Protest gegen hohe Mieten Fette Party in fremden vier Wänden

Köln · "Fette Miete? Fette Party!" – unter diesem Motto haben Wohnraum-Aktivisten eine öffentliche Wohnungsbesichtigung in Köln gesprengt. Mit solchen Aktionen wollen sie auf hohe Mieten aufmerksam machen.

"Fette Miete? Fette Party!": Protest gegen hohe Miete
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"Fette Miete? Fette Party!" — unter diesem Motto haben Wohnraum-Aktivisten eine öffentliche Wohnungsbesichtigung in Köln gesprengt. Mit solchen Aktionen wollen sie auf hohe Mieten aufmerksam machen.

Bilder von links-autonomen, vermummten jungen Leuten, die Häuser besetzen, sind seit Jahren nichts Ungewöhnliches mehr. Nicht in Hamburg, nicht in Berlin, auch nicht in Köln. Von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen werden solche Aktionen nur dann, wenn die Häuser mit Gewalt geräumt werden.

Auffälliger ist da schon eine Bewegung, die sich "Fette Mieten Party" nennt. In Paris entstanden, schwappt die Aktion nun auch nach Deutschland. Nachdem Aktivisten in Bremen und Hamburg Makler-Termine gesprengt hatten, haben jetzt auch in Köln etwa 20 Aktivisten, die sich gegen Mietwucher einsetzen, einen Makler-Termin in eine Protest-Party verwandelt.

"Wir wollen mit einer neuen, kreativen Form auf Mietwucher in Köln aufmerksam machen. Wir versuchen, das Thema umzudrehen. Wir finden die hohen Mieten ja eben gar nicht zum Feiern. Aber ich finde, Partyhüte, Masken und Musik sind auffälliger und effektiver als Sturmmasken. Jeder muss eben seine Form des Protestes finden", sagt einer der Aktivisten, die die "Fette Mieten Party" organisiert haben und der anonym bleiben möchte.

Diese "Spaß-Guerilla-Aktion" sei besonders attraktiv, weil sie spontan, lustig und zum Nachahmen geeignet sei. "Das ist in Deutschland sonst selten möglich", sagt der Aktivist. Die Teilnehmer kämen aus mehreren Bewegungen und Initiativen, die sich in Köln gegen Wohnungsräumungen, hohe Mieten und Wohnungsarmut einsetzen.

Die Ironie der Aktion ist offensichtlich, wenn man sich das Video anschaut, das von der "Party" im Videoportal YouTube zu finden ist. Mit bunten Perücken, Tiermasken und Hüten verkleidet und Partytröten ausgestattet, betreten die zumeist jungen Leute singend und tanzend die Wohnung Gleuler Straße 201 in Köln-Lindenthal.

"Lasst uns feiern!", ruft einer der Party-Gäste und setzt auch gleich zu einer ironischen Lobesrede über die renovierte 40-Quadratmeter-Wohnung an: "Leistung muss sich lohnen, darum lassen wir uns den Spaß hier nicht verderben! Auch nicht von den über 3500 Geflüchteten, nicht von den über 5000 Obdachlosen in Köln und auch nicht von den anderen über 270.00 Haushalten, deren Einkommen so gering ist, dass sie Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten."

Während sich die Maklerin zurückzieht und telefoniert, halten die tanzenden Aktivisten Schilder mit der Aufschrift "Klein aber teuer" hoch. Die renovierte und teilmöblierte Wohnung soll nach Auskunft von Immobilienportalen warm 980 Euro Miete im Monat kosten, kalt 860 Euro. Das ist ein Quadratmeter-Preis von 21,50 Euro. Nach Angaben einer Studie von Statista war München im vergangenen Jahr die teuerste Stadt bei Mietpreisen. Im Schnitt bezahlten Mieter dort 15,12 Euro pro Quadratmeter.

In Köln zahlen Mieter nach Angaben des Mietspiegels, der jährlich vom Verein Rheinische Immobilienbörse erhoben wird, für Wohnungen in dieser Größe und mittlerer Wohnlage, also in Wohngebieten ohne besondere Vor- und Nachteile - eine Durchschnittsmiete von 6,10 Euro bis 11,20 Euro. Die großen Unterschiede erklären sich aus Baujahr und Renovierungsstand der Immobilien. Der Marktbericht 2015 der Kreissparkasse Köln gibt etwas höhere Durchschnittsmieten an: Eine Wohnung bis 30 Quadratmeter koste im Schnitt 12,69 Euro pro Quadratmeter, ist sie neu gebaut worden, kostet sie 16,66 Euro.

Zu viel, finden die Aktivisten, denen die Wohnung an der Gleuler Straßen in Immobilienportalen eher zufällig negativ aufgefallen war. Die Aktivisten bezeichnen solche Preise als "Mietterror". Also entschieden sie sich spontan, den Besichtigungstermin für ihr Anliegen zu nutzen, sagen die Teilnehmer.

"Dass es kaum günstigen Wohnraum gibt, ist von Städten wie Hamburg, München oder auch Düsseldorf bekannt. In Köln ist das aber inzwischen auch ein riesiges Problem. Das wollen wir mit solchen Aktionen in die Öffentlichkeit bringen", sagt der Aktivist. Immer wieder gebe es in Köln Zwangsräumungen, weil Wohnungen renoviert und teurer vermietet werden sollen. "Meist laufen die so still ab, dass niemand etwas davon mitbekommt."

Alles andere als still ist dagegen die "Fette Mieten Party". Sektkorken knallen, Konfettikanonen werden gezündet und Tröten erklingen. Der Redner ruft: "Lasst uns feiern... Wohnraum für Reiche!" Dann verlassen die unerwünschten Besucher der öffentlichen Wohnungsbesichtigung die Wohnung. "Wichtig ist uns, dass es nicht einfach eine Party ist, sondern dass wir unsere politische Botschaft damit in die Öffentlichkeit tragen. Daher auch die Rede, die Plakate und das Video", sagt der Aktivist.

Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben die Teilnehmer nicht. "Wir haben nichts kaputt gemacht und da der Termin im Internet als öffentlich ausgeschrieben war, trifft der Vorwurf des Hausfriedensbruchs nicht zu", meint einer der Aktivisten. Dennoch liegt bei der Polizei Köln wegen der Aktion eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gegen Unbekannt vor, teilte die Polizei unserer Redaktion mit.

Anwältin Leonora Holling hält die Aktion für einen juristischen Grenzfall. Eigentlich würden die Besucher zu so einem Termin nur mit der Maßgabe hereingelassen, dass sie ein Interesse an der Wohnung haben — und nicht für Proteste. Es gebe die Ansicht, dass automatisch Hausfriedensbruch vorliegt, wenn eine befriedete Wohnung in nicht friedlicher Absicht betreten werde. Eine andere Gruppe setze zur Erfüllung des Tatbestands Hausfriedensbruch voraus, dass die Gruppe zuvor aufgefordert worden sei, die Wohnung zu verlassen und dass ihnen jemand Hausverbot erteilt hätte, sagt die Anwältin, die in diesem Fall selbst zur zweiten, eher konservativen Variante tendiert.

Wann und ob es eine Wiederholung der "Fette Mieten Party" in Köln geben wird, ist nicht klar. "Das soll ja eben spontan und überraschend sein", sagt der Aktivist. "Außerdem dürfen andere die Aktion gerne nachahmen."

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