Kleve Zwischen Kunst und Künstlichkeit

Kleve · Die in Goch und Kleve arbeitende Künstlerin Ilka Sulten zeigt ihre Arbeiten im Klever Haus Koekkoek. Die Ausstellung "EUA-UNikom02qu67b" wird heute Abend um 18 Uhr im Künstlerpalais eröffnet. Nachts gibt's eine Lichtinstallation.

 Ilka Sulten mit opulenten Katalog im Koekkoek-Haus. Zwischen den romantischen Bildern blühen ihre Installationen.

Ilka Sulten mit opulenten Katalog im Koekkoek-Haus. Zwischen den romantischen Bildern blühen ihre Installationen.

Foto: Klaus Stade

Am Schnittpunkt der Koordinaten "31°S/017°W" irgendwo in den Weiten des Atlantiks ist das Plastik schon da. Denn zwischen frischgrünen Wasserpflanzen dümpeln Flip-Flops, Tüten und anderer Schrott. "Plastikinsel im Ozean" heißt das 1,7 mal zwei Meter große Gemälde von Ilka Sulten im Jugendstilzimmer des Hauses Koekkoek, auf dem auch die Koordinaten der Plastikinsel unter grellem Pink herausleuchten.

Das Bild der 1972 geborenen Künstlerin nimmt die Fläche ein, die sonst van Brakels romantischem Blick auf dem Bresserberg gehört. Sultens Bild ist ganz und gar unromantisch. Denn die Schönheit der Natur wird vom Plastik erdrückt, erstickt im Abfall der Dinge, die eigentlich keiner braucht.

"Ich finde das erschreckend", sagt Ilka Sulten. In ihren Installationen stellt sie dem Plastik Plastik entgegen, schafft eine neue Welt aus Plastik-Blumen mit Plastikfarbe, windet knallbunte Kränze an die Wand. Die vermüllen die Welt auch mit ihren Geräuschen: Sultens Kunst darf man anfassen, muss man anfassen. Dann zappeln eingebaute Plüsch-Plastiktiere, quäken Radios los, flimmern Lichter in kitschigen Farben auf oder knattern Spielzeug-MPis. Als "überbordend, schrill, quietschbunt" beschreibt Kleves Museumsdirektor Prof. Harald Kunde die Welt der Künstlerin. "In diesem Auf-die-Spitze-Treiben der Entfremdung scheint die Sehnsucht der Künstlerin nach Echtem und Authentischem auf", schreibt Kunde. Dann greift Sulten auch zu Zange und Kleber und baut täuschend "echte" Pflanzen, die in den Ecken der Ausstellungssäle wachsen - als Inseln der Künstlichkeit. Die Künstlerin reagiert auf aktuelle Entwicklungen, zeigt sich erschreckt vom Chip, den sich Menschen einsetzen lassen. Sie hat einen solchen Chip gut sichtbar einem Plüschtier eingesetzt, das mitten im vorderen Saal des Hauses thront.

Ursula Geisselbrecht-Capecki, die künstlerische Leiterin der Hauses Koekkoek, hat Sulten eingeladen, im Haus Koekkoek die romantische Welt in dem Klever Spezialmuseum zu irritieren. Auch draußen im Garten breiten sich Sultens Plastikpflanzen aus. "Was als eine scheinbar schrill-schöne Plastikwelt daherkommt, ist ein absurdes Panoptikum unserer Naturferne", sagt Geisselbrecht-Capecki. Jene Ferne zu jener Natur, die in den Bildern Koekkoeks so erhöht wird. Und auch Sulten fragt wie Koekkoek "Was ist wahr, was ist Schein? Wie gehen wir mit der Natur um?", sagt Geisselbrecht. Damit führe sie in ihren Arbeiten die Entfremdung und Entfernung vom Natürlichen vor. So, dass man sich fragt, ob die Objekte auf ihren in vielen Schichten wunderbar gemalten Bildern nicht auch nur Schein sind, zu schön, um wahr zu sein? Denn den schrillen Arbeiten stehen stille Bilder gegenüber, auf denen Sulten ihre wunderbare Malerei präsentiert, Schmetterlinge, Blumen.

Zur Ausstellung ist ein opulenter Katalog erschienen, auch gibt es zwei Editionen (jeweils zwei Gemälde und zwei Pusteblumen) vom Freundeskreis. (Bis 25. September).

(RP)
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