Debatte "Kölner Karnevalswagen in Düsseldorf zeigen"

Düsseldorf/Berlin · Die NRW-Grünen wollen den vom Kölner Festkomitee gestrichenen "Charlie Hebdo-Wagen" am Rosenmontag stattdessen in der Landeshauptstadt fahren lassen. Dort winkt man jedoch ab.

So enttäuscht sind die Leser über die "Charlie-Hebdo"-Absage
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Foto: Montage: RP

Der Beschluss des Kölner Festkomitees, den Karnevalswagen zum Anschlag auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" nicht zu zeigen, hat teils scharfe Kritik ausgelöst: "Ich halte die Entscheidung zwar für nachvollziehbar, aber hochproblematisch", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU). Der Kölner Karneval bestätige jene Kritiker, die bemängelten, dass man sich zwar mit Repräsentanten der christlichen Kirchen gefahrlos anlegen könne, es aber lebensgefährlich werde, wenn es um den Islam gehe. "Ich kann aber auch verstehen, dass das Komitee in Köln Karneval feiern und nicht zur Zielscheibe werden will", sagte Bosbach. Es gehe auch darum, die Besucher des Rosenmontagszugs nicht zu gefährden.

Schärfer fiel die Kritik der Grünen aus. Er könne die Entscheidung nicht nachvollziehen, sagte der Kölner Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte unserer Zeitung, sie finde es "sehr schade, dass es keinen solidarischen Wagen mit 'Charlie Hebdo' geben soll". Dies wäre ein "starkes Zeichen" gewesen. Deshalb wünsche sie sich, dass die Veranstalter ihre Entscheidung noch einmal überdenken. Meinungs- und Pressefreiheit machten die Demokratie aus. "Wenn wir unsere Freiheit selbst einschränken, betreiben wir das Geschäft der Feinde unserer Demokratie."

Motiv beim Rosenmontagszug: So haben die Facebook-Nutzer abgestimmt
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Foto: Screenshot/ Kölner Karneval

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: "Aus Angst auf Meinungsfreiheit verzichten, ist genau falsche Reaktion auf Terror." Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger äußerte sich kritisch. "Das muss das Festkomitee selbst wissen. Es ist auch Teil der Meinungsfreiheit, etwas nicht zu tun", sagte der SPD-Politiker, fügte aber hinzu: "Wir dürfen jetzt nicht in Angst und Furcht erstarren. Klar muss sein, dass Meinungsfreiheit in Deutschland auch im Karneval möglich ist."

Zahlreiche Teilnehmer hatten am Rosenmontagszug unter Hinweis auf die möglicherweise gefährdete Sicherheit Druck auf das Kölner Festkomitee ausgeübt, das schließlich mit der Absage an den "Charlie Hebdo"-Wagen (siehe Info-Kasten) reagierte.

Die Anregung von Grünen-Landeschefin Mona Neubaur, diesem Wagen auf dem Düsseldorfer Rosenmontagszug sozusagen Asyl zu gewähren, bezeichnete Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) zwar als "originelle Idee". Allerdings passe der ausrangierte Kölner Wagen nicht in den Rosenmontagszug der Landeshauptstadt. Geisel kann sich nicht vorstellen, dass der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly sich in der Auswahl seiner Motive so beeinflussen lässt, wie das jetzt in Köln geschehen ist. "Und das ist auch richtig so", betonte Geisel, "denn das Schlimmste ist die Schere im Kopf." Auch der Grünen-Landtagspolitiker Arndt Klocke sagte: "Als Kölner muss ich leider feststellen: Beim Mut zu politischen Themen im Zug hat der Düsseldorfer Karneval klar die Nase vorn."

Tilly selbst sagte, er bedauere die Kölner Entscheidung. "Ich finde das schade, aber sie werden schon einen guten Grund gehabt haben, den Wagen zurückzuziehen." Die Sicherheitsbedenken müssten ernst genommen werden. Das Aus für den Kölner Wagen spiele bei seinen Überlegungen für die Mottowagen des Düsseldorfer Rosenmontagszugs keine Rolle: "Wir haben noch nie darauf geschaut, was die anderen machen. Wir entscheiden über unsere Motive erst kurzfristig."

Joachim Stamp, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender im Landtag, sagte: "Wir müssen unsere Freiheit entschlossen verteidigen. Die Narrenfreiheit der kritischen, überzeichneten Auseinandersetzung mit der Gesellschaft im Karneval gehört zweifelsfrei dazu." Ähnlich äußerte sich der Kölner CDU-Abgeordnete Christian Möbius: "Satire, auch bissige, gehört zum Karneval dazu. Von daher finde ich die Entscheidung schade, aber auch nachvollziehbar. Wenn Eltern mit ihren Kindern mit Angst im Bauch zum Zug gehen, widerspricht das der Grundidee von Karneval", sagte Möbius.

(RP)
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