Kleve Tschüss, Martin!

Kleve · Die Fähre "Martin Schenk" hat sich vom Niederrhein verabschiedet. Von Düffelward aus machte sie sich gestern auf eine Reise nach Usedom zu ihrem neuen Besitzer. Viele Zaungäste hätten gerne "Lebewohl" gesagt.

 Die Altrhein-Fähre "Martin Schenk" wurde gestern von einem Schlepper an den Haken genommen. Die Fahrt ging unter der Rheinbrücke bei Emmerich hindurch Richtung Wesel.

Die Altrhein-Fähre "Martin Schenk" wurde gestern von einem Schlepper an den Haken genommen. Die Fahrt ging unter der Rheinbrücke bei Emmerich hindurch Richtung Wesel.

Foto: Markus van Offern

Rund zwei Dutzend Menschen aus der Düffelt haben sich gestern gegen 9.30 Uhr auf dem Deich in Düffelward versammelt, um "Martin Schenk" das "letzte Geleit" zu geben. Es war vergebens. Die Fähre, die ab dem Jahr 2003 über den Altrhein geschippert war und so die Dörfer Düffelward und Schenkenschanz verband, hatte sich bereits still und heimlich in aller Frühe aus dem Staub gemacht. Die Erklärung für das Malheur: Die Stadtwerke Kleve, denen die Fähre bis vor kurzem noch gehörte, hatten versehentlich eine falsche, spätere Uhrzeit für die Abschiedsfahrt von "Martin Schenk" angegeben. So blieben ziemlich traurig dreinblickende Menschen auf der Deichkrone zurück, denn es gab keine Gelegenheit für ein "Lebewohl" .

Elf Tage etwa wird die große Reise von "Martin Schenk" dauern. Sie führt zur kleinen Ostseeinsel Görmitz. Dort züchtet Bio-Bauer Karl Matthes (51) Rinder. Die Fähre hat der Ostdeutsche, der von den Einheimischen meist "Rinder Karl" genannt wird, den Klever Stadtwerken für 71.000 Euro abgekauft, damit er seine Insel erreichen kann. Später einmal sollen Urlauber mit dem Wasserfahrzeug nach Görmitz übersetzen, wo Matthes ein kleines Feriendomizil errichten möchte.

Zurück nach Düffelward. Dort rätseln Monika Schiller, Hildgerad Convent, Harm Veenema, Reiner Erping und Dieter Rydzek, welchen Wasserweg "Martin Schenk" wohl nehmen wird. Sie alle waren gerne mit der Fähre gefahren, auch wenn das Schiff regelmäßig ins Trockendock musste, weil wieder irgendetwas kaputt war. Jetzt wüssten die Zaungäste gerne, wie sich "Martin Schenk" auf seiner großen Reise so macht.

Ein Anruf bei den Klever Stadtwerken bringt einige Erkenntnisse. Auch, wenn die Fähre bereits Anfang Januar an den Bio-Bauern Matthes verkauft wurde, weiß Bereichsleiter Arnold Lamers genau, wie es mit ihr weitergeht. "Die Fähre wurde um 8.40 Uhr in Düffelward von einem Schleppschiff an den Haken genommen", sagt Lamers. Dann wurde sie über den Altrhein nach Keeken gezogen und weiter über den Rhein unter der imposanten Brücke bei Emmerich hindurch in Richtung Wesel. Von dort aus setzt "Martin Schenk" seine Fahrt aus eigener Kraft fort und zwar über den Wesel-Datteln-Kanal nach Datteln. Weiter geht es über den Dortmund-Ems-Kanal bis nach Hörstel, dann in den Mittellandkanal, schließlich über Kanäle des Havellands in Richtung Ostsee.

Die Menschen auf der Schanz müssen nun auf eine Fähre, die regelmäßig im Einsatz ist, verzichten und stattdessen die Straßenverbindung nach Griethausen und weiter nach Kleve nehmen. Zwar besaßen die Stadtwerke noch eine kleine Personenfähre, doch wurde die inzwischen an die Stadt Kleve verkauft. Laut Stadtsprecher Jörg Boltersdorf ist nicht angedacht, einen regelmäßigen Fährverkehr für Fußgänger einzurichten. Stattdessen wird die kleine Fähre wohl nur bei Hochwasser zum Einsatz kommen. Ein genauer Plan dafür werde zurzeit erarbeitet, so der Sprecher. Ergebnisse könnten in ein oder zwei Monaten verkündet werden.

(RP)
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