Lokalsport Scheibenschießen auf Gummi-Oldie Janßen

Kleve · Ehemalige Fußballstars im Kleverland (9): Torhüter Willi Janßen absolvierte 25 Bundesligaspiele und hielt mit Kleve gegen FC Barcelona.

 Willi Janßen, Jahrgang 1947, ist gelernter Kfz-Mechaniker und Vater zweier Söhne. Er lebt ganz in der Nähe vom Platz an der Königsallee in seinem 1976 errichteten Haus

Willi Janßen, Jahrgang 1947, ist gelernter Kfz-Mechaniker und Vater zweier Söhne. Er lebt ganz in der Nähe vom Platz an der Königsallee in seinem 1976 errichteten Haus

Foto: Klaus-Dieter Stade

Deutschland ist das Land der weltbesten Torhüter. Auch vom unteren Niederrhein kamen zwei Torleute zum Vorschein, die in der 1. Bundesliga Partien bestritten. Da ist zum einen Andreas Wessels zu nennen, der andere ist Willi Janßen, der für Rot-Weiß Oberhausen auflief. Janßen, Jahrgang 1947, gelernter Kfz-Mechaniker, Vater zweier Söhne, der nur einen Steinwurf von dem legendären Platz an der Königsallee in seinem 1976 errichteten Haus lebt, begann mit sechs Jahren seine Karriere in der Knabenmannschaft des SC Kleve 63 als Torwart.

In der Schülerelf lief er als Verteidiger und Mittelfeldspieler auf, um dann in der B- und A-Jugend wieder im Tor zu stehen. Bei den Senioren wechselte er sich mit der SC-Legende Heinz Thönnißen im Kasten für zwei Jahre ab. Danach spielte er in der Reserve, die in die Bezirksliga aufstieg. Doch er wurde von Trainer Fritz Claaßen wieder in die 1. Mannschaft hochgeholt, und in der Saison 1968/69 gelang dem SC der Aufstieg in die Verbandsliga, damals die höchste Amateurliga. In dieser Zeit bekam er seinen Spitznamen "Stulle" von seinem Mitspieler Wolfgang "Kiki" Verheyen verpasst. Denn er aß nach jedem Spiel sein mitgebrachtes Butterbrot. "Verheyen sagte zu mir: "Was hast du denn da für eine Stulle? Seitdem werde ich so gerufen", erinnert sich der 70-Jährige.

 August 1982: Der FC Barcelona macht mit all seinen Stars seine Aufwartung im Hoffmann-Stadion. "Stulle" zeigte sich trotz vier Gegentoren von der besten Seite.

August 1982: Der FC Barcelona macht mit all seinen Stars seine Aufwartung im Hoffmann-Stadion. "Stulle" zeigte sich trotz vier Gegentoren von der besten Seite.

Foto: Stade Klaus-Dieter

In einem Vorbereitungsspiel zur Verbandsligasaison 1970/71 gewann der SC gegen Rot-Weiß Oberhausen mit 2:1, "Stulle" bot eine Klasseleistung. Kurze Zeit später führte er mit Oberhausens Vorsitzenden Maaßen sowie Kleves Fischer Gespräche, um den Wechsel zu bewerkstelligen. "Ich machte noch drei Spiele für die ,Blauen', und fuhr nach einem Anruf von Maaßen mit meinem Schwiegervater nach Oberhausen, um alles perfekt zu machen. Ich erhielt für ein halbes Jahr einen Amateurvertrag, der dann, nach dem ich bei den Profis mittrainierte, in einen Profivertrag umgewandelt wurde. Ich wohnte in Oberhausen, und als Profi musste ich morgens und mittags trainieren, vorher arbeitete ich noch halbtags. Unter Trainer Adi Preißler bestritt ich aber kein Bundesligaspiel".

Am 22.November 1971 spielte RWO in Essen vor 3000 Zuschauern gegen RWE, bei denen Willi "Ente" Lippens mitkickte. "Außer einem Händedruck hatten wir keinen näheren Kontakt, er war ja ein ,Roter' vom VfB Kleve". Sogar im Ruhrpott gab es noch die Rivalität zwischen den beiden Klever Vereinen.

