Leichtathletik Der Höhenflug geht weiter

Kleve · Husarenstück von Lea Halmans aus Kevelaer: Die Leichtathletin gehörte bei der U 18-EM in Tiflis zur deutschen Mannschaft. Bei ihrem ersten Auftritt auf internationalem Parkett gelang der 17-Jährigen der Sprung ins Finale. Am Ende standen für sie eine Steigerung der Bestleistung im Hochsprung auf 1,78 Meter und ein guter achter Platz zu Buche.

 Vorbildliche Körperspannung beim Überqueren der Latte. Wie auf diesem Bild hinterließ die Kevelaererin auch bei der U 18-Europameisterschaft einen exzellenten Eindruck.

Vorbildliche Körperspannung beim Überqueren der Latte. Wie auf diesem Bild hinterließ die Kevelaererin auch bei der U 18-Europameisterschaft einen exzellenten Eindruck.

Foto: Birkenstock

Als Trainer Ludwig Klaassen den Kevelaerer SV verließ, weinte er den von ihm betreuten Athleten manche Träne nach. Eine besonders dicke galt der damals 12-jährigen B-Schülerin Lea Halmans. "Sie ist eines der größten Leichtathletik-Talente, die es im Kreis Kleve gibt", sagte Klaassen damals. Wenn bei ihr alles halbwegs normal weiter ginge, würde man in Zukunft noch viel von ihr hören. Doch damit ihr sportlicher Werdegang tatsächlich ungestört weiterlaufen konnte, schloss sich die Kevelaererin nach dem Verlust ihres Trainers dem benachbarten SV Sonsbeck an. Dort traf sie auf ähnlich gute Bedingungen wie in ihrem bisherigen Club.

Unter ihrem neuen Trainer Werner Riedel schrieb die heute 17-Jährige ihre Erfolgsgeschichte fort. In schöner Regelmäßigkeit brachte sie von den Kreismeisterschaften erste Plätze mit nach Hause, auch auf Landesebene stand sie auf dem Siegerpodest ganz oben. Dabei kam ihr zugute, dass sie von den Disziplinen her breit und leistungsstark aufgestellt ist. Das Grundlagentraining beim Kevelaerer SV neben den zweifellos vorhandenen Begabungen zahlte sich aus. Diese wurden von Trainer Riedel mit Augenmaß und ohne etwas zu überstürzen weiter entwickelt.

Von den Blockmehrkämpfen gelang ihr nahtlos der Übergang in die Königsdisziplin Siebenkampf, wobei sie mehr als nur eine Disziplin gut beherrscht. Der Hürdensprint gehört dazu, der Hochsprung mit ein paar Abstrichen auch und ganz besonders der Weitsprung. Hier stand sie den Spezialistinnen in nichts nach.

Vor zwei Jahren wurde Lea Halmans mit den Zwillingsschwestern Sonja und Judith Martens Deutscher Mannschaftsmeister im Siebenkampf der U 16-Schülerinnen. Das war der bis dahin größte Erfolg, der ihr, den Mannschaftskolleginnen und Trainer Riedel den Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde Sonsbeck einbrachte.

Vor wenigen Tagen setzte die Gymnasiastin noch einen drauf. "Vor Beginn der Saison hatten wir uns das Ziel gesetzt, im Weitsprung die Qualifikation für die U 18-Europameisterschaft zu schaffen", sagte Trainer Riedel. Doch dann nahm die Geschichte für Lea Halmans einen anderen, aber nicht minder schönen Verlauf.

Bei einem Schulsportfest vor anderthalb Monaten sprang die 17-Jährige 1,76 Meter hoch, verbesserte ihre eigene Rekordmarke und erfüllte gleichzeitig die EM-Norm. Bei der anschließenden U 18-Gala des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) in Walldorf legte sie vor den Augen des Bundestrainers Jörg Peter beim Überqueren anspruchsvoller Höhen erneut eine starke Vorstellung hin. Gegen 18 Konkurrentinnen gewann Halmans trotz nicht einfacher Bedingungen - es regnete während des Wettkampfes. Als Einzige übersprang sie 1,73 Meter, diese Höhe sogar im ersten Versuch und gehörte damit zum 49 Sportler zählenden Kader, der wenig später vom Münchener Flughafen in Richtung Tiflis abhob. Denn die offizielle Sprachregelung des DLV hieß vor Walldorf: Der Erstplatzierte jeder Disziplin wird bei erfüllter Normanforderung vorrangig für die EM nominiert. Beide Kriterien trafen auf Halmans zu, für die es der erste Wettkampf auf internationalem Parkett war.

Mit einer Menge Selbstbewusstsein machte sich die Kevelaererin auf den Weg. Ohne dabei die Realität aus den Augen zu verlieren. Vor dem Abflug erinnerte Halmans daran, dass die Jahresbestleistung in der U 18-Klasse bei 1,89 Meter liege. Von ihrer Bestmarke aus betrachtet war es bis dahin eine kleine Weltreise. "Dennoch werde ich alles versuchen, um das Finale zu erreichen." Auch ihr Trainer Werner Riedel, der seine Athletin nach Tiflis begleitete, hoffte auf den Endkampf. "Der Finaleinzug der besten Zwölf wäre fantastisch", meinte Riedel.

Bei der Vorentscheidung bewies Halmans Nervenstärke. Mit einer neuen Bestleistung erreichte die 17-Jährige tatsächlich das Finale, das zwei Tage später auf dem Zeitplan stand. Erstmals überquerte die Mehrkämpferin aus Kevelaer in einem Wettkampf 1,78 Meter. Über 1,57 Meter, 1,62 Meter, 1,67 Meter und 1,71 Meter, die sie problemlos meisterte, benötigte sie bei 1,75 Meter den dritten Versuch, um im Wettbewerb zu bleiben. Die anschließenden 1,78 Meter überflog Halmans im zweiten Versuch. 16 Hochspringerinnen ließ sie hinter sich.

Das Finale am Schlusstag der Europameisterschaft war für die Hochspringerinnen eine Tortur. Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel, das Stadion heizte sich bis auf 37 Grad auf, dazu kamen gesundheitliche Probleme, da viele Sportler das Essen nicht vertrugen und sich schlapp fühlten. Dazu gehörte auch Halmans, die zwei Kilo abgenommen hatte.

Die dadurch verminderte Kraft wurde schon bei den Anfangshöhen deutlich. "Neben der Kraft fehlte auch die Explosivität", urteilte Coach Riedel auf der Tribüne. Die "brutale Hitze" habe ihr Übriges dazu getan. Die 1,65 Meter und 1,70 Meter nahm die Sonsbecker Athletin mühelos. Doch bei 1,75 Metern war nach drei Fehlversuchen Schluss. Mit diesem Ergebnis landete sie auf Rang acht. Den Platz teilte sich Halmans mit drei Konkurrentinnen. Gold ging an die Schwedin Maja Nilsson, die die Latte bei 1,82 Metern übersprang.

Im ersten Moment war Halmans etwas enttäuscht. Doch nach wenigen Minuten konnte sie ihrem Abschneiden die guten Seiten abgewinnen. "Eigentlich bin ich sehr glücklich. Schließlich habe ich mir meinen Traum, bei der EM unter die besten Acht zu kommen, erfüllt."

(RP)
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