Radsport Wyler fasziniert vom Radsportspektakel

Kleve · Der 99. Giro d'Italia machte für einen kleinen, aber historischen Moment einen Abstecher auf deutsches Gebiet.

 Die Rennfahrer riskierten entgegen der Erwartung einiger an der Spitzkehre in Wyler nicht allzu viel. Schließlich hatte der Giro d'Italia gerade erst begonnen.

Die Rennfahrer riskierten entgegen der Erwartung einiger an der Spitzkehre in Wyler nicht allzu viel. Schließlich hatte der Giro d'Italia gerade erst begonnen.

Foto: Gottfried Evers

Rund 3.383 Kilometer lang ist die Gesamtstrecke des zum 99. Mal ausgetragenen Giro d'Italia, dem nach der Tour de France wichtigsten Etappen-Radrennen der Welt. In diesem Jahr startete die dreiwöchige Rundfahrt in der niederländischen Provinz Gelderland. Auf der zweiten Etappe von Arnheim nach Nimwegen am vergangenen Samstag fuhren der Tross und die knapp 200 Radprofis auch über deutsches Territorium. Genauer gesagt durch den Kranenburger Ortsteil Wyler.

 Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins im Fernsehinterview.

Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins im Fernsehinterview.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Hier galt es für das Peloton aus Ubbergen kommend vor dem Lotto- und Reisecenter Hagemann eine anspruchsvolle Spitzkehre mit einer Geschwindigkeit von rund 40 Kilometern in der Stunde sturzfrei zu überstehen und dann die Hauptstraße über Beek in Richtung Etappenziel Nimwegen einzuschlagen. Bei herrlichstem Sonnenschein und von zahlreichen Zuschauern dicht gesäumten Straßen herrschte seit dem Mittag Volksfeststimmung in Wyler. Denn bereits kurz nach der Bekanntgabe des Streckenverlaufes hatten Klaus van Horrik und Martin Fleskes die Idee, aus der Durchfahrt ein Event zu machen.

 Dicht von Zuschauern gesäumt waren die Straßen entlang der Strecke.

Dicht von Zuschauern gesäumt waren die Straßen entlang der Strecke.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

"Wir sind an unseren Bürgermeister Günter Steins herangetreten, und er hat uns sofort seine Zusage zur Unterstützung gegeben. Mit der Freiwilligen Feuerwehr Wyler und der St.-Johannes-Schützenbruderschaft konnten wir genug Manpower aufbieten, den logistischen Part wie die Organisation des Bierwagens und die Absperrungen durch den Bauhof hat dann der Bürgermeister übernommen", erklärte van Horrik freudestrahlend.

Zudem konnten die Organisatoren das Café-Haus Niederrhein dazu gewinnen, vor Ort für das leibliche Wohl der Zuschauer zu sorgen. Auch ein Sponsorenclub hatte sich gebildet, der tatkräftig mitgeholfen hat. "Der Erlös aus dem Verkauf der Speisen und Getränke kommt der Dorfgemeinschaft Wyler zugute", sagte van Horrik, der sich auf Grund des riesigen Zulaufes rund um das Reisecenter Hagemann bestätigt fühlte, dass die Anstrengungen nicht umsonst gewesen waren. Dank des tollen Wetters und der Wochenendtipps im Radio- und Fernsehprogramm des Westdeutschen Rundfunks fanden wohl rund 500 Radsportbegeisterte den Weg zur alten "grünen Grenze".

Neben vielen Zuschauern beiderseits der Grenze, die eine stimmungsvolle Atmosphäre links und rechts der Strecke schufen und ihr "Feestje" feierten, scheuten sich auch viele von weiter angereisten Fans nicht, einen Kurztrip an die deutsch-niederländische Grenze zu machen. Und überall in unterschiedlichen Ausprägungen mit dabei das Rosa, die Farbe des Giro.

"Wir haben heute morgen im Radio davon gehört und dann spontan beschlossen, loszufahren" erklärte dass Ehepaar Hohrlemann aus Dortmund, das bereits seit halb zwölf dem Treiben in Wyler entspannt zuschaute. "Es ist komisch, die Passage des Feldes dauert nur eine kurze Zeit, aber die Atmosphäre ist echt toll und viel intensiver, als wir erwartet haben."

Auch Meli Nunzio aus Arnsberg zeigte sich angetan von dem stimmungsvollen Treiben entlang der Hauptstraße. Der Italiener, gekleidet im "Maglia Rosa", dem Rosa-Trikot des Führenden, scheute die rund zweistündige Anfahrt aus dem Sauerland nicht, um seinen Landsleuten nah zu sein. "Leider mussten Freunde von mir absagen, und so bin ich allein gekommen. Ich werde mir erst das Rennen ansehen und dann ein Zimmer suchen, um auch beim Start der dritten Etappe in Nimwegen dabei zu sein."

Ebenso nutzten Radsportfans aus der Region die seltene Gelegenheit, ihre sportlichen Vorbilder live zu sehen. So zum Beispiel die insgesamt zehnköpfige Truppe der Rad-Sportabteilung der DJK Schwarz-Weiß Twisteden. "Wir fahren auch immer wieder nach Frankreich zur Tour, um dort besonders die Bergetappen mitzuerleben und diese dann auch selbst zu bewältigen. Und bei einem solchen Ereignis vor der Haustür schaut man dann natürlich auch vorbei." Wobei der Begriff Haustür relativ zu sehen war, denn insgesamt 120 Kilometer legten die Twistedener für diesen "Besuch vor der Haustür" auf ihren Rennrädern zurück.

Nichts dem Zufall in punkto Sicherheit überließ die Polizei des Kreises bei dieser Veranstaltung. Obwohl die Gesamt-Durchfahrtzeit der Werbekarawane, der dreiköpfigen Ausreißergruppe und des gesamten Giro-Trosses zusammengenommen vielleicht gerade einmal 15 Minuten dauerte, sicherten rund 20 Polizisten seit dem Vormittag die Strecke ab. "Im Vorfeld haben wir natürlich auch mit den niederländischen Kollegen gesprochen, um die Details zu klären. Für uns ist es vom Einsatz her einer wie viele andere auch, das Ereignis als solches ist natürlich schon etwas Besonderes", erklärte Polizei-Hauptkommissar Christoph Ploß.

Um kurz vor halb fünf war dann der sportliche Teil erledigt. Begleitet von zwei Hubschraubern für die Live-Fernsehbilder, zahlreichen Team-Fahrzeugen und Motorrädern zog der Giro-Tross weiter in Richtung Nimwegen. In Wyler jedoch nutzte man Gelegenheit und Wetter, um noch einige stimmungsfrohe Stunden bei dem herrlichen Sommerwetter miteinander zu verleben.

(RP)
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