Emmerich/Kleve Weltenbummler strandet am Rhein

Emmerich · Armin und Uschi Birkle haben sich im Ruhestand einen Traum erfüllt. Sie ließen sich einen Motorkatamaran bauen, um die Welt zu umrunden. Doch fast vier Monate nach dem Stapellauf liegen sie immer noch in Emmerich vor Anker. Niedrigwasser machte ihnen zu schaffen.

 Armin Birkle will mit seinem silbergrauen Katamaran bald im Emmericher Zollhafen ablegen.

Armin Birkle will mit seinem silbergrauen Katamaran bald im Emmericher Zollhafen ablegen.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Unruhig blickt Armin Birkle (58) aus der Kommandobrücke seines Hochseekatamarans nach draußen. "Gleich soll Wind aufkommen", sagt er. Tatsächlich bringt kurz darauf eine kräftige Brise das Schiff mit den hohen Aufbauten, das seit Montag vergangener Woche im Emmericher Hafen liegt, in Bewegung. Sicherheitshalber prüft Birkle noch einmal die Knoten des Schiffstaus, das den Katamaran am Anleger hält. Noch ein Schaden am Schiff — das wäre das Letzte, war Armin Birkle jetzt gebrauchen könnte. Eigentlich hätte er um diese Zeit Kurs auf die Lofoten nehmen und gemeinsam mit seiner Frau Uschi (58) die Mittsommernachtssonne genießen wollen. Doch seit dem Stapellauf ist er noch keine zehn Kilometer weit gekommen.

Hausboot von der Klever Werft Coenen

Am 19. März warf Birkle im Klever Spoykanal die beiden 95 PS leistenden Dieselmotoren an, um mit seinem Doppelrumpfboot Kurs auf die Nordsee zu nehmen. Nach jahrelangen Planungen hatte er das von ihm entworfene Hausboot von der Klever Werft Coenen in Empfang nehmen sollen. Eine siebenstellige Summe hatte Birkle, der zuvor seine Holzgroßhandlung in Freiburg verkauft hatte, sich die Erfüllung seines Traumes kosten lassen. Doch die Eheleute kamen nicht weit. Nach ein paar hundert Metern endete die Fahrt der "Aubi" in der Schleuse von Brienen. Niedrigwasser im Altrhein verhinderte die Weiterfahrt. "Die Leute hier hatten uns gesagt, dass normalerweise erst im Juli der Wasserstand zu niedrig sein könnte. Doch in diesem Jahr gab es ja praktisch noch keine nennenswerten Niederschläge", sagt Birkle.

Die Eheleute machten das Beste aus der Situation. An Bord richteten sie das Inventar hochseetüchtig ein. Der Katamaran ist zwar für weltweite Fahrt zugelassen, doch alles was an Bord kommt, muss auch hochseetüchtig verstaut werden. Mit dem Fahrrad erkundeten die Birkles den Niederrhein. Doch zu lange trauten sie sich nicht weg von ihrem Schiff. Eine Rückkehr ins heimatliche Freiburg kam nicht infrage. "Man wäre dann nicht schnell genug an Bord gewesen, wenn der Wasserstand eine Weiterfahrt erlaubt hätte", sagt Birkle.

Katamaran wird beliebtes Ausflugsziel

In Kleve wurde der Katamaran bald zum beliebten Ausflugsziel, und die Nachbarn gewöhnten sich bald an das 15 Meter lange Aluminiumgefährt vor ihrer Haustür. "Mit der Zeit gehörte man irgendwie mit dazu", erinnert sich Birkle.

So wurden aus Tagen Wochen, aus Wochen Monate, ohne dass für die Birkles eine Chance bestand, den Spoykanal zu verlassen. Erst am 27. Juni war es so weit. Nach Niederschlägen am Oberlauf des Rheins war auch das Wasser im Altrhein so hoch, dass die "Aubi" die Schleusentore passieren konnte. Auf der jenseitigen Rheinseite sollte das Boot mit einem Ankermotor ausgerüstet werden, und dann auf große Fahrt in Richtung Norden gehen. Doch wenn einer einmal Pech hat, dann bleibt es an ihm kleben: Der Motor passte nicht, ein neuer musste bestellt werden.

So haben die Birkles wieder Zeit, im Emmericher Hafenbecken zwischen Zollbehörden und Wasserschifffahrtsamt den Katamaran auf Vordermann zu bringen. Die Norwegenpläne sind zu den Akten gelegt. Bei einer Reisegeschwindigkeit von sieben Knoten wären die Birkles frühestens im August in Norwegen. Bei der Rückkehr könnten sie in der Biskaya dann schon in die ersten Herbststürme geraten. "Der Katamaran ist zwar hochseetüchtig, doch irgendwann hört die Gemütlichkeit auf", sagt Birkle.

Immerhin haben die Eheleute während der langen Liegezeit die Vorzüge der weltweit einmaligen Konstruktion schätzen gelernt. Technik und Treibstoff wurden in die beiden Rümpfe verlegt, so dass der 55 Quadratmeter große Wohnbereich auf einer Ebene wie ein Apartment mit rechtwinkligen Decken und Wänden gestaltet werden konnte. Auf dem überdachten Sonnendeck ist mehr Platz als auf mancher Terrasse. Sogar zwei Besucherkabinen sind an Bord. Die Birkles wollen während ihrer Reise nicht den Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln verlieren. Sie sollen auch an Bord übernachten können.

"Aubi" nimmt Kurs auf Rotterdam

Zunächst wird die "Aubi" Kurs auf Rotterdam nehmen. In etwa einer Woche, hofft Birkle, soll der neue Motor da sein. Ziel der Jungfernfahrt ist das Mittelmeer. Bewährt sich der Katamaran dort, wäre Brasilien das nächste Ziel. Wie lange die Eheleute unterwegs sein werden, wissen sie noch nicht. "Solange es Spaß macht", sagt Birkle.

Eins steht aber fest: Wohin immer es die Weltenbummler verschlägt, so gründlich wie den Niederrhein werden sie kaum eine andere Region kennenlernen.

(jul)
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