Lokalsport Mit ruhiger Hand in die Vollen

Kleve · Justin Michels aus Kleve ist Deutscher Jugendmeister im E-Dart. Immer mehr Jugendliche interessieren sich für den Sport.

 Sind mit Begeisterung bei der Sache: (von links) Jeremy-Pascal Schulz, Justin Michels, Justin Nico Schau und Justin Schmidt-Kunter.

Sind mit Begeisterung bei der Sache: (von links) Jeremy-Pascal Schulz, Justin Michels, Justin Nico Schau und Justin Schmidt-Kunter.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Absolute Stille herrscht in der kühlen Halle. Selbst die Automaten, die bis vor wenigen Momenten noch unaufhörlich Piepgeräusche von sich gaben, geben keinen Ton mehr von sich - bis auf eine. Dort stehen Justin Michels (12) und Justin Schmidt-Kunter (15) und versuchen ihre Pfeile möglichst gut zu platzieren. Beide wollen Deutscher Jugendmeister im E-Dart werden. Zweimal hatte der Zwölfjährige schon die Möglichkeit, das Match für sich zu entscheiden, beide Male "überwarf" er sich. Die dritte Möglichkeit zum Titelgewinn nutzt Michels, der Dartpfeil landet im passenden Feld. "In diesem Moment konnte ich es kaum fassen, den ganzen Tag war ich geflasht. Erst am nächsten Tag verstand ich das Ganze", erzählt der frischgebackene Deutsche Jugend-Dartmeister.

Auf diesen entscheidenden Pfeil hatte Justin in den vergangenen Jahren hingearbeitet. Mit acht Jahren bestritt er sein erstes Match. Rainer Voss, ein befreundeter Dartspieler der Familie, war der erste Gegner des jungen Talents. Er kann sich noch genau an den besagten Tag erinnern. "Mein Team spielte damals gegen Tamara Michels' Mannschaft. In der Aufstellung sah ich, dass ich gegen ihren Sohn Justin spielen sollte. Zuerst dachte ich, das wäre ein Witz, aber die meinten das ernst", erinnert sich Voss.

 Justin Michels - zwölf Jahre jung und bereits Deutscher E-Dart-Meister. Im Hintergrund sind E-Dart-Automaten zu sehen.

Justin Michels - zwölf Jahre jung und bereits Deutscher E-Dart-Meister. Im Hintergrund sind E-Dart-Automaten zu sehen.

Foto: Gottfried Evers

Was dann geschah, war für alle eine Überraschung. Mit den ersten drei Pfeilen erzielte Justin Michels 160 von 180 möglichen Punkten. Ein hart umkämpftes Match folgte. Der damals Achtjährige verlangte dem erfahrenen Voss sein ganzes Können ab. Am Ende bezwang zwar der Erwachsene den jungen Herausforderer, einfach war es allerdings nicht.

Vielleicht kann man Justin als Naturtalent bezeichnen. Ohne Training geht es bei ihm aber auch nicht. Gemeinsam mit seinem Vater steht er an jedem Tag vor der Dartscheibe und wirft einen Pfeil nach dem anderen auf das kreisrunde Trainingsgerät. "Ich muss üben, denn ohne Übung kann ich nicht besser werden", erklärt der junge Dartspieler.

Wie in jeder anderen Sportart ist ein gewisses Talent von Vorteil, aber ohne hartes Training wird man nicht weit kommen. Dart erfordert ein hohes Konzentrationsvermögen und ein ständiges Wiederholen von Bewegungsabläufen. "Zuerst wirft man 100 Pfeile auf die einfache 20, dann das Gleiche auf das Doppelfeld, und so macht man das mit den anderen Feldern", beschreibt der 15-jährige Justin-Nico Schau einen typischen Trainingsablauf.

In den vergangenen Jahren hat der Dartsport an öffentlicher Präsenz zugenommen. Der Fernsehsender "Sport 1" überträgt regelmäßig die Top-Events des Dartsports. Dennoch sind es meist die Eltern, die das Interesse für den Sport bei ihren Kindern wecken. So war es auch bei Justin Schmidt-Kunter. "Mit meiner Mutter ging ich zu den Spielen meines Vaters. So fing ich an, mich dafür zu interessieren", sagt der 15-Jährige.

Jeremy-Pascal Schulz, zwölf Jahre jung, fing mit dem "Darten" erst in diesem Jahr an. Zusammen mit seinem Ziehvater Axel Busch trainiert er für sein großes Ziel Slowenien. Dort geht im kommenden Jahr die Jugend-Europameisterschaft über die Bühne. Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg, meint Busch. "Jeremy setzt sich vor allem selbst unter großen Druck", führt er weiter aus. Dass der Junge Potenzial hat, musste Axel Busch am eigenen Leib erfahren. In einem erbittert geführtem Match konnte der Zwölfjährige den erfahrenen Dartspieler mit 2:1 bezwingen.

Die Deutsche Jugendmeisterschaft, die kürzlich im Teamsports Hasselt stattfand, war die erste Großveranstaltung dieser Art am unteren Niederrhein. Es soll nicht die letzte gewesen sein. Thomas Walczak, Leiter der Niederrhein Dart Liga (NDL), und Tamara Michels, Jugendleiterin der Liga, haben das Ziel, die Sportart zu etablieren und auszubauen. Langfristig soll eine Jugend-Dartliga aufgebaut werden. Es geht ihr aber nicht allein um das Spiel, sondern auch um die damit verbundenen Begleittugenden, die Außenstehende nicht unbedingt im Blick haben. "Dart verbessert die mathematischen Fähigkeiten bei jungen Menschen, außerdem fördert es die Konzentration. ADHS gibt es bei unseren Sportlern nicht", preist Tamara Michels die Vorzüge des Sports, der das ihm oft zugeschriebene Kneipenmilieu in den vergangenen Jahren verloren hat.

Walczak bietet eine besondere Form der Sportart an - sogenanntes "Radikal Darts". Eine Spielform, bei der man sich mit Gegnern aus aller Welt messen kann. Wie das funktioniert? "Die Automaten, an denen gespielt wird, sind mit dem Internet verbunden. Mithilfe von Webcams können sich die jeweiligen Spieler dann sogar sehen", erklärt der Ligaleiter. Regelmäßig veranstaltet er offen ausgeschriebene Turniere, bei denen ein Preisgeld bis zu 150 Euro gewonnen werden kann. Auch er hofft, dass immer mehr Jugendliche die Vorzüge des Darts entdecken. "Deswegen brauchen wir auch eine Jugendliga. So können die Jung-Spieler sich messen und sehen, wo sie sich noch verbessern müssen", sagt Walczak.

(Nan)
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