In der folgenden Saison bestritt Janßen vier Einsätze als Einwechselspieler, ehe er in der Spielzeit 1972/73 wegen der Verletzung seines Kollegen Wolfgang Scheid, mit dem er sich gut verstand, 21 Begegnungen absolvierte, aber am Ende stand der Abstieg der "Kleeblättler". Laut Kicker erreichte er einen Notendurchschnitt von 2,85. "Das war eine schöne Zeit mit schönen Hallenturnieren. Nach München sind wir geflogen, zu den anderen Spielen fuhren wir mit dem Mannschaftsbus. Ich habe mit bekannten Größen wie Ditmar Jakobs, Jupp Tenhagen, Uwe "Funkturm" Kliemann sowie den Kobluhn-Brüdern zusammen gespielt. Nach dem Abstieg erhielt ich ein Angebot von 1860 München, doch der Wechsel scheiterte, weil RWO 130.000 DM Ablöse verlangte. Schade, dass es nicht klappte", schwärmt Janßen von der RWO-Zeit.

Er hatte noch einen Optionsvertrag mit RWO, aber um wieder für die "Blauen" zu spielen, verzichtete er auf den Vertrag. Er wurde Stammtorwart beim SC und in der Saison 1981/82 stiegen die Klever wieder in die Verbandsliga auf. Dann kam das Highlight für den Verein wie auch für ihn persönlich im August 1982, denn der FC Barcelona machte mit all seinen Stars seine Aufwartung im Hoffmann-Stadion. "Stulle" war dabei und zeigte sich trotz vier Gegentoren von der besten Seite. "Scheibenschießen auf Gummi-Oldie Janßen" so titelte die RP damals. "Auf der Linie unschlagbar, in der Strafraumbeherrschung mit kleinen Schwächen", so charakterisiert er sich augenzwinkerd selbst. Er hatte immer gute Vorderleute wie Alfred Hommels, Norbert Lange, Manni Priewe sowie Achim Tenhaft. Auch einige holländische Spieler wie Robby Kuijpers und Wout Blyderveen zählten zu seinen Mitspielern.

Im Januar 1985 hörte er nach Differenzen mit dem damaligen Trainer Ab Alberts beim SC mit 37 Jahren auf und heuerte für anderthalb Jahre beim Bezirksligisten BV Kellen an. Er kehrte als Trainer der A-Jugend und Reserve zum Bresserberg zurück und stand noch mit 50 Jahren, wenn Not am Mann war, im Tor. Bis auf einen Ellbogenbruch in der Jugendzeit blieb Janßen vom Verletzungspech verschont. Und er hat immer noch in etwa sein Kampfgewicht von jetzt 81 zu damals 74 Kilogramm bei einer Größe von 1,81m. In einem Reservespiel sah er eine verdiente Rote Karte. Seine Lieblingstrainer waren Fritz Claaßen, dem er besonders viel zu verdanken hat sowie Klaus Quinkert.

Zu einigen ehemaligen RWO-Spielern hat er noch Kontakt, und er bekommt jährlich etliche Autogrammwünsche per Post. Er soll auf dem Konterfei im RWO-Trikot unterschreiben, dem er gerne nachkommt. Die alten "Blauen" treffen sich einmal im Monat im Materborner "Ratskrug" zum Plausch über alte, bessere Zeiten. Als er noch mit seiner viel zu früh verstorbenen Frau die SC-Vereinskneipe am Bresserberg führte, machte er das Billardspielen zu seinem Hobby. Heute spielt er regelmäßig bei "Rot-Weiß Kleve" in der 1.Klasse. Zur jetzigen Vereinsführung des 1. FC Kleve hat er keinen Kontakt, da er mit deren Vorstandsarbeit nicht einverstanden ist.

"Ich freue mich, dass die Torhüter-Dynastie Janßen weiter fortgeführt wurde und wird. Mein Sohn Michael hielt den Kasten in der Landesliga unter Trainer ,Pille' Gecks sauber. Mein Enkel Bjarne steht in der FC-A-Jugend im Tor und dessen kleiner Bruder ist beim SSV Reichswalde als Torwart aktiv", schildert Willi "Stulle" Janßen am Ende des Gespräches. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(RP)
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