Parteitag in Köln Sticheln als Programm — AfD will Spitzenteam wählen

Nach der Klatsche für ihre Vorsitzende Frauke Petry hat die AfD an diesem Sonntag bei ihrem Parteitag in Köln ein Wahlprogramm gegen Zuwanderung beschlossen. In jedem Detail wird deutlich: Die Zerstrittenheit gehört quasi zur DNA der Partei.

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Tag 2 des Bundesparteitages der AfD in Köln

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Sie folgen ihr wirklich nicht mehr. Sie glaube, dass die Partei aufwachen werde, hatte AfD-Chefin Frauke Petry am Ende des für sie verheerenden ersten Tages am Samstag Abend vor Fernsehkameras zu Protokoll gegeben. Doch am Sonntagvormittag ist die Partei noch nicht aufgewacht. Zum verabredeten Start in den zweiten Tag ist der Saal erst halb gefüllt. Es dauert noch, bis es mit dieser "Alternative" für Deutschland los geht. Pünktlichkeit gehört jedenfalls nicht dazu.

Keine lange Nacht mit trinken, tanzen, schwofen

Dabei gibt es nicht die bei den anderen Parteien beliebte Entschuldigung für die Verspätung. Dass es halt beim Parteiabend lang geworden sei. Es ist typisch für diese "Alternative", dass sie ihr Gemeinschaftsgefühl auf Parteitagen zwar in den Reden vollmundig beschwört. Danach aber stets auseinander strebt. Keine lange Nacht mit trinken, tanzen, schwofen. Die AfD-Flügel kommen personell nicht zueinander. Und zusammen feiern können sie schon gar nicht.

Sie stänkern lieber. Da stichelt Petry vor den Kameras, die nächsten Monate würden zeigen, dass man im Wahlkampf mehr zeigen müsse als eine Parteitagsrede. Damit spielt sie auf die krachende Niederlage an, die ihr die Partei mit der Nichtbefassung ihrer Anträge und anschließend mit dem Jubel für ihren Ko-Vorsitzenden Jörg Meuthen und dessen verbaler Vernichtung des Petry-Kurses zugemutet hat. Gleichzeitig spottet Meuthen vor Journalisten filigran über Petry: "Diese Frau hat viele Gaben, und wenn sie die in ein Team einbringen würde, hätten wir viele Probleme nicht."

Bei den verhassten, von ihr so genannten "Alt-Parteien" würde bei solchen Sätzen die Hütte brennen. Bei der AfD gehört die Zerstrittenheit zur DNA. Z statt A. Zerwürfnis für Deutschland. So geht es hurtig mit einem heftig ausgetragenen Streit ("Unverschämtheit") über die Tagesordnung weiter, mit der sich die Delegierten am Vortag schon zweieinhalb Stunden befasst hatten. Mit der Formalie wurde bereits ein beinharter Machtkampf ausgefochten: Einen, den Petry auf ganzer Linie verlor. Keine Entscheidung über die Grundausrichtung der Partei, keine neuerliche Distanzierung von rassistischen, antisemitischen, völkischen und nationalistischen Ideologien. Aber auch keinen Verzicht auf die Wahl eines Spitzenteams, wodurch am Ende sie als Vorsitzende automatisch das Gesicht des Wahlkampfes gewesen wäre.

Gauland gilt als gesetzt

Diese Gesichter will die Partei an diesem Sonntag wählen. Vize-Chef Alexander Gauland, der seine Hände schützend über den umstrittenen Björn Höcke hält, gilt als gesetzt. An seine Seite sollen die Baden-Württembergerin Alice Weidel und die Berliner Beatrix von Sturm die Partei repräsentieren. Damit dürften Weidel und von Storch den Streit zwischen Petry und Meuthen fortsetzen. Eine dreiviertel Stunde nach dem beschlossenen Beginn der Sonntags-Beratungen muss sich die Partei erst darauf verständigen, wann sie das Spitzenteam wählt.

Programm gegen Zuwanderung verabschiedet

Später. Erst geht es ums Programm. Gegen Mittag hat die Partei ein vor allem gegen Zuwanderung gerichtetes Wahlprogramm verabschiedet. Die rechtspopulistische Partei will eine "ungeregelte Massenimmigration in unser Land und in unsere Sozialsysteme" beenden. Integration sei Bringschuld der Migranten - diese müssten sich "anpassen", betont die AfD in ihrem am Sonntag nach kontroversen Debatten beschlossenen Programm. Eine Stabilisierung der Sozialsysteme sei nur möglich, wenn "unsere begrenzten Mittel" nicht in "unverantwortliche Zuwanderungspolitik" gesteckt würden.

Deutschland sollte den Euro-Raum nach AfD-Auffassung verlassen. Für die Wiedereinführung einer neuen nationalen Währung - der D-Mark - müssten rechtzeitig Vorkehrungen getroffen werden. Viel Raum nahm bei den Delegierten auch die Familienpolitik ein: Die Partei hält Maßnahmen zur Erhöhung der Geburtenzahl für erforderlich und will Familien stärker fördern.

Die AfD ist dagegen, dass Steuern und Abgaben "beliebig" erhöht werden können und fordert eine Umsatzsteuersenkung um sieben Punkte. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I solle abhängig gemacht werden von der Dauer der Erwerbstätigkeit zuvor. Wer als Rentner arbeiten wolle, müsse das künftig ohne Abstriche bei den Rentenbezüge tun können.

(may-)
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