Prozess in Köln Brüder belieferten Wirte mit Kölsch, das keins war

Zwei Brüder sollen in Köln über Jahre minderwertiges Bier als Marken-Kölsch verkauft haben. Vor dem Amtsgericht, wo sie sich wegen gewerbsmäßiger Kennzeichenverletzung verantworten müssen, gaben sie sich äußerst wortkarg.

 Die angeklagten Brüder zwischen ihren Verteidigern.

Die angeklagten Brüder zwischen ihren Verteidigern.

Foto: Hauser

544 Bier-Fässer haben Ermittler Ende Juni 2015 auf dem Gelände eines kleinen Getränkehandels im Kölner Stadtteil Niehl sichergestellt. "Das stand da sicher nicht, weil die Angeklagten mit Freunden eine kleine Party feiern wollten", merkte ein Nebenklage-Anwalt, Vertreter der Gaffel-Brauerei, im Prozess am Dienstag an. Die Fässer standen laut Anklage vielmehr zum Verkauf bereit — etikettiert als Kölsch der Marken Gilden Reissdorf oder Sion.

In den 30-und 50-Liter-Fässern war aber kein Kölsch, sondern die Hausmarke des Getränkehandels namens "Bachsteiner", das die Brüder, 36 und 44 Jahre alt, von einer Brauerei im Sauerland bezogen haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten über einen Zeitraum von fünf Jahren Fässer zu der Brauerei gebracht haben, die dort mit der Eigenmarke befüllt wurden. Die Kölsch-Etiketten der Originalfässer überklebten sie, hinterher machten sie die schwarzen Klebestreifen wieder ab — und belieferten Kölner Wirte mit dem Bier. Das Haltbarkeitsdatum sollen sie ebenfalls gefälscht haben. Mindestens 1000 Hektoliter pro Jahr kauften sie nach Angaben der Brauerei im Sauerland, für einen Liter "Bachsteiner" bezahlten die Brüder 54 Cent. Sie verkauften das als Kölsch etikettierte Bier dann für 1,35 Euro pro Liter als Gilden-Kölsch weiter, für 1,55 Euro als Gaffel, einen Literpreis von 1,63 Euro verlangten sie von den Wirten, wenn die Reissdorf wollten. 24.000 Liter Bier wurden auf dem Gelände der Händler in falsch ausgezeichneten Fässern sichergestellt.

"Die Vorwürfe sind zutreffend", räumt der 36-Jährige ein, lässt aber seinen Anwalt für sich sprechen. Genau wie sein Bruder. Dessen Verteidigerin sagt im sperrigsten Juristendeutsch: "Den Vorwürfen der Anklage werde ich nicht entgegentreten." Der Getränkehandel der deutsch-türkischen Brüder ist inzwischen pleite, der jüngere hat einen Mini-Job, der ältere lebt von Hartz IV.

Die Kölsch-Brauereien treten als Nebenkläger im Verfahren auf. Die Anwälte bezeichneten die Geständnisse als "rein formal" und forderten die Angeklagten auf, "reinen Tisch zu machen": Wie lief der Betrug genau ab? Waren möglicherweise noch andere verstrickt? "Wir glauben, das ein ganzes System dahintersteckt", sagte einer der Anwälte. Beide Angeklagten lassen aber keine Nachfragen zu. Auch die Anmerkung der Nebenkläger, dass sie noch nicht einmal eine Entschuldigung formuliert hätten und schon gar keine Idee zur Schadenswiedergutmachung, kommentierten die Angeklagten nicht.

Nach einem Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit verkündete der Amtsrichter, dass weiterer Aufklärungsbedarf bestehe, vor allem "hinsichtlich des Umfangs der Gewerbsmäßigkeit". Die Frage sei, ob die Angeklagten fünf oder 500.000 Euro Umsatz mit ihren Kölsch-Fässern gemacht haben — was auch für das Strafmaß relevant ist. Es soll nun erneut ermittelt werden, der Prozess wurde deshalb auf unbestimmte Zeit vertagt.

(hsr)
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