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Kleve · Die B-Juniorinnen vom SV Bedburg-Hau spielen eine überragende Saison. Viele Kämpferherzen sind im Fokus großer Vereine. Hauptaugenmerk von Trainer Sven Rickes ist die bedingungslose Disziplin der Mädchen.

 Die Kämpferherzen mit Trainer Sven Rickes.

Die Kämpferherzen mit Trainer Sven Rickes.

Foto: van Offern

Die B-Juniorinnen von der SV Bedburg-Hau spielen eine überragende Saison. Viele Kämpferherzen sind im Fokus großer Vereine. Hauptaugenmerk von Trainer Sven Rickes ist die bedingungslose Disziplin der Mädchen.

"Die waren nur so schwach, weil ihr so gut wart", leitet Trainer Sven Rickes seine Taktikanalyse zum 1:0-Sieg vom Wochenende gegen Blau-Weiß Mintard ein. Eines aber will er im Mannschaftskreis auf dem Kunstrasenplatz des 1. FC Kleve noch ansprechen: "Wenn die Keeperin am Ball ist, schieben die Außenverteidigerinnen hoch. Die Lösung braucht nicht immer lang zu sein. Eine Sechs muss abkippen, die andere hoch gehen."

Parallel dazu illustriert er seine Gedanken auf einer Taktiktafel. Sein Team ist die U17 der Kämpferherzen, das in der Niederrheinliga aktuell auf dem ersten Tabellenplatz rangiert.

Das Konzept "Kämpferherzen" ist seit 2011 ein äußerst erfolgreiches. "Wir wollen Mädchenfußball fördern und vereinsübergreifend Spitzensport erreichen", sagt Klaus Bartsch, Leiter des Talentförderzentrums in Warbeyen, zu dem die 22-köpfige Mannschaft von Rickes gehört. Auch verantwortet Bartsch das Scouting und sichtet Nachwuchsspielerinnen in Rees, Bocholt, Wesel und Kevelaer.

Drei Mal pro Woche trainieren die Kämpferherzen gemeinsam. Der Name entstammt einer Eltern-Idee: Da die Mädchen in der U10 sehr viel kleiner waren als ihre Gegnerinnen, mussten sie den Erfolg über den Kampf erzwingen. Den Titel dokumentierten sie damals auf Gruppen-T-Shirts zum Abschluss der Saison. "Kämpferherzen ist zu einer Marke geworden. Mittlerweile aber definieren sich die Mädchen nicht mehr ausschließlich über den Kampf", sagt Rickes. Seine Spielerinnen seien technisch beschlagen und taktisch gereift.

Zahlreiche Nachwuchs-Hoffnungen des U17-Teams stehen bereits im Fokus renommierter Vereine und sind zu Auswahlteams eingeladen. "Es ist mein größter Traum, einmal bei einem Bundesliga-Verein zu spielen und in die Nationalmannschaft berufen zu werden", sagt Sophie Schneider (15), die mit ihren neun Saisontoren eine der Top-Torschützen ihrer Elf ist. "Meine größten Stärken sind meine Schnelligkeit und Technik. Als Rechtsaußen oder als "Zehn" kann ich die am besten ausspielen", erklärt Sophie ihren Erfolg.

"Der Motor dieser Mannschaft ist Sven Rickes. Er ist 24 Stunden am Tag für die Mannschaft erreichbar", sagt Bartsch. Die Spielerinnen dürfen ihn duzen, denn Autorität gewinne man nicht durch Distanz, sondern durch Kompetenz. Die Fachkompetenz hat er sich selber durch Lizenzlehrgänge, Videos, Bücher und durch Gespräche mit Trainerkollegen angeeignet. Besonderen Wert legt er auf Grundwerte der Zusammenarbeit: Seine Spielerinnen mussten ihre Unterschrift unter einen 10-Punkte-Katalog setzen, mit dem sie sich unter anderem zu Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Kampfbereitschaft verpflichten. Mobbing, Grüppchenbildung und Lästereien lehnt das Team ab. "Wir achten sehr auf Disziplin. Ich stelle die Mädchen vor die Frage: Party oder Profi? Wer sich für Letzteres entscheidet, verzichtet beispielsweise auf übermäßigen Alkoholkonsum", sagt der Familienvater.

Warum das Projekt der Kämpferherzen ausgerechnet am unteren Niederrhein so erfolgreich ist, liegt für den Trainer auf der Hand: "Wir haben hier in der Region in jedem Dorf einen Fußballverein. Da fühlen sich die Spieler in der Kreisliga B wie Champions. In China versucht man, Fußball per Staatsdekret zu verordnen. Hier ist der Sport, und eben auch Frauenfußball, ein Kulturgut", sagt Rickes, der seine Spielerinnen gemeinsam mit den Co-Trainern Josef Leygraaf und Florian Bahl betreut. Auch die gelebten Werte seien für ihn eng mit dem Niederrhein verbunden.

Während der Trainingseinheit üben die Kämpferherzen Pässe in die Tiefe, bilden gleichzeitig immer wieder Passdreiecke und sind permanent in Bewegung. Im Hintergrund schallen aus einer kleinen Box über den ganzen Trainingsplatz die aktuellen Charts. "Wir sind eine total positive Mannschaft. Als Spielerin will ich natürlich später bei großen Vereinen spielen. Aber noch wichtiger sind mir die Ziele der Mannschaft", sagt Top-Torjägerin Julia Hülsken (16).

Das nächste Ziel für die Kämpferherzen ist neben dem Ligaspiel gegen Bocholt die Integration möglichst vieler Spielerinnen in die Frauen-Landesliga-Mannschaft des VfR Warbeyen.

(RP)
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