Kleve-Kellen Tannenzweige statt Kokosnuss-Blume

Kleve-Kellen · Die Austauschschüler Manuel Rios und Guido Colombino kommen aus Paraguay und verbringen das Fest erstmals in einem fremden Land. Hiesige Traditionen wie der Schoko-Adventskalender begeistern die beiden Südamerikaner.

 Manuel Rios, Robin Tyssen und Guido Colombino, v.l., bekleben ein Lebkuchenhaus mit Süßigkeiten.

Manuel Rios, Robin Tyssen und Guido Colombino, v.l., bekleben ein Lebkuchenhaus mit Süßigkeiten.

Foto: Gottfried Evers

Schokoladen-Plätzchen, heiße Schokolade mit Sahne, Schoko-Nikolaus und auch noch Schokolade im Adventskalender – mit dieser weihnachtlichen Tradition hatten Manuel Rios und Guido Colombino nicht gerechnet, als sie Anfang November nach Deutschland kamen. Die beiden 15-Jährigen kommen aus der paraguayischen Hauptstadt Asuncion, besuchen dort die deutsche Goethe-Schule.

Gemeinsam mit drei weiteren Mitschülern verbringen sie fünf Monate auf der Gaesdonck in Goch. "Insgesamt sind 45 Leute aus unserer Stufe gerade in Deutschland", sagt Manuel. Er wohnt bei Familie Tyssen in Kellen, besucht mit seinem Gastbruder Robin die zehnte Klasse des Gymnasiums, während sein Zwillingsbruder die Austauschmonate in Münster verbringt. "Gerade jetzt vor Weihnachten ist es schon schade, dass mein Bruder in einer anderen deutschen Stadt ist. Aber hier habe ich ja auch eine Familie gefunden", sagt Manuel, der dennoch froh ist, mit Guido Colombino einen Freund aus der Heimat an der Seite zu haben.

Guido ist bei einer Familie in Wachtendonk untergebracht. Er kennt bereits das deutsche Weihnachtsfest, weil ein Teil seiner Familie aus Deutschland kommt. Dennoch ist er von vielem überrascht. Nicht nur von den Schokoladen-Mengen: "Ich dachte, in Deutschland würde auf jeden Fall an Weihnachten Schnee liegen", sagt Guido.

In ihrer Heimat sind gerade Sommerferien, es ist bis zu 40 Grad heiß, berichtet Manuel. Auch deshalb gebe es an Weihnachten in Paraguay wohl weniger Schokolade als in Deutschland. Vielmehr esse man salzige Speisen an den Feiertagen – zum Beispiel die Paraguayische Suppe. "Die ist aber nicht flüssig, sondern fest wie ein Omelett", erklärt Manuel. Und Guido kennt auch die Geschichte dazu: Angeblich soll der Leibkoch eines ehemaligen Präsidenten des Landes zu viel Maismehl in die Suppe gekippt haben und machte dann eine Mehlspeise daraus. Die wird inzwischen traditionell an Weihnachten gegessen. So auch in diesem Jahr bei Familie Tyssen. "Wir wollen auch Manuels Traditionen kennenlernen. Daher werden wir das zusammen kochen", sagt Robin Tyssen. Vor allem aber haben die beiden Austauschschüler gemeinsam mit Familie Tyssen in den vergangenen Adventswochen versucht, so viele deutsche Vorweihnachtstraditionen wie möglich kennenzulernen: der Adventskranz wurde gemeinsam gebunden und mit Orangenscheiben und Schleifen dekoriert, ein Lebkuchenhaus mit Süßigkeiten bestückt und dazu Plätzchen gebacken

. Auch die Weihnachtsmärkte in Kleve und an Schloss Moyland wurden besucht. "Der Kinderpunsch schmeckt super", sagt Manuel, der Weihnachtsmärkte bisher gar nicht kannte. "Bei uns wird die Adventszeit nicht so begangen, wie hier. Wir haben auch keinen Adventskalender mit Schokolade, sondern hängen vom 1. bis 24. Dezember vor jeden Kalender-Tag eine Figur", sagt der Schüler, der begeistert ist, wie viel die Familien in Deutschland vor Weihnachten gemeinsam basteln, backen und einfach gemütlich Zeit miteinander verbringen.

Highlight war und ist für die paraguayischen Jugendlichen der Weihnachtsbaum. "Die gibt es in Paraguay nur aus Kunststoff", sagt Manuel. Der künstliche Baum sei zwar genauso mit Lichtern, Kugeln und Anhängern geschmückt wie hier, aber der echte Tannenduft sei etwas ganz anderes.

In Paraguay duftet es in Häusern, Wohnungen und Kirchen eher nach Kokos. Denn eine typische Weihnachtsblume ist dort die des Kokosbaumes. "Es gibt sogar ein Weihnachtslied, das ,Flor de Coco' heißt", sagt Manuel. Neben "Stille Nacht" werde er das eventuell am heutigen Heiligen Abend auf dem Klavier spielen.

Dass dann nicht der Weihnachtsmann kommt, hat Manuel schon gehört. "In Paraguay gibt es die Geschenke um 24 Uhr – wenn noch kleine Kinder dabei sind vom Weihnachtsmann", sagt Manuel. Die Jugendlichen hingegen würden Weihnachten mit einem Feuerwerk begrüßen. Heute freuen sich Manuel und Guido vor allem, ihre Gastfamilien mit typisch paraguayischen Geschenken überraschen zu können – und auf das deutsche Weihnachtsessen.

(RP)
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