Kundgebung in Köln Streit um Live-Schalte - Veranstalter wendet sich an Bundesverfassungsgericht

Münster/Köln · Bis zu 30.000 Erdogan-Demonstranten, dazu ein Marsch von Rechten durch die Innenstadt - es wird kein ganz ruhiger Sonntag in Köln für die 2700 Beamten. Ob es zu einer Live-Schalte zu Präsident Erdogan kommt, ist noch unklar. Der Anmelder der Kundgebung hat das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet.

 Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies (r.) und Einsatzleiter Klaus Rüschenschmidt bei der Pressekonferenz zur Pro-Erdogan-Demonstration.

Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies (r.) und Einsatzleiter Klaus Rüschenschmidt bei der Pressekonferenz zur Pro-Erdogan-Demonstration.

Foto: dpa, obe bsc

In angespannter Atmosphäre erwartet Köln eine für Sonntagnachmittag angekündigte Pro-Erdogan-Demonstration mit bis zu 30.000 Teilnehmern. "Mich haben unzählige Briefe, Emails und Anrufe von besorgten Bürgerinnen und Bürgern erreicht", teilte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) mit. Sie nehme die Sorgen sehr ernst. Die Polizei ist nach eigenen Angaben auf gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereitet.

Ein zeitgleich geplanter Demonstrationszug von Rechten quer durch die Innenstadt darf dagegen endgültig stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine Beschwerde der Kölner Polizei dagegen zurück, wie ein Sprecher des Gerichts am Samstag bestätigte. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die rechtsextremistische Splitterpartei Pro NRW. Die Polizei befürchtet Ausschreitungen, doch die Richter sehen dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Eine erste Gegendemo in der Kölner Innenstadt mit etwa 150 Teilnehmern verlief am Samstag friedlich. Redner verurteilten sowohl den Militärputsch als auch Erdogan, der den Umsturzversuch für "antidemokratische Maßnahmen" missbrauche.

Das Oberverwaltungsgericht verwarf auch eine Beschwerde des Anmelders der Pro-Erdogan-Demonstration. Sie richtete sich gegen das Verbot, Erdogan auf einer Großleinwand aus der Türkei zuzuschalten. Am Samstag hat der Anmelder nun das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet. Dabei geht es offenbar darum, doch noch Politiker aus der Türkei per Video zuschalten zu können. Ein Sprecher des Karlsruher Gerichts bestätigte am Samstag, es sei ein Antrag in Bezug auf die am Sonntag in Köln geplante Versammlung eingegangen. Darüber hatte das ZDF zuerst berichtet. Ein Karlsruher Gerichtssprecher sagte, der Antrag betreffe eine Entscheidung des OVG in Münster. Es gehe um eine Videoleinwand. Die Eilsache sei in Bearbeitung. Zugrunde liege die Aussage, der Antragsteller fühle sich in seinen Grundrechten verletzt.

Türkischer Sportminister wird auftreten

Zumindest ein Mitglied der türkischen Regierung wird vor Ort auftreten. Der türkische Sportminister werde sprechen, sagte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies. Einen Auftritt des türkischen Außenministers habe er verhindern können. Die Polizeikräfte würden noch einmal aufgestockt: von 2300 auf nunmehr 2700. Er sei "zuversichtlich, dass Köln morgen einen friedlichen Tag erlebt", sagte Mathies mit Blick auf diese massive Präsenz.

Zudem hat Mathies den Vorwurf des türkischen Präsidenten zurückgewiesen, türkischstämmige Bürger würden in Deutschland in ihrem Demonstrationsrecht eingeschränkt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Erdogan hier auch nur ansatzweise recht hat", sagte Mathies am Samstag in Köln. Erdogan hatte am Freitagabend in Ankara kritisiert, den Türken in Deutschland und Österreich werde das Recht zu Protesten verwehrt.

Der Generalsekretär der mitorganisierenden Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), Bülent Bilgi, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Redner Vertreter fast aller türkischen Parteien seien, also auch der Oppositionsparteien. Mit Gewalt von Seiten der türkischen Teilnehmer sei nicht zu rechnen, die Veranstaltung diene der "Harmonie in der türkischen Community", sagte Bilgi. Der deutschen Öffentlichkeit werde ein ganz falsches Bild davon vermittelt. Es handele sich auch gar nicht um eine Pro-Erdogan-Demo, sondern es gehe um den vereitelten Militärputsch. Führende deutsche Politiker mahnen zur Mäßigung.

(dpa/afp/irz)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort