen." Der Klever Trainer ist davon überzeugt, dass sich im Saisonverlauf noch andere Mannschaften die Zähne an den Nordlern ausbeißen werden. "Wie es im Übrigen schon der SV Sonsbeck beim Saisonstart erfahren musste, als ihm eine 2:0-Führung aus der Hand genommen wurde und er am Ende froh war, wenigstens einen Punkt behalten zu haben."

Jetzt aber genug des Rückblicks. Punkt. Schluss. Aus. Vielleicht doch noch nicht ganz, denn gestern Abend beim Training wird der Klever Trainer im internen Kreis seine Mannschaft noch einmal zur Seite genommen und ihr gesagt haben, was gegen Sterkrade gut und was weniger gut gewesen war. Doch dann werden die Klever Spieler nervös mit den Hufen gescharrt haben, um sich mit einem leichten Anschwitzen auf das heutige, nicht alltägliche Pokalmatch mit Rot-Weiss Essen vorzubereiten.

Auf drei Akteure wird Akpinar verzichten müssen: auf Jannis Altgen (Ellenbogen-OP), Torwart Ahmet Taner (Schleimbeutel-Entzündung im Arm) und Otmar Maehouat (Urlaub). Ansonsten sind auf Klever Seite alle Mann an Bord. "Auf uns wartet eine große Herausforderung", sagt Akpinar, der seine Mannschaft gegen den Tabellenzwölften der Regionalliga West verständlicherweise als "Außenseiter" sieht. Dieser Einstufung sollte niemand etwas entgegenzusetzen haben. Es sei denn, man steht als Cheftrainer des 1. FC Kleve in der Verantwortung und ist lange genug in unterschiedlicher Funktion im Geschäft des Fußballs dabei gewesen. So einer mag sich ausmalen können, was in einem Pokalspiel passieren kann, in dem es ausschließlich um Sieg und Niederlage geht, ohne Option, in einem weiteren Spiel etwas korrigieren zu können. "Es ist Pokal. Da weiß man bei nur einem Spiel nie, was passiert", sagt Akpinar, der sich gemeinsam mit seinen Spielern und Trainerkollegen "auf diesen besonderen Abend bei Flutlicht und einer hoffentlich großen Kulisse" freut.

An der Ausrichtung seiner Mannschaft werde der A-Lizenzinhaber "großartig nichts ändern". "Wir haben unseren Stil, und den werden wir auch gegen Essen anzubringen versuchen", erklärt Akpinar und ergänzt "unter Beachtung der Stärken des Gegners". Der Klever Coach versichert, dass er über die Stärken, aber auch Schwächen des Gegners Bescheid wüsste. Ob durch Spielbebachtung oder auf anderem Wege wollte Akpinar nicht verraten. Nur so viel sagt er: "Wir haben unsere Quellen." Und damit sind bestimmt nicht die Informationen gemeint, die jedem mit einem schnellen Klick ins Netz offen stehen.

Nach sechs Spieltagen tut sich Rot-Weiss Essen in der Liga noch schwer. Einem Sieg und drei Unentschieden stehen zwei Niederlagen gegenüber. Mit 13 selbst erzielten Toren gehört der Angriff der Rot-Weissen zu den besseren Offensivreihen der Liga, allerdings bekleidet die Abwehr des Ruhrpottteams derzeit auch einen allerdings unrühmlichen Spitzenwert unter den 18 Viertliga-Teams. Keine Mannschaft kassierte bisher mehr Gegentore.

Was das bedeutet? Nicht viel, meinen die einen. Vielleicht geht da ja doch etwas, sagen andere. Und bieten Kleves Offensivkräfte wie Kürkciyan oder Hühner auf, die mit ihrer Schnelligkeit und technischem Vermögen jederzeit in der Lage sind, eine nicht ganz sattelfeste Abwehr aufzumischen. Die Absender für die dazu benötigten Schnittstellenpässe gibt es in Reihen der Rot-Blauen jedenfalls zu Genüge.

(RP)
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