Facebook-Post von Kölner Vater Lebenslauf und Ehrenamt — was Eltern alles für einen Kita-Platz tun

Köln · Ein junger Vater lässt auf Facebook seinen Frust darüber aus, wie schwierig es ist, in Köln einen passenden Kita-Platz für seinen Sohn zu finden – und trifft damit einen Nerv. Sein Post wurde inzwischen mehr als 20.000 Mal geteilt.

 Kinderspielzeug im Sandkasten (Symbolbild)

Kinderspielzeug im Sandkasten (Symbolbild)

Foto: Monika Skolimowska

Ein junger Vater lässt auf Facebook seinen Frust darüber aus, wie schwierig es ist, in Köln einen passenden Kita-Platz für seinen Sohn zu finden — und trifft damit einen Nerv. Sein Post wurde inzwischen mehr als 20.000 Mal geteilt.

Markus Brandls Facebook-Post ist als Brief an seinen Sohn aufgesetzt. "Lieber Paul, gestern haben Mama und ich uns eine Kita für dich angesehen. Wir und ca. 15 weitere Elternpaare." Die Familie lebt in Köln. Und viele andere Eltern werden das Problem kennen, wie schwer die Suche nach einer Kinderbetreuung ist.

Doch Brandl hat offenbar nicht damit gerechnet, was Eltern alles in die Waagschale werfen, um der Kita-Leiterin besonders gut zu gefallen. "Sie prahlten mit ihren Gehältern, ihrer Flexibilität, versprachen, sich auch ehrenamtlich für die Kita zu engagieren", schreibt Brandl. Zuerst hatte die "WAZ" über den Fall berichtet. Zwei Paare hätten sogar einen Familienlebenslauf auf den Tisch gepackt, schreibt Brandl. "Familienlebenslauf! Herrje, ich wusste noch nicht mal, dass es so etwas gibt."

Die Stadt Köln garantiert jedem Kind unter drei Jahren einen Kita-oder Tagespflegeplatz. "Der liegt dann oft nur eben nicht schräg gegenüber des Wohnhauses — was verständlicherweise für die Eltern ärgerlich ist", sagt Sprecherin Nicole Trum. Doch die Geburtenzahlen steigen. 2007 kamen in Köln 9.358 Kinder auf die Welt, 2016 waren es schon 11.810. Im vergangenen Jahr brauchten 6.675 Kinder unter drei Jahren mehr einen Betreuungsplatz als noch vor neun Jahren.

Im Sommer veröffentlichte das Dezernat für Bildung, Jugend und Sport in Köln Zahlen, die zeigen, dass "die Realität die Bevölkerungsprognose eingeholt hat", wie es in der Veröffentlichung heißt. Demnach werden bis zum Jahr 2020 rund 3200 Kita-Plätze fehlen. Der Stadt fehlen auch die Grundstücke, neue Einrichtungen zu bauen, insgesamt rund 100.000 Quadratmeter werden benötigt. Es fehlen 50 neue Kitas.

Markus Brandls Post endet mit einem Appell für eine bessere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern — darin sieht er das Hauptproblem. "Wir bieten jungen, talentierten Menschen keine Anreize, diesen Beruf zu erlernen, bringen dieser Berufsgruppe viel zu geringe Wertschätzung entgegen. Dabei ist ihre Verantwortung so groß, ihr Wissen so wichtig."

Markus Brandl bekommt viel Zuspruch von Erzieherinnen. Eine schreibt: "Ich sage danke als Erzieherin, die es toll findet, solche Worte zu lesen." Eine Frau schreibt: "Anmeldung in der Schwangerschaft? Du wirst lachen, aber genau das machen manche tatsächlich."

Brandls Post wurde inzwischen mehr als 22.500 Mal geteilt.

Manche Kitas machen schon vor dem ersten Kontakt mit den Eltern klar, was für eine Anmeldung notwendig ist — und was nicht. Auf der Homepage einer Kita in Köln-Nippes heißt es: "In Zeiten des Nippeser Babybooms ist uns klar, dass die Suche nach einem geeigneten Kindergartenplatz einem Marathonlauf ähnelt, der irgendwie bei Kilometer 42 immer noch nicht aufhört." Würde man sich jede Woche zu einer Kita-Pokerrunde treffen, wäre "zumindest noch der Spaßfaktor auf dieser elendigen Suche vorhanden". Aber die Kita entscheide nach Alter des Kindes und dem Anmeldedatum, welches Kind einen Platz bekomme. Außerdem spiele eine Rolle, ob die Anzahl von Mädchen und Jungs in einer Gruppe ausgeglichen sei.

Man freue sich natürlich "über die Mitarbeit von Eltern", sei aber von Grund auf unbestechlich. "Also, liebe Eltern", heißt es, "Es können nur Kinder angemeldet werden, die bereits einen Atemzug gemacht haben und nicht erst irgendwann 2018 geboren werden."

Zum Abschluss schreibt die Kita-Leitung: "Jedes Ihrer Kinder ist gleich toll — egal ob es den ganzen Tag schreit, dichtet, Memory spielt oder die Wände mit Brei bemalt. Briefe, Fotos und erste kreative Eindrücke ihrer Kinder sind wirklich zuckersüß, aber werden Ihre Aufnahmechancen leider nicht erhöhen. Bedenken Sie: Ihr Kind hat noch etwas Zeit, sich zu bewerben."

(hsr)
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