Kreis Kleve Zu viele Wildschweine im Reichswald

Kreis Kleve · Wenn Bucheckern und Eicheln übermäßig zur Verfügung stehen, bekommt das derart gut genährte Schwarzwild besonders viel Nachwuchs. Population wächst zu stark, Jäger müssen ordentlich "Strecke machen".

Auch, wenn mancher die Tiere in freier Wildbahn noch nie gesehen hat: Die Wildschwein-Population wächst ständig. In einigen Bereichen Deutschlands sehen Fachleute dies schon als erhebliches Problem an, am Niederrhein hält sich die Sorge im Rahmen. Zumal die Jäger die Schweine intensiv bejagen - mit Billigung sogar der meisten Naturschützer. Denn wenn sie sich zu stark ausbreiten, können Wildschweine erheblichen Schaden in der Landwirtschaft anrichten.

Oliver Keuling von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, an der auch hiesige Veterinäre oft studiert haben, erklärt: "In drei Jahren wäre die natürliche Kapazitätsgrenze erreicht, wenn nicht bejagt würde." Das bedeutet, dass sich die natürliche Population innerhalb so kurzer Zeit um das Dreifache vermehren würde. Denn die weiblichen Tiere bekommen pro Wurf bis zu zehn Junge. Und wenn, wie der Wildbiologe hochgerechnet hat, 30 Tiere pro Quadratmeter durch die Wälder streifen, wird das Futter knapp. Dann müssen die Felder herhalten, und der verletzliche Friede zwischen Landwirtschaft und Tierschutz ist einmal mehr bedroht.

Nordrhein-Westfalen gehört zu den Ländern, in denen besonders viele Wildschweine leben. Das milde Klima und die Anpflanzung von Eichen und Buchen, die reichlich essbare Früchte abwerfen, auf den Feldern zudem Mais und Raps, geben den Tieren alles, was sie brauchen. "Die üppigen Brombeerhecken in unseren Wäldern helfen ihnen dabei, sich vor den Jägern zu verstecken", weiß Naturschutzreferent Dietrich Cerff vom NABU Niederrhein. Wenn er auch keine Zahlen kenne: "Die massenhaften Wühlspuren weisen deutlich auf das starke Wildschwein-Vorkommen in unserem Wald hin."

Cerff ist durchaus froh darüber, dass die Schweine im Reichswald "eingesperrt" sind. Ein Zaun hält sie von den landwirtschaftlichen Flächen fern. Ökologisch haben die Wildschweine allerdings ihren Sinn: Durch ihr Aufwühlen der Erde gelangen etwa Bucheckern oder Eicheln viel besser in die Erde, um dort zu keimen und zu neuen Bäumen heranzuwachsen. "Wo die Schweine fehlen, imitieren jetzt schon mal Förster diese Funktion durch einen Pflug hinterm Pferd." Außerdem vertilgen die hungrigen Tiere einen Großteil der im Wald lebenden Schädlinge. In den Vorjahren blickte mancher auch im Zusammenhang mit der gefährlichen Viruserkrankung Schweinepest skeptisch auf die wilde Art. Die zwar im Kreis Kleve hinter einem Zaun lebt, aber ab und zu taucht auch mal ein einzelnes Tier in den angrenzenden Zonen auf. York Fritzsche, beim Hegering Kranenburg Presse-Obmann: "In der Niederung wird gelegentlich mal ein Wildschwein gesehen, in Wyler nahe der Grenze etwas öfter - in der Niederlanden leben sie ja nicht hinterm Zaun.

Hans-Karl Ganser vom Forstamt Wesel und zuständig für den Reichswald, bestätigt, dass Schwarzwild im vergangenen Jahr stark bejagt wurde und die "Strecke", wie der Jäger die Abschüsse nennt, künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit noch größer wird. Um die 200 Wildschweine hätten die Kollegen im Reichswald geschossen. "Buchen und Eichen haben im Herbst sehr stark getragen, die Tiere sind bestens genährt. Dadurch steigt die Anzahl der Frischlinge, wodurch die Population insgesamt zunimmt. Im nächsten Jagdjahr, das am 1. August beginnt, dürften Wildschweine sehr intensiv bejagt werden."

Im Jahr 2016 war für die genannten Laubbäume ein so genanntes "Mastjahr", eine Saison, in der die Bäume extrem viele Früchte trugen - mancher hat das beim Spaziergang auf dem Waldboden bemerkt. "Leider ist das oft ein Zeichen für Schäden an den Bäumen. Kurz bevor sie absterben, tragen Buchen und Eichen oft noch mal besonders stark."

(RP)
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