Kunst Ein Denkmal für Käthe Kollwitz

Köln · Eine Sonderschau im Käthe-Kollwitz-Museum setzt das Werk von Gustav Seitz in einen Dialog mit den Selbstbildnissen und Porträts der Künstlerin.

 Gustav Seitz in seinem Atelier an der Berliner Akademie der Künste.

Gustav Seitz in seinem Atelier an der Berliner Akademie der Künste.

Foto: Gustav-Seitz-Stiftung

Es ist ein spezielles Denkmal, das im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg an die vor 150 Jahren geborene Künstlerin Käthe Kollwitz erinnert. Mitten im ist es ein Kunstwerk, das Mitten im Leben steht. Kinder klettern an der 2,10 Meter großen Statue von Gustav Seitz hoch, Familien treffen sich gerne zum Picknick am Fuße des Denkmals. Im Zuge des "Brötchen-Streits" vom damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, bewarfen erboste Schwaben die Figur mit Spätzle, andere Bewohner machten mit einer Krone aus Kollwitz die Königin des Stadtteils.

Zum 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz lenkt das Käthe-Kollwitz-Museum am Neumarkt die Aufmerksamkeit auf das bedeutendste Ehrenmal für seine Künstlerin: Das Kollwitz-Denkmal von Gustav Seitz, 1961 auf dem Berliner Kollwitz-Platz aufgestellt. Begleitet von Porträts und Selbstporträts der wichtigsten deutschen Künstlerin des 20. Jahrhunderts lädt das Museum dazu ein, die Entwicklung des Denkmals anhand von Zeichnungen, Modellen und Werkstatt-Fotografien nachzuvollziehen.

Das überlebensgroße Abbild zeigt Kollwitz als alte, sinnende Frau, sitzend, mit einer großen Zeichenmappe an ihrer Seite und einem Kohlestift in der in ihrem Schoß ruhenden Hand. Seitz entwickelte die Plastik von 1956 bis 1960, nach dem letzten lithographischen Selbstbildnis von Käthe Kollwitz aus dem Jahr 1938. Indem der Bildhauer die Künstlerin zitiert, bringt er den von ihr selbst vorgegebenen Typus zu einer neuen, einzigartigen Prägung. Seitz erschafft ein Bildnis ganz im Sinne der Porträtierten: ein Denkmal, das nach Allgemeingültigkeit strebt und auf offizielle Repräsentationsformen verzichtet - ohne Anspruch auf Romantisierung und Idealisierung.

Sein Denkmal gehört zweifellos zu den wichtigen Bildhauerwerken jener Jahre, ist Höhepunkt und Zäsur auch im Lebenswerk von Seitz. Als Student hatte er die Professorin Käthe Kollwitz noch selbst erlebt - für sein Kunstverständnis sowie für die Frage nach dem Menschenbild in seiner Zeit ist sie als Person und als Künstlerin der Moderne von großer Bedeutung.

Die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Gustav Seitz Stiftung in Hamburg dokumentiert die spannende Entwicklung der Bildfindung: von ersten Skizzen über technische Zeichnungen und Gipsmodelle bis hin zu unterschiedlichen, in Bronze gegossenen Versionen. Historische Fotografien aus dem Atelier des Künstlers geben zusätzliche Einblicke in sein Schaffen. Begleitend zur Sonderausstellung stehen zum 150. Geburtstag der Künstlerin am 8. Juli noch einmal die Porträts und Selbstporträts der Kollwitz im Zentrum der Sammlungspräsentation - vom frühesten Selbstbildnis in Feder und Tusche bis hin zu jener letzten Lithographie, die Seitz als Vorbild für sein Denkmal diente.

Die mehr als 60 Werke aus der Kölner Kollwitz Sammlung sind eindrucksvolle Zeugnisse einer permanenten und intensiven Selbstbefragung. Getreu ihres Prinzips "Ich will wahr sein, echt und ungefärbt" entwickelt Kollwitz ihr Porträt in autonomen und verkappten Selbstbildnissen zu einem unverkennbaren Typus, selbstkritisch und in ungeschönten Zügen.

Stephan Eppinger

(RP)
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