Kleve Von Fohlen, Medizin und 30.000 Herzen

Kleve · Professor Reiner Körfer aus Kleve leitet die Abteilung Therapie terminaler Herzinsuffizienz und Kunstherzversorgung am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord. Außerdem ist er Sportfunktionär bei Borussia Mönchengladbach.

 Professor Reiner Körfer mit den beiden Dingen, die sein Leben bestimmen: ein Herz und das Logo von Borussia Mönchengladbach.

Professor Reiner Körfer mit den beiden Dingen, die sein Leben bestimmen: ein Herz und das Logo von Borussia Mönchengladbach.

Foto: Reichwein

Es gibt genau zwei Dinge, bei denen Professor Reiner Körfer niemand etwas vormachen kann. Das eine sind Herztransplantationen und der Einbau von Kunstherzen. Das andere ist der Fußball - vor allem wenn es um den Verein geht, an den der begnadete Operateur sein Herz verloren hat: Borussia Mönchengladbach. Der Leiter Abteilung für die Therapie terminaler Herzinsuffizienz und Kunstherzversorgung am Klinikum Niederrhein ist mit mehr als 30.000 Herzoperationen nicht nur einer der erfolgreichsten und renommiertesten Mediziner überhaupt auf seinem Gebiet, er ist auch Aufsichtsratsvorsitzender der Mönchengladbacher Borussia und damit einer der wichtigsten Sportfunktionäre der Bundesliga.

Wer sich mit dem Professor unterhält, kommt nicht umhin, das Glitzern zu bemerken, das in seine Augen tritt, sobald sich das Gespräch dem Fußball zuwendet. Der in Kleve geborene und aufgewachsene Herzchirurg vernarrte sich bereits in seiner Kindheit in die Fohlenelf aus der Niederrheinmetropole. "Als Klever ist das wohl naheliegend", sagt er. "Obwohl mein erstes Stadionerlebnis überhaupt nichts mit der Borussia zu tun hatte."

Körfers Familie stammt ursprünglich nämlich aus Hamborn. "Deshalb gab es da auch schon eine gewisse Verbundenheit mit dem MSV", erinnert er sich. "Mein erstes Spiel habe ich im Wedaustadion gesehen. MSV gegen Borussia Dortmund - damals in der ersten Bundesligasaison 1963/64 - Mensch, was war ich da beeindruckt." So richtig warm wurde er mit den Zebras in der Folge trotzdem nicht, ging mit Freunden und Familie lieber zum Bökelberg. Die Entscheidung für ihn, der zuvor kaum eine Begegnung im altehrwürdigen Stadion der Borussia verpasst hatte, zum Studium nach Bonn und später für die Arbeit nach Bad Oeynhausen zu gehen, sei ihm nicht leicht gefallen. Schließlich habe sich der Entschluss aber ausgezahlt. "Ich habe dort viel von dem gelernt, was mich zu dem macht, der ich heute bin", erinnert er sich. Während seiner Zeit in Ostwestfalen wurde aus dem fußballverrückten Assistenzarzt einer der angesehensten Herzchirurgen der Welt. "Ein Umstand, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass ich heute im Vorstand der Borussia sitze." Nach dem zweiten Bundesliga-Abstieg der Fohlenelf wurden die Gremien des Vereins umgebaut. Da den Verantwortlichen damals seine Verbundenheit mit dem Verein bekannt war, erschien es naheliegend, ihn als bekanntes Gesicht in den Aufsichtsrat zu holen. "Und da sitze ich heute immer noch, nur eben als Vorsitzender", sagt Körfer mit ungebotener Bescheidenheit.

Nach Duisburg kam der inzwischen 75-Jährige über Umwege. Die Klinik in Bad Oeynhausen verließ er mit 67 Jahren - ein Alter, in dem sich die meisten Menschen wohl der Rente erfreuen. Doch der Ruhestand kam für Körfer nie infrage. "Ich empfinde das als Verschwendung", sagt er. "Viele jungen Ärzte können von meiner Erfahrung profitieren. Dieses Wissen einfach so wegzuwerfen, konnte ich mir nie vorstellen."

Nach einer Zwischenstation als Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Internationalen Herz- und Gefäßzentrum Rhein-Ruhr in Essen kam Körfer zusammen mit Teilen seines alten Teams aus Bad Oeynhausen nach Duisburg, um am EK Nord eine Abteilung für die Therapie terminaler Herzinsuffizienz und Kunstherzversorgung aufzubauen - eine Aufgabe, die ihn bis heute erfüllt.

Seine Hände, das betont der Professor, seien noch so ruhig wie früher. "Ich mache heute keine sechs Herz-Operationen mehr am Tag, so wie es zeitweise in Bad Oeynhausen der Fall war." Aber ein bis zwei Operationen pro Umlauf seien für ihn noch normal.

Auch sein Team sei international anerkannt. Und er genieße es, seine Erfahrungen mit seinen begabten jungen Kollegen zu teilen. Weitermachen will er so lange, wie es für ihn medizinisch verantwortlich sei. "Das Wohl der Patienten steht über allem. Wenn ich irgendwann einmal festellen sollte, dass es nicht mehr geht, dann höre ich auf." Körfers Ehefrau steht komplett hinter dem Engagement des Mediziners. "Sie unterstützt mich", sagt Körfer. "Bei allem. Bei der Medizin und beim Fußball. Sie versteht, dass in meiner Brust drei Herzen schlagen. Eines für sie, eines für die Medizin und eines für die Borussia", sagt Körfer.

(th)
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