Streit um Urteil am Kölner Amtsgericht 19-Jähriger muss wegen Sockenraubs sechs Monate in Jugendhaft

Köln · Weil er ein Paar Socken im Wert von 1,99 Euro geklaut hatte, wurde ein 19-Jähriger zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der Mann war nicht vorbestraft. Ist das Urteil zu hart?

 Das Kölner Amtsgericht hat den 19-Jährigen verurteilt.

Das Kölner Amtsgericht hat den 19-Jährigen verurteilt.

Foto: dpa, Federico Gambarini

Der verurteile Heranwachsende sei Iraker und habe in Deutschland bereits zum dritten Mal einen Asylantrag gestellt, teilte das Gericht mit. Die ersten beiden Anträge waren abgelehnt worden. Vorstrafen hatte der Heranwachsende, der 2012 zum ersten Mal nach Deutschland kam, keine.

Das Amtsgericht Köln sah es als erwiesen an, dass der 19-Jährige im November 2015 ein Paar Socken im Wert von 1,99 Euro aus der Auslage eines Drogeriemarktes in Köln-Kalk stahl. Verurteilt wurde er wegen räuberischen Diebstahls.

Als der junge Mann von einem Mitarbeiter des Drogeriemarkts angesprochen worden sei, sei es zu einer Rangelei gekommen, teilt das Gericht mit. Der 19-Jährige habe versucht, mit seiner Beute zu entkommen.

Auch mit diesem Fluchtversuch begründete eine Sprecherin des Gerichts das vergleichsweise harte Urteil gegen den 19-Jährigen. "Diese Entscheidung ist kein Einzelfall. In diesem konkreten Fall war es erforderlich eine härtere Strafe zu verhängen." Die Sozialprognose des Verurteilten sei schlecht gewesen. Zum Beispiel habe er keinen festen Wohnsitz.

Kritik am Urteil

Der Düsseldorfer Anwalt Udo Vetter übt indes harsche Kritik an dem Urteil. "Wenn ein Täter Gewalt anwendet, sieht das Gesetz Strafschärfungen vor", erklärt der Anwalt. "Dennoch ist es ein extrem hartes Urteil für jemanden, der bis dahin nicht vorbestraft war. Sechs Monate sind, wenn es bei der Tat nicht zu Verletzungen gekommen ist, schon eine Ansage."

Vetter hält die schlechte Sozialprognose des 19-Jährigen für eine wenig tragfähige Urteilsbegründung. "Eine Woche Arrest wäre angemessen gewesen", sagt der Düsseldorfer Anwalt. "Es ist kein gesetzeswidriges Urteil, aber die sonst üblichen Eskalationsstufen sind völlig außer Acht gelassen worden. Dass es eine Strafe ohne Bewährung für einen Jugendlichen gibt, kenne ich sonst nur, wenn es um Mord oder Totschlag geht."

Wer Gewalt anwendet, ist nicht nur Dieb, sondern auch Räuber

Der Leverkusener Anwalt Martin Huff hält das Urteil für angemessen. "Das Urteil ist deutlich, aber im Rahmen des Gesetzes", sagt Huff. Der entscheidene Punkt sei, dass es sich bei der Tat nicht um einen reinen Diebstahl gehandelt hat. "Entscheidendes Element ist der Raub."

Räuberischer Diebstahl ist im Strafgesetzbuch (§ 252) wie folgt definitert:

"Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen."

Das Kölner Amtsgericht sah diesen Tatbestand als erfüllt an, weil es an der Kasse zu einer Rangelei kam. Erwachsenen Tätern droht dafür nach dem Strafgesetzbuch mindestens ein Jahr Haft. Das Jugendstrafrecht sieht eine mildere Strafe vor. Dennoch sei das Urteil an der oberen Grenze dessen, was möglich ist, sagt Martin Huff.

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