Kleve Stolpersteine erinnern an Nazi-Opfer

Kleve · Das Haus der Begegnung "Mifgash" organisiert mit der Stadt an sieben Plätzen in Kleve die Verlegung von Steinen zum Gedenken an Klever Bürger, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen.

13 Namen, 13 Bürger der Stadt Kleve, 13 Lebensschicksale, die durch die antijüdischen Machenschaften des NS-Regimes in den Jahren ab 1933 jäh zerstört wurden durch Ausgrenzung und Diskriminierung, Deportationen in Konzentrationslager, durch Ermordung.

An sieben verschiedenen Stellen in der Klever Innenstadt werden am Montag, 10. Juli, zwölf Stolpersteine verlegt, auf denen die Namen dieser ehemaligen Klever Bürger zu lesen sind, damit man sich an sie erinnert. Das "Haus der Begegnung - Beth HaMifgash" organisiert mit der Stadt Kleve zum dritten Mal die Verlegung der Stolpersteine, die 1992 von dem Künstler Gunter Demnig initiiert wurde.

Mit der aktuellen Verlegung werden dann über 60 Steine in Kleve an Bürger der Stadt erinnern, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. "Das Fundament unserer Tätigkeit ist Erinnerungsarbeit", sagt Ron Manheim, Kunsthistoriker und Mitarbeiter bei "Mifgash". Nur wer sich erinnere, könne sinnvolle Zukunftsarbeit leisten, so Manheim weiter. Es gehe auch nicht nur um die vergangene Diskriminierung der Juden, sondern das Projekt arbeite jeglicher Form der Diskriminierung entgegen.

Die Historikerin Helga Ullrich-Scheyda hat mit der Arbeitsgruppe Geschichte die Lebensläufe der 13 Personen erforscht. "Es sind durchweg Mitbürger gewesen, die fest im Stadtleben von Kleve verankert waren. Ärzte, Juristen, Fotografen, die sich am Gesellschaftsleben beteiligten", berichtet Helga Ullrich-Scheyda. Die Recherche-Arbeit war nicht immer einfach. Zeitzeugen sind inzwischen alt oder wohnen gar nicht mehr in Deutschland. Dennoch gelang es, reichhaltiges Fotomaterial zu bekommen. Bewegend die Geschichte von Lotte Spier, geb. Weyl, und dem Klever Arzt Dr. Ernst Spier. Wie die Historikerin berichtet, war Lotte Spier die Tochter von Louis Weyl, der bis 1929 gemeinsam mit seinem Bruder David das vom Vater 1878 gegründete Kaufhaus Weyl (heute Kaufhof) betrieb. Als Ehefrau von Ernst Spier erlebte sie ab 1933, wie ihr Mann von der SA drangsaliert, seine Patienten bedrängt und er selbst sogar von Kollegen diskriminiert wurde. Aus Verzweiflung nahm sich die junge Frau 1936 das Leben. Ernst Spier gelang die Emigration in die USA, wo er 1968 starb. Ein Foto von der Hochzeitsfeier des Ehepaars, das Helga Ullrich-Scheyda durch intensive Nachforschungen finden konnte, zeigt eindrücklich, wie die Menschen kurz vor der NS-Katastrophe noch glücklich zusammen waren. An der Hagschen Straße 66-68 werden zwei Steine an sie erinnern. An der Kasino Straße 2 wird an Dorothea und Wilhelm Ballizany sowie Siegfried Cosman erinnert. Siegfried Cosman, dessen Familie nachweisbar seit 1739 in Kleve lebte, war ein angesehener Kaufmann, der sich sozial engagierte und bei der Betreuung verwundeter Soldaten des Ersten Weltkrieges half. Dorothea Cosman war Ehefrau des Fotografen Wilhelm Ballizany. Noch heute ist der Name des Fotoateliers Cosman-Ballizany in Kleve bekannt. Alle wurden Opfer des Nationalsozialismus. "Es sind alles ganz individuelle Lebensläufe", sagt Helga Ullrich-Scheyda. "Sie zeigen, wie die Verbrechen des Hitler-Regimes die Existenzen komplett zerstört haben." Bei der Verlegung werden Wortbeiträge von Mitarbeitern aus dem "Haus der Begegnung" und Unterstützern die Arbeit von Gunter Demnig begleiten. "Die Verlegung ist kein closed Shop", sagt Mifgash-Mitarbeiter Edmund Verbeet. Die Öffentlichkeit sei herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Ein Bläser-Ensemble des Konrad-Adenauer-Gymnasiums unter der Leitung von Sebastian Thimm wird die Aktion musikalisch umrahmen. Sprechen werden unter anderem Bürgermeisterin Sonja Northing, Pfarrer Martin Schell und für die Interessengemeinschaft Kreis Klever Ärzte Dr. Hans Nowottnik.

(ath)
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