Kleve Waren die Täter beim Lidl-Mord vermindert schuldfähig?

Kleve · Im Prozess um den so genannten Lidl-Mord schlug am Montag die Stunde der Gutachter. Zwei Psychiater sollten beurteilen, ob die beiden Brüder aus Bedburg-Hau, denen vorgeworfen wird, im März 2014 im Lidl-Markt an der Materborner Allee einen 43-Jährigen mit 44 Messerstichen getötet zu haben, schuldfähig waren.

Lidl-Mord: Eine Chronik des Prozesses
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Foto: guido schulmann

Bevor die Psychiater ihr Gutachten vortrugen, ließ sich der jüngere der beiden Brüder (23) zur Tat aus. Bisher hatte sich nur der ältere der beiden Angeklagten (32) schriftlich geäußert. Der 23-Jährige betonte, dass die Tat nicht geplant gewesen sei. Er habe seinem Bruder zur Hilfe eilen wollen, der von dem späteren Opfer bedroht worden sei. Seine ethno-religiöse Herkunft - die beiden Angeklagten sind Jesiden - habe für die Tat keine Rolle gespielt, sagte der 23-Jährige.

Auch die Gutachter bescheinigten, dass es wohl die für die Angeklagten traumatischen Erlebnisse mit dem späteren Opfer gewesen sein, die sie zu ihrer Tat getrieben hatten: 2002 war die Ehe des 43-Jährigen mit einer Schwester der beiden Angeklagten geschieden worden. Er soll seiner Frau gegenüber gewalttätig aufgetreten sein. 2008 ging der Mann schließlich mit einem Messer und einem Stein auf einen Bruder der Angeklagten los und verletzte ihn schwer. Daraufhin wurde er 2009 in Kleve zu vier Jahren Haft verurteilt. Die mehrfachen Übergriffe des Opfers auf die Familie der beiden Täter hätten bei dieser für ein Klima der Angst gesorgt.

Mann stirbt bei Messerstecherei in Kleve
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Foto: Stade, Klaus-Dieter

Als die beiden Angeklagten im März 2014 im Materborner Lidl-Markt auf ihr späteres Opfer trafen, sei der 43-Jährige nach Schilderung der Angeklagten ihnen gegenüber sofort aggressiv aufgetreten und habe sie beschimpft. Daraufhin sei bei den Angeklagten die Erinnerung an die Gewalttaten des 43-Jährigen hochgekommen, so der Sachverständige Prof. Dr. med. Pedro Faustmann. "Das hatte eine starke affektive Komponente", sagte Faustmann. Er könne nicht ausschließen, dass die Angeklagten bei der Tat eingeschränkt steuerungsfähig und somit vermindert schuldunfähig gewesen seien, so der Gutachter.

Der Prozess wird am Montag, 13. Juni, um 9 Uhr mit den Plädoyers fortgesetzt.

(RP)
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