Prozess wegen sexuellen Missbrauchs Verteidiger: "Abgesprochene Aussagen"

Kleve · Im Prozess gegen einen 52-jährigen Klever, der in der Kneipe seiner Ehefrau Aushilfen sexuell missbraucht haben soll, wurden am Montag mehrere Zeuginnen befragt. Donnerstag könnte das Urteil gefällt werden.

Unter Tränen hatten die mutmaßlichen Opfer am ersten Tag im Prozess gegen einen 52-jährigen Klever ausgesagt, der sie in einer Klever Gaststätte über Jahre hinaus vergewaltigt, sexuell missbraucht und genötigt haben soll. Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Kleve verhandelt die Sache. Gestern wurde vor allem die Verteidigung gehört. "Es bestehen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen", meinte Karl Scholten, Rechtsanwalt des Angeklagten. Sein Mandant machte bisher zwar von seinem Schweigerecht gebrauch, beteuerte aber von Beginn an seine Unschuld.

Scholten begründete seine Erklärung damit, dass es sich um teilweise abgesprochene Aussagen handeln könnte. So sei auf einem Facebookprofil eines Opfers über den Prozess gesprochen worden. Weiterhin habe es sogar ein Treffen zweier Opfer gegeben, das von einem Mann beobachtet worden sei. Diesen beantragte Scholten vor Gericht anzuhören. Zudem sei sein Mandant zum Zeitpunkt mehrerer angeblicher Taten inhaftiert gewesen. "Und er hatte keinen Ausgang", legte Scholten nach, der die Anklageschrift auf Grund fehlender exakter Zeitangaben dürftig fand. Gerhard van Gemmeren, Vorsitzender Richter, fragte die Staatsanwältin an dieser Stelle, ob sie sich äußern wolle. Als die überhaupt recht zurückhaltend agierende Juristin dies verneinte, schob er leicht genervt (aber schmunzelnd) hinterher: "Was machen Sie überhaupt hier?"

Die am gestrigen zweiten Prozesstag geladenen Zeugen machten dagegen Aussagen, welche die Glaubwürdigkeit der Opfer unterstützten. Unabhängig voneinander gaben eine Psychologin, die eine Geschädigte schon vor der Tat wegen psychischer Probleme über Jahre hinweg betreut hat, und eine Polizeikommissarin zu Protokoll, dass eines der Opfer emotional sehr aufgewühlt gewesen sei, als sie über die Tat sprach. "Die Frau hat geweint und brauchte ein bisschen, um sich zu fangen", berichtete die Polizeikommissarin über das Verhör mit der heute 23-Jährigen.

Gegenüber eines 47 Jahre alten Stammgastes der Kneipe, in der es zu den sexuellen Übergriffen gekommen sein soll (zum Teil auch in der Wohnung darüber), hätten gleich mehrere Frauen von ähnlichen Vorkommnissen berichtetet, so der Mann vor Gericht. An ein Geschehen, das allerdings nicht in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft aufgeführt wurde, erinnerte er sich dabei besonders: "In der Vorweihnachtszeit waren zwei Frauen mit Nikolausmützen in der Kneipe zu Gast, die auch mit dem Angeklagten nach oben gingen. Als sie wieder unten waren, waren sie fix und foxi. Sie sagten etwas von Fotos machen und dass sie nach Hause wollten, um das zu verarbeiten." Besonders eine der beiden Frauen sei anschließend sehr aufgelöst gewesen.

Gestern erhoben zudem noch zwei weitere Frauen Vorwürfe gegen den Angeklagten, der sie ebenfalls unsittlich und gegen ihren Willen angefasst habe. Mit einer der beiden Frauen sei es, wie die 27-Jährige selbst schilderte, sogar zum Geschlechtsverkehr gekommen, da sie sich von ihm unter Druck gesetzt gefühlt habe. Außerdem habe er ihr im Gegenzug auch etwas gegeben, weswegen sie letztlich eingewilligt habe.

Der beschuldigte 52-Jährige schwieg zwar auch gestern weiterhin eisern, schüttelte aber während mancher Aussagen der Frauen den Kopf. Für kommenden Donnerstag, 25. August, ist der letzte Prozesstag angesetzt. Dann könnte auch bereits das Urteil fallen, deutete sich an.

(RP)
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