Kleve Vom Speicher und der Stadtbefestigung

Kleve · Über 200 Seiten Geschichte, Mundart und Gedichte: Der Heimatkalender auf das Klever Land ist im Klever Buchhandel.

Moderne und Mittelalter treffen im neuen Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2013 aufeinander – am Beispiel der Stadt Kleve. Das Zeichen der Moderne ziert schon den von Fritz Poorten gezeichneten Titel des Buches: die klar geschnittenen Bauten des neuen Campus Kleve, die sich um den alten und zugleich neuen Speicher im Klever Hafen gruppieren. Sie geben der Hochschule das Gesicht, der Speicher mit dem spitzen Dach erinnert an die alten Zeiten des Hafens.

Der Kalender verzichtet auf einen Bericht über die Hochschule und ihre Eröffnung, bringt Bilder des überzeugenden Campus, den die Hamburger nps tchoban voss Architekten mit dem Klever Büro Hülsmann geschaffen haben, im Kalendarium. Ursula Geisselbrecht-Capecki widmet sich stattdessen der Geschichte des Speichers. Denn während fast alle Gebäude des Hafens durch Krieg und den Niedergang des Hafens verloren gingen, blieb der Speicher erhalten. Wenn auch als Neubau mit vielen Fenstern. Errichtet wurde der Bau schon 1938 zur Kriegsvorbereitung, wie die Autorin schreibt. Die erste Adresse gab's dann erst in den 1950er Jahren, als der Hafen nach den Kriegszerstörungen aufgebaut wurde und Bestandszeichnungen des alten Gebäudes angefertigt wurden. Der Speicher ist, so Geisselbrecht-Capecki, quasi Drilling: Stehen doch in Gelsenkirchen, Mainz und Münster baugleiche Modelle. In Mainz und Münster wurde der Bau ebenfalls "umgewidmet und dient dort als Wohn- bzw. Bürohaus". Mit dem Umbau des Klever Speichers ist im Hafen die Moderne angekommen.

Auf dem Weg von der Hochschule zur Klever Stadtmitte taucht das Mittelalter auf. Sehr schön erklärt Ulrich Ocklenburg in seinem Beitrag zum Kalender die Feste "Netelenhorst", den Verlauf der Mauern: hilfreich hier vor allem die Luftaufnahmen mit den nachgezeichneten Linien. Mit der Beschreibung der de-Beijer-Zeichnung von 1750 kann man sich dann ein Bild von der Anlage machen, die zwischen künftiger Volksbank und einer wie auch immer gearteten Bebauung auf dem Minoritenplatz zu sehen sein wird.

Immigranten und ihre Einbürgerung: Ein Thema, zeitlos wie wichtig, es einmal aufzuarbeiten. Die Berichte von Kleves Stadtarchivar und RP-Mitarbeiterin Karin Reinders ergänzen sich prächtig: Hier Thissens Blick in die Geschichte vom Mittelalter bis in die Neuzeit, vom Umgang mit spanischen Gastarbeitern und den Asylanten in den 1990er Jahren. Dort Reinders' persönliche Geschichte vom aus Russland gekommenen Juri, der Jura heißt und in dessen Pass Jürgen eingetragen ist. Ein typisches Beispiel vom russischen Jungen, der über den Sport in seiner neuen Heimat ankommt, dem man keine weiterführende Ausbildung zutraute und der bewies, dass es anders sein kann: Er absolvierte nach der Schule eine Tischler-Lehre, holte die Fachhochschulreife nach und studierte Architektur. Jetzt ist er als freischaffender Architekt vornehmlich für ein Klever Büro tätig.

An einen internationalen Austausch der anderen Art erinnert Klaus Riße: 1987 war es eine kleine Delegation, die die Kontakte zu Fitchburg knüpfte, die schließlich zu einer Städtepartnerschaft führte. Eine Partnerschaft, an der zu arbeiten sich lohnen sollte.

In der Reihe der Museen in der Region stellt sich dieses Mal das Befreiungsmuseum in Groesbeek vor. Ein Bericht, der auch daran erinnert, dass Thomas Manns "Das Problem der Freiheit" 1938 im nahen Nimwegen gedruckt wurde. In Deutschland durfte es nämlich nicht gedruckt werden.

(RP)
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