Analyse Trio ringt um Bürgermeisteramt in Kleve

Kleve · Mit Ende der Sommerfreien beginnt die heiße Wahlkampf-Phase. Für SPD, FDP und Offenen Klevern geht Sonja Northing ins Rennen, Udo Janssen will das Amt für die CDU halten, Artur Leenders für die Grünen erobern.

Bürgermeisterwahl Kleve 2015: Das sind die Kandidaten
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Bürgermeisterwahl 2015 in Kleve: Das sind die Kandidaten

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Erstmals in der Geschichte der Stadt Kleve hat bei einer Bürgermeisterwahl der CDU-Kandidat keine sichere Mehrheit vor Augen - und doch gibt es Zirkel in der Klever CDU, die der Wahl am 13. September völlig entspannt entgegen sehen: Gewinnt CDU-Kandidat Udo Janssen, haben sie das Abonnement aufs Bürgermeisteramt in der Kreisstadt verlängert, gewinnt der Grüne Realo Artur Leenders, ist er der Kandidat der schwarz-grünen Mehrheit. Bekommt die von SPD, FDP und Offenen Klevern aufgestellte Sonja Northing eine Mehrheit, wird sie CDU-Politik umsetzen müssen. Denn eine Mehrheit hat die Frau vom Sozialamt nicht im Rat. Und der Rat bestimmt die Politik. "Macht sie unsere Politik nicht, brauchen wir keine Rücksicht auf das Bürgermeisteramt zu nehmen, wie bisher", sagen CDU-Insider. Man gibt sich cool. Macht Northing die CDU-Politik mit, dürfte sich so mancher SPD-, FDP- oder OK-Wähler düpiert vorkommen, macht sie die schwarz-grüne Politik in Persona der Fraktionschefs Wolfgang Gebing (CDU) und Hedwig Meyer-Wilmes (Grüne) nicht mit, ist sie die Düpierte, wenn ihre Vorlagen vom Rat überstimmt werden.

Sonja Northing hat im Wahlkampf einen vergleichsweise einfachen Job: Die 47-Jährige kann das Blaue vom Himmel versprechen, kann Hoffungen machen. Umsetzen wird sie nur das können, was CDU und Grünen gefällt. Vor diesem Hintergrund verliert ihre zentrale Wahlkampfaussage "Ich will Kleve bewegen" deutlich an Klang. Ihre versprochene Offenheit und Herzlichkeit, die Forderung nach Transparenz klingt nicht wirklich neu und erinnert an die Wahlkämpfe von Theo Brauer und seinem Spruch "Transparenz ist mein Petitum". Und dass zusätzliche Gelder in Zeiten überproportional wachsender Sozialhaushalte in den Kommunen kaum in den Garten der Kultur fließen (der in Kleve vergleichsweise gut gehegt wird), müsste sie als Leiterin des Sozialamtes eigentlich besser wissen. Aber das alles ist wohl dem oftmals gegensätzlichen Vielklang der Parteien gewidmet, denen sie ihre Kandidatur verdankt. Northing kann nur ihre Verwaltungserfahrung allein aus Kleve in die Waagschale werfen - sie ist ein klassisches Eigengewächs der hiesigen Stadtverwaltung, wo sie ihre Ausbildung gemacht hat und jetzt Leiterin des Sozialamtes ist. Politisch ist Sonja Northing ein Greenhorn. Wie sie agiert, weiß man erst nach der Wahl. Außerdem ist sie in der Stadt kaum bekannt. Das zu ändern, daran arbeiten ihre Unterstützer aus diversen Lagern. 493 Freunde hat sie auf Facebook (FB). Richtig viel ist das nicht.

Das sind aber deutlich mehr, als die paar Handvoll "likes", die Udo Janssen auf seiner neu eingerichteten FB-Seite vorweisen kann. Sein Team scheint bis jetzt in den neuen Medien nicht wirklich zuhause zu sein. Im Gegensatz zu Northing ist der 50-Jährige Jurist Janssen, der auch in der Lage sein sollte, eine Verwaltung zu leiten, ein politisches Schwergewicht. Das ist ein Vorteil - zugleich aber auch sein Problem. Über ein Jahrzehnt lang war er als Fraktionschef der Haudegen der Christdemokraten. Der Mann, der polarisierte. Und manches Mal Freund wie Gegner so vor den Kopf stieß, dass sich viele schwer tun, in ihm den ausgleichenden Bürgermeister zu sehen. Dass er weiß, wie man Mehrheiten organisiert, hat er mit seiner Wahl als CDU-Kandidat beweisen. Aber auch das ist sein Problem - er vergrätzte sich damit Teile seiner eigenen Partei. Die braucht er aber, will er die Wahl gewinnen. Mit seinem Programm kommt er Schwarz-Grün entgegen - der Umbau der Schullandschaft soll zügig gestemmt werden, was ja bereits vom Rat eingespielt ist, er möchte den Minoritenplatz bebaut wissen, will aber die komplizierten Vergabeverfahren, die kein Mensch versteht, verhindern. Auch das ist längst Konsens. Als Mann der Mehrheit wird ihn der Wähler nach der Wahl aber an seinen Versprechen messen können. Verliert er, dürfte das das Ende seiner politischen Laufbahn sein.

Das trifft auch auf den Dritten im Bunde zu - den Chirurgen Dr. Artur Leenders. Wie Janssen gehört er zur Spezies "politisches Schwergewicht". Leenders war Mit-Architekt der schwarz-grünen Wende, die in Kleve Vieles voranbrachte - beginnend bei der Sanierung der Schulen. Warum sich Leenders - sichtbar politikmüde - aus dem Rat zurückzog, um jetzt das Bürgermeisteramt anzustreben, wird er seinen Wählern allerdings erklären müssen. Wie Janssen war auch Leenders stets ein Freund "klarer" Worte - auch er eckte an, konnte aber im Gegenzug als stellvertretender Bürgermeister zeigen, dass er den Ausgleich kann. Leenders Wahl zum Kandidaten der Grünen verlief holprig - was aber zur typischen Grünen-Choreografie im ewigen Bühnenstück "Fraktion streitet mit Ortsverband" in Kleve passt. Leenders dürfte der Außenseiter der drei Kandidaten sein, ist mit seinen jetzt 61 Jahren auch eher ein Übergangs-Kandidat für eine Wahlperiode. Wie Janssen wird aber auch er sich an seinen Versprechen messen lassen müssen - die Ratsmehrheit ist eben Schwarz-Grün.

Northing, Janssen und Leenders werden jetzt auf vielen Podiumsdiskussionen und an den Info-Ständen ihre Standpunkte erörtern. Aber wie auch immer die Wahl ausgeht, an Gebing und Meyer-Wilmes wird bei der künftigen Gestaltung der Stadt Kleve kein Weg vorbeigehen. Wenn sie ihren Laden zusammenhalten.

(RP)
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