Sportschießen Mit Pfeil und Bogen auf Schwein und Uhu

Kleve · Bei der Europameisterschaft holt sich Antonia Mann von der Pfalzdorfer Alemannia den zweiten Platz in der Frauen-Konkurrenz. Ihr Trainer Michael Böhm belegt unter 880 Teilnehmern den 42. Platz. Nächstes Ziel ist die WM in Ungarn.

 Mittels eines optischen Visiers nimmt Bogenschütze Holger Urselmanns das Ziel in den Blick.

Mittels eines optischen Visiers nimmt Bogenschütze Holger Urselmanns das Ziel in den Blick.

Foto: Gottfried Evers

Das Schwein hat es sich gemütlich gemacht. 30 bis 40 Meter weiter steht aber jemand, der es erlegen will. Am besten mittig in die sogenannte innere Killzone. Dafür gibt es die meisten Punkte. Das Schwein hätte so keine Chance zum Überleben. Doch in diesem Fall geht es nicht um eine Jagd. Die Schweine sind auch keine echten Tiere, sondern aus einem speziellem Material gefertigt, das so leicht nicht kaputt geht. Und die Schützen haben auch kein Gewehr in der Hand, sondern einen Bogen und nahmen in Frankreich an der Europameisterschaft im Bogenschießen teil.

 Training auf der Anlage am Gocher Berg: Die Bogenschützen Michael Böhm, Holger Urselmanns, Andy Fust (v.l.) nehmen das Sportgerät in den Anschlag.

Training auf der Anlage am Gocher Berg: Die Bogenschützen Michael Böhm, Holger Urselmanns, Andy Fust (v.l.) nehmen das Sportgerät in den Anschlag.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Unter den 880 EM-Teilnehmern waren auch drei aus Pfalzdorf. Michael Böhm, erster Vorsitzende der Bogenschießabteilung der Alemannia, reiste gemeinsam mit Antonia Mann sowie Michael Kuchenbecker nach Frankreich. Dort trafen sie auf rund 2000 Bogenschützen aus allen Teilen Europas. Acht Tage später waren sie wieder zurück in Goch. Im Gepäck eine Menge von Eindrücken und gute Platzierungen. Die Beste war Antonia Mann, die mit 1649 Punkten in der Klasse Freestyle-Unlimited (FU) die zweitbeste Deutsche wurde. In der Gesamtwertung reichte es zu einem hervorragenden zwölften Platz.

Ihr Trainer und Mitfahrer Michael Böhm startete ebenfalls in der FU und erreichte Platz 42, Kuchenbecker war in der Bowhunter-Recurve-Klasse unterwegs und brachte es auf Rang 100. "Es war eine echte Herausforderung", findet Böhm nun mit etwas Abstand. An fünf von sieben Tagen mussten die Teilnehmer einen Schießparcours bewältigen, der jeden Tag neue Aufgaben enthielt. Sieben Stunden dauerte jeder Durchlauf.

Geschossen wurde immer auf Tierattrappen, die unterschiedlich weit entfernt standen. Das Schwein als eines der etwas größeren Tiere stand 30 bis 40 Meter weit weg. Eine größere Entfernung hatten nur noch Ziegen oder Hirsche, die bis zu 50 Meter weit weg stehen konnten. Der Uhu konnte 20 bis 32 Meter entfernt aufgebaut sein, und die kleinsten Tiere, beispielsweise eine sogenannte Schnecke, mussten aus neun bis 20 Meter Entfernung getroffen werden. Die Punkte waren bei jedem Tier dieselben. Unterschieden wurde nur in Zonen. Wenn der Schütze die innere Killzone getroffen hat, wurde ihm die Maximalpunktzahl von 50 Zählern gut geschrieben. Mit dem Treffen der äußeren Killzone konnten Teilnehmer immerhin noch 20 bis 40 Punkte sammeln. Steckte der Pfeil nur allgemein im Tier, wurde das Punktekonto immerhin noch um zehn Zähler erweitert.

Für Michael Böhm lief besonders der erste Tag gut. Da hatte er nämlich die Maximalpunktzahl von 560 Zählern nur um 20 Punkte verfehlt. "An den anderen Tagen bin ich dagegen etwas eingebrochen", sagt Böhm schmunzelnd. Mit seinem Platz unter den Top 50 war er trotzdem zufrieden. Das harte Training vor der EM hatte sich ausgezahlt. "Wir standen jeden Tag auf dem Übungsplatz", berichtet der Industrieingenieur.

Wochentags trafen sich alle Bogenschützen der Alemannia auf der Anlage am Gocher Berg. In klassischer Manier wurde mit Pfeilen auf eine Holzscheibe geschossen, damit sollte vor allem die Treffsicherheit geübt werden. Da bei Europa-, Welt- und deutscher Meisterschaft aber auf Tier-Attrappen gezielt wird, sind sie am Wochenende zu Wettkämpfen gefahren, bei denen entsprechende Parcours absolviert werden mussten. "Zweimal sind wir in Gütersloh und in Anheim gewesen", so Böhm, der neben dem Bogentraining auch noch zweimal pro Woche schwimmen geht, damit sich sein Kreislauf stabilisiert.

Zum Bogenschießen ist der heutige Halb-Profi aus gesundheitlichen Gründen gekommen. "Ich habe einen Bürojob, in dem ich mich kaum bis gar nicht bewege. Dadurch habe ich Rückenschmerzen bekommen, und mein Arzt hat mir empfohlen, die mit Sport zu bekämpfen", erklärt Böhm. Da Bogenschießen sogar zum Reha-Sport gehört, den ein Arzt bei Rückenschmerzen häufig verschreibt, hat er damals kurzerhand zum Bogen gegriffen. Schon enig später war er beschwerdefrei und hat sogar einige Kilos abgenommen. "Sehr zur Freude meines Arztes", sagt Böhm.

Da ihm der Bogensport aber nicht nur als Hobby gefiel, hat er sich auch zum Trainer ausbilden lassen und an der Universität in Nimwegen noch eine zusätzliche Qualifikation abgelegt. Er darf seitdem sogar Menschen mit einer Behinderung trainieren. "Das macht mir und ihnen sehr viel Spaß. Die freuen sich, dass jemand mit ihnen so etwas macht", sagt Böhm und ergänzt, dass er im Training mit Rollstuhlfahrern sogar selbst im Rolli Platz nimmt. "Da ist der Bogensport vor allem für die Bein- und Gesäßmuskulatur anspruchsvoll und nicht so für die Rückenmuskulatur wie sonst."

Das nächste Ziel der Bogensportabteilung der Alemannia Pfalzdorf wird die Weltmeisterschaft in zwei Jahren in Güdüllö (Ungarn) sein. Dort möchte sich Böhm wieder unter den besten 50 platzieren. Allerdings bei dreimal so vielen Teilnehmern wie bei der EM in Frankreich. Bis dahin wird er noch sehr oft auf der Anlage in Pfalzdorf stehen und weiter an seiner Treffgenauigkeit feilen.

(pets)
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